© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Drei Pflanzen

DREI SCHLEIMLÖSER

Die drei Heilpflanzen – Süßholz, Kapland-Pelargonie und Schlüsselblume – zeichnen sich durch expektorierende Eigenschaften aus, die bei produktivem Husten geschätzt werden. Kennen Sie die Pflanzen?

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Die gute Wirkung ihrer Zubereitungen ist in der Regel nicht nur auf die schleimlösenden und auswurffördernden Eigenschaften zurückzuführen. Zudem verfügen sie meist noch über entzündungshemmende, krampflösende oder keimabtötende Komponenten.

Süße Wurzeln Süßholz (Glycyrrhiza glabra L.) ist eine traditionsreiche Heilpflanze, die im südlichen Europa und Kleinasien beheimatet ist. Die mehrjährige Staude aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) kann eine Höhe von bis zu zwei Metern (m) erreichen. Im Boden ist sie mit einer kräftigen, spindelförmigen Pfahlwurzel, die meterlange Ausläufer besitzt, tief verankert. Ihre dunkelgrünen, unpaarig gefiederten Laubblätter sind bis zu 20 Zentimeter (cm) lang und mit klebrigen Drüsenhaaren besetzt. Aus den Blattachseln entspringen lang gestielte, blasslila gefärbte Blütentrauben, aus denen sich später drei- bis viersamige, kahle oder stachelige Hülsenfrüchte entwickeln.

Arzneilich werden ausschließlich die getrockneten Wurzeln mit ihren unterirdischen Ausläufern (Liquiritiae radix) genutzt. Dafür wird die zitronengelb gefärbte Wurzel zerkleinert und mehrere Stunden lang zu einem schwarzen Sirup von zähflüssiger Konsistenz, dem Wurzelextrakt (Liquiritiae succus), der auch als echte Lakritze bekannt ist, eingekocht. Wie schon der deutsche Name verrät, schmeckt die Wurzel sehr süß, worauf auch der Gattungsname Glycyrrhiza (griech. glykys = süß und rhiza = Wurzel) Bezug nimmt. Begriffe wie Liquiritia und Lakritze sind lediglich Umwandlung des griechischen Namens. Der süße Geschmack ist auf das darin enthaltene Glycyrrhizin zurückzuführen, ein Triterpensaponin, das die 50-fache Süßkraft von Saccharose aufweist.

Glycyrrhizin ist auch maßgeblich für die schleimlösenden, auswurffördernden, entzündungshemmenden und krampflösenden Eigenschaften der Heilpflanze verantwortlich. Um ihre Heilkraft wussten schon die Chinesen vor circa 5000 Jahren, die Süßholz immer noch zu den Basiskräutern der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zählen. In mittelalterlichen Kräuterbüchern wurde Süßholz vor allem als Expektorans empfohlen, aber auch bei Magenbeschwerden. Diese Indikationen sind noch heute anerkannt. Die geschnittene Süßholzwurzel wird heute vor allem zur Teebereitung verwendet. Zudem finden sich Trockenextrakte in Instant-Tees und alkoholische Auszüge in Tropfen.

Südafrikanische WurzelnDie Wurzeln der Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) aus der Familie der Storchenschnabelgewächse (Geraniaceae) sind seit Jahrhunderten ein traditionelles afrikanisches Mittel gegen Husten. Darauf ist auch ihr gängiges Synonym Umckaloabo zurückzuführen, das auf die Zulu-​Sprache zurückgeht und sinngemäß „schwerer Husten“ bedeutet. Inzwischen haben die Wurzeln (Pelargonii radix) in Europa wissenschaftliche Anerkennung zur Linderung von Atemwegsbeschwerden gefunden. Das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur.) sieht daneben auch die Verwendung einer zweiten südafrikanischen Pelargonium-Art, Pelargonium reniforme Curt., vor.

In den Wurzeln finden sich zahlreiche Inhaltsstoffe, von denen Polyphenole, Gerbstoffe und Cumarine einen großen Anteil an der pharmakologischen Wirkung haben. Sie kommen bei uns aber nicht als Droge, sondern als ein Spezialextrakt aus der Wurzel zur Anwendung. Dabei handelt es sich um ein komplexes Vielstoffgemisch mit einem breiten Wirkspektrum, das bei akuter Bronchitis erfolgreich eingesetzt wird. Der Extrakt besitzt antivirale und indirekt antibakterielle Eigenschaften. Zusätzlich wird eine Steigerung der Zilienaktivität vermittelt, was den Transport von Schleim und Erregern aus den Atemwegen verstärkt. Die Kapland-Pelargonie ist ein kleiner Strauch, der Wuchshöhen von 20 bis 50 cm erreicht. Er ist in Südafrika heimisch, wo er in den küstennahen Regionen bis in Höhenlagen von 2000 m anzutreffen ist.

Der deutsche Name nimmt auf das natürliche Verbreitungsgebiet Bezug, das sich von Lesotho über das südwestliche Transvaal und des Orange Free State bis in den Nordosten des Kaplandes erstreckt. Die Pflanze zeichnet sich durch kleine, kräftig dunkel gefärbte Blüten mit fünf Blütenblättern aus, die von Juli bis September tiefrot bis lila-schwarz leuchten und in Scheindolden angeordnet sind. Im Herbst entwickeln sich ihre Früchte, die aufgrund ihrer länglich spitzen Form dem Schnabel eines Storches gleichen, worauf der Gattungsname Pelargonium Bezug nimmt (griech. pelargos = Storch). Ihre blassgrünen, silbrigen Blätter sind herzförmig mit abgerundeter Spitze sowie fein gelapptem Rand und fühlen sich wegen der zahlreichen kleinen Drüsenhärchen samtartig an.

Umckaloabo heißt übersetzt „schwerer Husten“. Ein aus den Wurzeln hergestellter Spezialextrakt zeigt antivirale Wirkung.

Heimische Wurzeln Schlüsselblumen (syn. Primeln) aus der Familie der Primelgewächse (Primulaceae) finden als typische Saponindrogen mit schleimlösenden und auswurffördernden Effekten bei Husten Verwendung. Von den 500 Arten sind zwei offizinell: Die Echte (Primula veris L.) und die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior L.). Die Echte Schlüsselblume macht mit ihrem frühen Blühbeginn im März ihrem botanischen Namen alle Ehre, denn der Gattungsname leitet sich von lat. prima = die Erste und der Artname von lat. veris = Frühling ab. Beide Arten ähneln sich äußerlich sehr stark. Die runzeligen, eiförmig länglichen Blätter bilden flache Rosetten, aus deren Mitte sich ein dünner, blattloser Blütenschaft (20 Zentimeter bei der Echten und 30 Zentimeter bei der Hohen Schlüsselblume) emporhebt.

Er ist wie auch die Blätter samtig behaart. An seinem Ende stehen mehrere Blüten, die zu einer nickenden, einseitswendigen Dolde angeordnet sind. Bei den bis zu zwei Zentimeter langen Einzelblüten sind die Kelchblätter zu einer Röhre verwachsen, aus der die Blütenkrone mit fünf Lappen hervorgeht. Während die Blütenkrone von Primula veris L. dottergelb mit fünf orangefarbenen Flecken an ihrem Grund ist, sind die Blüten der Primula elatior L. schwefelgelb – also heller –und tragen keine Flecken in ihrem Schlund. Bemerkenswert ist die Heterostylie der Schlüsselblumen, das heißt das Vorkommen unterschiedlicher Blütentypen innerhalb einer Pflanzenart. So besitzen die Blüten entweder lange oder kurze Griffel mit entgegengesetzt positionierten Staubgefäßen. Prinzipiell kann man beiden Schlüsselblumenarten in nahezu ganz Europa begegnen.

Sie fehlen allerdings im Süden der Mittelmeerländer, weshalb sie wahrscheinlich auch nicht in der Literatur der Antike aufgeführt sind. Sie finden aber seit dem 12. Jahrhundert in den mittelalterlichen Kräuterbüchern Erwähnung, wo sie vor allem gegen Gicht und Kopfschmerzen empfohlen werden. Als Hustenmittel wurden sie erst circa vierhundert Jahre später gebraucht, was auch ihrem heutigen wissenschaftlich anerkannten Einsatzgebiet entspricht. In der modernen Phytotherapie werden sowohl die getrockneten Wurzelstöcke mit ihren langen Wurzeln (Primulae radix, Primelwurzel) als auch die getrockneten Blüten mitsamt den Kelchen (Primulae flos cum calycibus, Schlüsselblumenblüten) eingesetzt. Sie werden als Tee getrunken sowie in Form von Extrakten (Fluid-, Trocken-, Dickextrakt) oder als Tinktur in Fertigarzneimitteln verarbeitet.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2020 ab Seite 50.

Gode Chlond, Apothekerin

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