Hellbraune Buchstaben auf braunem Untergrund.
Manche von Legasthenie Betroffene können einzelne Buchstaben beim Lesen nicht zu einem Wort zusammenfügen. © Prostock-Studio / iStock / Getty Images Plus

Legasthenie | Teilleistungsstörung

EIN NEUES PUZZLESTÜCK

Bei der Entstehung einer Lese- und Rechtschreibstörung spielen genetische Einflüsse eine Rolle. Nun wurde ein weiteres Gen identifiziert, das in diesen Prozess involviert ist.

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Allein in Deutschland sind rund 3,5 Millionen Menschen von der Legasthenie betroffen und oft wird sie, obwohl es eine der häufigsten Teilleistungsstörungen ist, nicht als solche erkannt. Ein Grund dafür ist, dass eine Legasthenie sich bei den Betroffenen unterschiedlich äußert. Während die einen Probleme mit der Rechtschreibung haben, tun sich andere beim Lesen schwer.

Das Handikap führt bei Kindern häufig dazu, dass sie ausgegrenzt werden oder sich so fühlen. Dabei liegt bei Legasthenikern die gleiche Normalverteilung der Intelligenz vor wie bei den anderen Schulkindern auch. Außerdem „haben molekulargenetische Untersuchungen schon längst gezeigt, dass genetische Einflüsse zweifellos eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Legasthenie spielen“, sagt Professor Tiemo Grimm, Humangenetiker am Institut für Humangenetik im Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Ist ein Kind in der Familie von einer Legasthenie betroffen, so sind in gut 40 Prozent der Fälle auch Geschwister oder ein Elternteil betroffen – oder beide.

Bisher sind schon über 20 verschiedene Gene beziehungsweise Genorte bekannt, die eine Rolle bei der Entstehung einer Legasthenie spielen. Diese Liste wurde nun verlängert: In einer gut dokumentierten Familie, in der über vier Generationen hinweg Legasthenie auftritt, habe man einen neuen Genort auf Chromosom 4q28 nachgewiesen. „Bei den Betroffenen in dieser Familie wurde eine spezifische Nukleotidvariante in einer Sequenz des SPRY1-Gens gefunden, einem Gen, welches im Gehirn exprimiert wird“, sagt Grimm. Diese Sequenzveränderung könnte die Expression des SPRY1-Genproduktes beeinflussen.

Die neue Entdeckung ist laut Grimm ein neues Puzzlestück für das Gesamtbild der Vorgänge im Gehirn. „Die Legasthenie entsteht in engem Zusammenhang mit der biologischen Reifung des zentralen Nervensystems, wobei Besonderheiten der auditiven und der visuellen Informationsverarbeitung sowie wahrscheinlich auch der zeitlichen Vorgänge im zentralen Nervensystem eine Rolle spielen“, so der Humangenetiker.

Eine direkte Konsequenz oder gar eine Therapie der Lese- und Rechtschreibschwäche ergibt sich aus diesem Forschungsergebnis allerdings nicht.

Sabrina Peeters,
Redaktionsvolontärin

Quelle: idw-online.de

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