Weihnachtsmann
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Praxis Weihnachtsbräuche

DER WEIHNACHTSMANN AUF DER BRAUSEFLASCHE

Früher hing der Weihnachtsbaum von der Decke herunter und

in der Adventszeit wurde gefastet – die Bräuche waren schon einmal

anders. Und der 24. Dezember? Ist ein willkürliches Datum.

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Das Christentum wurde ungefähr 400 Jahre nach Christus zur römischen Staatsreligion. Der damalige Papst und der römische Kaiser folgten bei der Festlegung der hohen Feiertage eher praktischen Erwägungen. Am 25. Dezember, da wurde jahrhundertelang der Geburtstag des Sonnengottes Mithras gefeiert – man übernahm das einfach und mit ihm eine schöne Symbolik. „Ich bin das Licht der Welt“ soll Jesus gesagt haben, und dieses Licht wurde nun inmitten der Dunkelheit des Winters „geboren“.

Wintersonnenwende Theologisch untermauert stellt sich die Geschichte allerdings anders dar: Der 25. März gilt als Tag, an dem der Engel Maria ihre Schwangerschaft verkündete. Man rechnete neun Monate dazu – und kam somit ebenfalls auf den 25. Dezember. Dieser Tag fiel dann auch so ungefähr mit der Wintersonnenwende (21.12.) zusammen, und der war in vorchristlichen Zeiten von jeher dem Saturn („Saturnalien“) gewidmet.

Das christliche Weihnachtsfest mit seinen Bräuchen ist also ein Potpourri der Umwidmungen. Die römischen Kinder hatten nicht viel zu lachen in der Vorweihnachtszeit. Es gab weder Adventskalender noch Nikolausstiefel – vom 11. November bis zum 6. Januar war Fastenzeit. Erst 1917 (!) wurde das Adventsfasten im katholischen Kirchenrecht gestrichen. Aus einer Zeit der Entbehrungen wurden drei Wochen der Vorfreude, vor allem für die Kinder.

Bescherung an Nikolaus Sehr lange Zeit, nämlich ab dem 11. Jahrhundert, bildete das Krippenspiel den Mittel- und Höhepunkt der weihnachtlichen Bräuche. Diese waren öffentlich, Weihnachtsmärkte und Festumzüge fanden auf den Straßen statt. Während der Aufklärung tat man dies als Aberglauben ab; Weihnachten und seine Bräuche verlagerten sich in die Kirchen und die Privathäuser. Das Krippenspiel war der eigentliche Höhepunkt, es fand innerhalb der nächtlichen Christvesper statt. Und Geschenke für die Kinder, die gab es bereits am 6. Dezember, dem Nikolaustag.

Bis Martin Luther kam. Dem war die Verehrung des heiligen Bischofs von Myra – der Nikolaus hieß – ein Dorn im Auge, denn in der protestantischen Kirche gibt es keine Heiligenverehrung. Luther startete vor 500 Jahren nicht nur die Reformation, sondern schuf auch das „Christkind“, oftmals dargestellt von einem weißgekleideten Kind, das zusammen mit Maria und Josef im 17. Jahrhundert singend durch die Straßen zog. Bescherung gab es jetzt am 25., später dann am 24. Dezember, dem „Heiligen Abend“. Später verschmolz der Nikolaus und sein Knecht Ruprecht, der die Strafen gegen unartige Kinder aussprach und mit der Rute vollzog, zu einer einzigen Figur: dem Weihnachtsmann.

Neue Kunstfigur Denn den gab es vorher gar nicht. Hoffmann von Fallersleben schrieb zwar 1835 das Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ und Moritz von Schwind zeichnete 1847 den „Herrn Winter“, der als bärtiger Alter eher wie ein mürrischer Einsiedler aussah, aber das rot-weiß gekleidete Dickerle auf dem Schlitten – das hat Thomas Nast 1863 in den USA erfunden. Der deutsche Auswanderer mischte den deutschen Nikolaus, den holländischen Sinterklaas und den englischen Father Christmas zu einer Figur und verpasste ihm einen hübschen roten Anzug mit weißer Pelzverbrämung.

Wie praktisch, dass dies die Werbefarben der amerikanischen Kultmarke Coca-Cola waren. Ab 1931 gestaltete die Firma ihre Werbekampagnen zu Weihnachten mit diesem Maskottchen. Der „Weihnachtsmann“ trat seinen weltweiten Siegeszug an. Der Tannenbaum, mit seinen immergrünen Zweigen ein Symbol für Hoffnung und neues Leben, entstand aus einzelnen Zweigen, die aufgehängt wurden, um böse Geister zu vertreiben. 1419 gab es den ersten „richtigen“ Weihnachtsbaum, aufgestellt im Heilig-Geist-Spital zu Freiburg. Doch erst um 1800 holte man sich den Tannenbaum ins heimische Wohnzimmer und behängte ihn mit allerlei Sachen. Der Baum wurde dazu an der Decke festgemacht, wo er bis zum 6. Januar freischwebend „baumelte“. Später erst stellte man ihn in einen Fuß.

24 Kekse Und der Adventskalender? Er entstand ganz prosaisch. 24 Kreidestriche auf einer Tür, das waren die Ursprünge; jeden Tag wurde einer weggewischt, damit die Kinder plastisch sahen, wie die Zeit zur Bescherung kürzer wurde. Die Mutter eines kleinen Jungen namens Gerhard Lang hängte an eine Papptafel 24 Kekse, die einer nach dem andern gegessen wurden. Und der kleine Gerhard, der erfand später, als Erwachsener, 1904 den Adventskalender für alle: den mit der Schokolade. Auch der Adventskranz ist noch nicht alt. Johann Hinrich Wichern, Erzieher im „Rauhen Haus“, einem Hamburger Waisenhaus, gestaltete für seine Zöglinge einen Holzkranz mit 23 Kerzen. Jeden Morgen zündete man ein neues Licht an. Um 1900 hatte sich dieser Brauch dann in ganz Deutschland durchgesetzt, die Kerzenzahl hatte sich allerdings auf vier reduziert und der Holzkranz war aus immergrünen Tannenzweigen.

SO HEISST ER IM AUSLAND
In Holland heißt der Weihnachtsmann „Sinterklaas“, den die Amerikaner zu „Santa Claus“ umtauften. „Père Noel“ nennen ihn die Franzosen, „Father Christmas“ die Engländer, „Pai Natal“ die Portugiesen und „Pappai Noel“ die Brasilianer. In Island bringen 13 Weihnachtswichtel die Geschenke (von denen einer übersetzt „Kochlöffellecker“ heißt), und in Schweden arbeiten die „Tomtes“ dem Weihnachtsmann zu.

Deutscher Prinzgemahl Dass auch die Engländer Weihnachten mit Tannenbaum und Bescherung am 24. feiern, – und nicht wie die Amerikaner am Morgen des 25. Dezember mit einem Santa Claus, der durch den Schornstein rutscht – das hat seinen Grund im Ehemann von Königin Viktoria (1819–1901). Der deutsche Prinz von Sachsen-Coburg- Gotha, Albert, brachte den Brauch aus seiner Heimat mit. Man feierte auch bei Königs gutbürgerlich, wie es sich gehörte – mit Weihnachtsgans, Weihnachtsbaum, mit Hausmusik und Weihnachtsliedern. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 134.

Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion

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