Ayurveda

DINACHARIYA

Wie wäre es unserem Tag eine Struktur zu geben, die uns im Alltag unterstützt? Die uns einen Rahmen gibt, ohne uns einzuschränken. Und die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirkt. Probieren Sie es doch mal mit der ayurvedischen Tagesroutine.

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Ayurveda legt großen Wert auf einen geregelten Tagesablauf. Diese Regelmäßigkeit im Einklang mit den Naturgesetzen hat enormen Einfluss auf uns und unser Wohlbefinden. Ayurveda besagt, wenn wir uns diese Wellenbewegungen im Tagesablauf zunutze machen, befinden wir uns im Gleichklang mit der Natur. So simpel und so wirkungsvoll. Meist scheitert es an Unwissenheit oder der fehlenden Konsequenz. Den inneren Schweinehund zu überwinden ist ja auch manchmal gar nicht so einfach. Wer aber einmal in den Genuss gekommen ist und die positiven Wirkungen am eigenen Leib gespürt hat, verzichtet ungern darauf. Auch wenn es immer mal wieder Phasen im Leben gibt, wo dies untergeht, hilft es gerade in anstrengenden Zeiten daraus neue Kraft zu schöpfen und sich einfach immer wieder daran zu erinnern.

Tag in Ruhe beginnen Gerade für die etwas nervösere und sprunghaftere Vata-Natur ist es am wichtigsten, den Tag in Ruhe zu starten. Denn die Energie des Morgens nehmen wir meist mit in den Tag hinein. Startet der Morgen bereits stressig, nehmen wir den Stress oft mit in den Tag. Lassen wir es hingegen entspannt angehen, bestärkt uns die Klarheit und Frische des Morgens für den ganzen Tag. Auch wenn es im Laufe des Tages mal stressig wird, können wir schneller wieder in die Entspannung und Achtsamkeit vom Morgen zurückkehren.

Morgen-RoutineWir stehen also vor 6 Uhr auf (Vata-Zeit: 2 bis 6 Uhr), um vor der schweren Kapha-Zeit (6 bis 10 Uhr) aus dem Bett zu kommen. Beim ersten Aufwachen sollten wir demnach aus dem Bett springen, bevor wir uns nochmal umdrehen und viel Zeit verlieren. Im Winter kann dies auch etwas später sein, jedoch sollte das Aufstehen auf jeden Fall vor Sonnenaufgang sein. Ruhig und entspannt können wir nun in der Kapha-Zeit den Tag beginnen. Zunge reinigen, Zähneputzen, Ölziehen mit Sesamöl. So viel abgekochtes warmes Wasser wie möglich trinken. Im Ayurveda ist die morgendliche Darmentleerung sehr wichtig. Um befreit in den neuen Tag zu starten, sollte der „Abfall“ der letzten eineinhalb Tage losgelassen werden. Auch wenn dies nicht von Anfang an klappt, sollte man dem Darm einfach jeden Morgen 20 Minuten Zeit geben, sich daran gewöhnen zu können.

Wenn man alles richtigmachen will, gehört die ayurvedische Selbstmassage mit warmem Öl zur Tagesroutine dazu. Nach 15 bis 60 Minuten lauwarm mit Seife abduschen. Dies kann auch nur an ein bis zwei Tagen pro Woche gemacht werden, zum Beispiel am Wochenende. Auch damit erzielen wir schon einen Effekt. Man sollte dies immer an die Gegebenheiten und die zur Verfügung stehende Zeit anpassen. Denn auch eine ayurvedische Tagesroutine kann in Stress ausarten, wenn es zu viel wird. Und dann hätte man nicht viel gewonnen. Morgens können eine Meditation und ein paar Yoga-Übungen praktiziert werden, um den Körper langsam zu mobilisieren. Ein schönes Ritual könnte sein, 20 Minuten am Morgen dafür freizuhalten, etwas zu tun, was man von Herzen gerne tut. Ganz egal was das sein mag.

Mahlzeiten Ein leichtes warmes Frühstück ist empfehlenswert, da die Kapha-Zeit von 6 bis10 Uhr dauert. Kapha-Menschen sind die einzigen, die darauf verzichten können, da es ihnen sonst zu viel Schwere verleihen könnte. Denn Essen an sich bedeutet immer Kapha-Zunahme. Deshalb fühlen wir uns nach einem guten Essen an einem stressigen Tag besänftigt und ausgeglichen. Da wir im Ayurveda ja nicht zum Essen direkt trinken, sondern bevorzugt danach, genießen wir bestenfalls 30 Minuten nach dem Frühstück einen anregenden Kapha-Tee.

Das Mittagessen, unsere Hauptmahlzeit nehmen wir vor 14 Uhr ein (Pitta-Zeit 10 bis 14 Uhr). Perfekt ist 12 Uhr. 30 Minuten danach einen Pitta-Tee genießen. Ein leichtes Abendessen vor 18 Uhr einnehmen (Vata-Zeit 14 bis 18 Uhr) und 30 Minuten danach einen Vata-Tee genießen. Im Sommer darf das auch etwas später sein. Eben immer genau so, dass man sich wohlfühlt und gut schlafen kann. Das ist es was zählt. Und so wird der eine für sich feststellen, dass es ihm am besten geht, wenn er um 17 Uhr isst und dem anderen macht es nichts aus erst um 19 Uhr zu essen. Testen Sie, spüren Sie die Wirkung und entscheiden Sie sich für das, was Ihnen guttut.

Abend-Routine Schlafen geht es vor 22 Uhr (Kapha-Zeit), denn da hilft uns die natürliche Schwere ins Bett zu gehen. Wichtig ist auch hier, dem allerersten Anflug von Müdigkeit nach 20 Uhr nachzugehen und wirklich schlafen zu gehen. Überschreiten wir nämlich die magische 22-Uhr-Marke, befinden wir uns bereits in der Pitta-Zeit, in der nochmal unsere Macher-Aktivität richtig aufblühen kann und uns eventuell noch einmal für Stunden wachhält. Dies kann man sich natürlich auch für bestimmte Projekte zunutze machen, aber man schafft es auf diese Weise auch nicht, um 5.30 Uhr ausgeschlafen zu sein.

Und so beginnt der nicht-ayurvedische Teufelskreis. Abends kann auch eine Routine helfen, wie zum Beispiel ein warmes Fußbad mit Totes-Meer- oder Basensalz. Man sagt auch, dass dies die negativen Energien des Tages neutralisiert. Nach einem anstrengenden Apotheken-Tag mit oft sehr vielen verschiedenen Kundenkontakten werden wir wieder mehr zu uns selbst. Ein Fußbad stärkt auch unser Immunsystem und entspannt unsere Rückenmuskulatur. Es schenkt Wärme, was bei kalten Vata-Füßen sehr angenehm ist. Anschließend können die Füße noch mit warmem Sesamöl bei Vata oder Kapha-Menschen eingerieben werden oder mit Ghee um Pitta zu harmonisieren. Danach kuschelige Wollsocken anziehen.

Schlaf als KraftquelleAllein unser Schlaf hat so viel Einfluss auf uns und unsere Gesundheit. Wenn wir gut und ausreichend genug für unseren persönlichen Konstitutionstyp schlafen, ist das schon einmal die halbe Miete für unser Wohlbefinden. Vata braucht am meisten Schlaf, bestenfalls 8 bis 9 Stunden, Pitta liegt bei circa 7 bis 8 Stunden und Kapha tut sich selbst gut daran nur circa 6 bis 7 Stunden zu schlafen. Das wäre optimal. Auch wirkt sich unser Schlaf auf unsere Haut oder unsere Verdauung aus. Allein durch das Umstellen auf den ayurvedischen Rhythmus kann sich vieles im Körper wieder ausbalancieren. In Kombination mit Meditation und Yoga, was übrigens zum Ayurveda immer dazu gehört und dieselben Wurzeln hat, stärken wir unsere Resilienz unglaublich.

Fazit – Struktur gibt uns innere Stärke Eine gute Struktur ist momentan so wertvoll. Gerade jetzt wo im Außen so viele Sicherheiten wegbrechen, tut es unserer Seele gut, innere Sicherheit aufzubauen. Denn die ist es, die wirklich zählt und die uns bleibt, wenn das Außen verrücktspielt. Regelmäßigkeit und Struktur senkt unser gestresstes Vata. Wir können aus dieser Routine, die eine Basis für unsere Gesundheit ist, soviel Kraft ziehen, um unsere Projekte voranzutreiben. Wir bekommen mit Ayurveda und Yoga viele Werkzeuge an die Hand, denen wir uns nur bedienen brauchen. Lernen wir diese Dinge kennen und schätzen in Zeiten, wo es uns gut geht, um in Zeiten, wo es uns mal nicht gut geht, davon zu profitieren. Diese ayurvedische Tagesroutine ist in der ayurvedischen Beratung immer die Basis und der erste Schritt in die ayurvedische Lebensphilosophie einzutauchen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 118.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda-Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin,  www.vedawelt.de

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