Älterer Mann sitzt traurig und allein an einem großen Holztisch
Andauernde Einsamkeit ist nicht gut für unsere mentale und physische Gesundheit. Forscher sind jetzt den neurobiologischen Ursachen auf der Spur. © DGLimages / iStock / Getty Images Plus

Neurologische Studie | Soziale Isolation

EINSAMKEIT MACHT AUCH MÄUSE KRANK

Wenn wir einsam sind, geht es uns auf die Dauer nicht gut. Was soziale Isolation in unserem Gehirn anrichtet, das haben Wissenschaftler nun erstmals an Mäusen untersucht.

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Arme Nagetiere: Für sie ist Einsamkeit ein ebenso großer Stressfaktor wie für uns. Haben sie über einen längeren Zeitraum keinen Kontakt zu Artgenossen, werden sie aggressiv und ängstlich zugleich. So reagieren sie zum Beispiel überempfindlich auf bedrohliche Reize und verharren selbst dann noch wie erstarrt, wenn die Gefahr längst vorüber ist.

Doch wie kommt das? Die Forscher fanden heraus, dass gleich in mehreren Regionen des Mäusegehirns ein Gen namens Tac2 überaktiv agierte. Dies führte wiederum dazu, dass ein von diesem Gen kodierter Botenstoff in großen Mengen ausgeschüttet wurde: das Neuropeptid Neurokinin B aus der Gruppe der Tachykinine. Diese Substanz wird vor allem in der Amygdala und dem Hypothalamus produziert; Regionen, die für das emotionale und soziale Verhalten wichtig sind. Wie die Forscher berichteten, löste Tac2 unterschiedliche Reaktionen aus: Sie schienen in der Amygdala das Angstverhalten zu fördern, im Hypothalamus hingegen Aggression. Damit es zu den bekannten Folgen sozialer Isolation kommt, muss die Genexpression von Tac2 demnach in mehreren Hirnregionen hochreguliert sein.

Das eröffnet neue Therapiemöglichkeiten, um bestimmte psychische Störungen zu behandeln. Denn die Effekte sozialer Isolation lassen sich bei Mäusen durch künstliche Hochregulierung nachahmen. Umgekehrt ging das genauso: Mäuse, die eigentlich einsam vor sich hin vegetierten, wurde mithilfe des Wirkstoffes Osanetant ein geselliges Leben vorgegaukelt. Es blockierte nämlich die Neurokinin-B-Rezeptoren im Gehirn und verhinderte somit die typischen Verhaltensstörungen.

Der Wissenschaftler David Anderson sieht Anwendungsmöglichkeiten der Studienergebnisse beispielsweise bei Menschen in Isolationshaft oder auch bei jenen, die Probleme haben, einen Trauerfall zu verarbeiten. „Dass sich diese Funktion des Tac2-Gens sowohl bei Fliegen als auch bei Mäusen zeigt, legt zumindest die Vermutung nahe, dass es beim Menschen eine ähnliche Rolle spielen könnte“, sagte er. Tatsächlich verfügt der Mensch über ein ähnliches Signalsystem im Gehirn, allerdings heißt das bewusste Gen bei uns Tac3. Es ist ebenfalls für den Botenstoff Neurokinin B zuständig.

Alexandra Regner,                                                                                                              PTA/Redaktion

Quelle: wissenschaft.de

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