© Die PTA in der Apotheke
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Seltene Erkrankungen A bis Z

EPIDERMOLYSIS BULLOSA

Schon leichte Berührungen führen zur Bildung von Blasen an der Haut. Als Symbol für ihre Verletzlichkeit verwenden Patientenorganisationen weltweit den zarten Schmetterling.

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Unsere Haut besteht aus mehreren Schichten - außen befindet sich die Epidermis, darunter die Dermis, zwischen beiden liegt die Basalmembran. Normalerweise sind alle fest miteinander verbunden. Dafür ist ein komplexes Geflecht von Proteinen verantwortlich, bestehend aus verschiedenen Formen des Keratins, des Kollagens, des Laminins und noch vielen mehr.

Sie alle haben ganz bestimmte Funktionen in dem Netzwerk und sorgen dafür, dass die basalen Keratinozyten der Epidermis fest an der Basalmembran verankert sind und diese wiederum an der darunter liegenden Dermis.

Bei Patienten mit Epidermolysis bullosa aber sind durch vererbte Genmutationen einzelne Komponenten dieses Strukturproteinnetzwerkes gestört oder fehlen. Schon geringe Belastungen der Haut, wie etwa ein Händedruck führen dann zur Bildung eines Spaltes zwischen den Schichten. Sofort dringt Flüssigkeit oder Blut ein – eine Blase entsteht. Epidermolysis bullosa bedeutet wörtlich: blasenbildende Ablösung der Epidermis.

Verschiedene Formen Basierend auf der Ebene, in der der Spalt entsteht, unterscheidet man drei Formen der Epidermolysis bullosa : Bei der häufigsten Form, der EB simplex, bildet sich der Spalt innerhalb den basalen Keratinozyten. Die junktionale EB zeichnet sich durch eine Spaltbildung entlang der Basalmembran aus. Bei der dystrophen EB schließlich entsteht der Spalt unterhalb der Basalmembran.

Zuletzt wird noch das Kindler-Syndrom der EB-Gruppe zugerechnet. Insgesamt geht man von einer Häufigkeit von 1 pro 50 000 bis 1 pro 100 000 Geburten aus. Heute kennt man eine Vielzahl von Mutationen in verschiedenen Genen, die zu den einzelnen Formen der EB führen. Betroffen sind die Gene der Strukturproteine.

Diagnose Bei manchen Formen tritt die Blasenbildung direkt mit der Geburt auf, bei anderen erst später. Für die Diagnostik werden neben der körperlichen Untersuchung Hautbiopsien vom Rand einer Blase verwendet: Diese werden mit Fluoreszenz-markierten Antikörpern gegen die verschiedenen Strukturproteine gefärbt. Das Verteilungsmuster der einzelnen Proteine diesseits und jenseits des Spalts gibt Aufschluss über die genaue Lokalisation des Spalts und somit über die Form der Erkrankung. Zusätzlich wird anhand einer Blutprobe eine genetische Mutationsanalyse durchgeführt.

»Bei besonders schweren Formen ist die Lebenserwartung deutlich verringert.«

Der Verlauf kann je nach Form der Erkrankung und auch zwischen Individuen stark variieren. So verläuft die EB simplex oftmals mild, die Blasenbildung kann lokalisiert (Hände und Füße) oder auch generalisiert sein, eher selten kann eine leichte bis mäßige Beteiligung der Schleimhäute vorliegen. Die Blasen heilen ohne Narbenbildung ab.

Am anderen Ende der Skala stehen schwere Verläufe, die bei einzelnen Formen der junktionalen oder der dystrophen EB auftreten können: hier heilen die Blasen unter Narbenbildung und zum Teil mit Hautatrophien ab. Aufgrund starker Verwachsungen sind Muskelkontraktionen möglich, Finger und Zehen können zusammen wachsen. Möglicherweise lösen sich die Nägel ab, es besteht ein erhöhtes Risiko für Plattenzellkarzinome.

Bereits bei Säuglingen entsteht durch das Saugen beim Trinken eine mechanische Belastung der Schleimhäute und es kommt zur Vernarbung des Wangenschleimhaut, der Lippen und der Zunge. In der Speiseröhre und am Kehlkopf können Verengungen auftreten. Je nach Form und Schwere des Verlaufs können erhebliche Schwierigkeiten bei alltäglichen Dingen wie der Nahrungsaufnahme, dem Gehen und Greifen die Folge sein. Die geistige Entwicklung von Kindern mit EB verläuft normal.

Hoffnung Prinzipiell gilt es, die Haut zu schützen und die Bildung von Blasen so weit wie möglich zu vermeiden. Doch gerade bei Kindern, die spielen und sich bewegen wollen, ist dies nicht immer möglich. Treten trotzdem Blasen auf, so werden diese punktiert oder eingeschnitten und dann verbunden, wobei beim regelmäßigen Verbandswechsel eine gute Schmerzeinstellung gewährleistet sein sollte. Die Mund- und Zahnpflege ist wegen der Blasenbildung der Schleimhäute häufig schwierig, aber trotzdem außerordentlich wichtig. Wenn neben der Haut auch andere Organe betroffen sind, ist eine interdisziplinäre Betreuung notwendig.

In den vergangenen Jahren konnten bei der Suche nach neuen Therapieformen vielversprechende wissenschaftliche Fortschritte erzielt werden. Dazu gehören die Gentherapie, die Zelltherapie und auch die Proteintherapie. Es besteht Optimismus, dass hieraus in absehbarer Zukunft wirksame Therapien für einzelne Formen der EB entwickelt werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/13 ab Seite 90.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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