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Nahrungsmittelunverträglichkeiten

DER FEIND AUF MEINEM TELLER

Milch? Bloß nicht! Salami? Löst Migräne aus! Viele Menschen können bestimmte Lebensmittel nicht vertragen. Ehe aber „verdächtige“ Nahrungsmittel vom Speiseplan gestrichen werden, sollte eine ärztliche Diagnose erfolgen.

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Übeltäter Obst?Wenn Fruchtzucker aus Obst und Gemüse Darmbeschwerden verursacht, sprechen Mediziner von Fruktosemalabsorption oder intestinaler Fruktoseintoleranz. Diese Nahrungsmittelunverträglichkeit kann der Arzt ebenfalls mit einem Wasserstoffatemtest diagnostizieren. Bei Menschen mit Fruktosemalabsorption funktioniert ein Transportprotein im Dünndarm nicht ordnungsgemäß. Es heißt GLUT-5 und hat die Aufgabe, Fruchtzucker durch den Dünndarm in den Körper zu befördern. Ein Defekt dieses Transportproteins führt dazu, dass der Zucker unverdaut in den Dickdarm gelangt, was schmerzhafte Folgen haben kann: Blähungen, Durchfall und krampfartige Bauchschmerzen gehören dazu. Auch für die Fruchtzuckermalabsorption gilt: In der Regel können Betroffene gewisse Fruchtzuckermengen durchaus vertragen.

Meist können kleine Portionen über den Tag verteilt besser verdaut werden als große Mengen auf einmal. Bewährt hat es sich auch, fruchtzuckerhaltiges Obst durch den gleichzeitigen Verzehr von Traubenzucker bekömmlicher zu machen. Gemüsesorten mit geringem Fruktosegehalt wie Paprika, Rotkohl, Auberginen und Zucchini verursachen oft keine Probleme. Viel Fruchtzucker steckt hingegen in Obstsorten wie Äpfeln, Birnen und in Trockenfrüchten, aber auch in Honig, Furchtsäften und Fertigprodukten. Vorsicht ist auch beim Zuckeraustauschstoff Sorbit geboten. Denn im Dünndarm hemmt Sorbit die ohnehin schon geringe Aufnahmefähigkeit von Fruktose zusätzlich.

Von der Fruktosemalabsorption, die mit einer fruktosearmen Diät gut in den Griff zu bekommen ist, unterscheidet sich die hereditäre Fruktoseintoleranz. Dabei handelt es sich um eine angeborene gefährliche Stoffwechselerkrankung. Betroffene können gar keine Fruktose vertragen und müssen sie ein Leben lang strikt meiden.

WAS IST DRAN AM CHINA-RESTAURANT-SYNDROM?
Als vor rund 40 Jahren zahlreiche chinesische Restaurants in Deutschland öffneten, klagten manche Besucher nach dem Genuss asiatischer Speisen über Beschwerden wie Hautausschlag, Übelkeit, Kribbeln im Halsbereich, Hitze- und Engegefühle. Man vermutete, dass der in der asiatischen Küche geschätzte Geschmacksverstärker Glutamat für die eigenartigen Symptome des sogenannten China-Restaurant-Syndroms verantwortlich sei. Doch ein eindeutiger wissenschaftlicher Beweis für diese Vermutung fehlt bis heute. Fest steht aber, dass es durchaus Menschen gibt, die auf Glutamat empfindlich reagieren. Eine solche Glutamatunverträglichkeit gehört zu den Pseudoallergien. Betroffene müssen wissen, dass Glutamat nicht nur in asiatischen Gerichten steckt, sondern auch in vielen Fertigprodukten wie Knabbereien, Tütensuppen und Konserven. Verpackte Lebensmittel, denen Glutamat zugesetzt ist, müssen den Hinweis „Geschmacksverstärker“ tragen, gefolgt von der Verkehrsbezeichnung, das heißt ihrem Stoffnamen oder der entsprechenden E-Nummer. In der Zutatenliste steht dann zum Beispiel: „Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat“ oder „Geschmacksverstärker E 621“.

 

Krank durch Histamin?In Expertenkreisen umstritten ist das Krankheitsbild der Histaminintoleranz, dessen Diagnose problematisch ist. Zur Erinnerung: Der körpereigene Botenstoff Histamin, der im menschlichen Organismus hauptsächlich in den Mastzellen vorkommt, spielt bei Abwehrreaktionen eine wichtige Rolle. Im Fall einer Allergie wird Histamin vermehrt freigesetzt. Auch sehr viele Lebensmittel enthalten Histamin. Reichlich steckt es in Nahrungsmitteln, die durch Hefekulturen oder Bakterien haltbar gemacht werden, zum Beispiel in gereiftem Käse, Wurst, Wein, Schinken und Sauerkraut.

Das ist an sich unproblematisch, denn mit Hilfe des Enzyms Diaminoxidase (DAO) kann der Körper Histamin normalerweise abbauen. Dieser Prozess gerät jedoch ins Stocken, wenn die Aktivität dieses Enzyms eingeschränkt ist. Dann sprechen Experten von einer Histaminintoleranz. Profitieren können Betroffene – wenn der Arzt dies für sinnvoll hält – von einer histaminarmen Kost. Das kann zum Beispiel bedeuten: auf gereifte Lebensmittel wie Sauerkraut verzichten, den Alkoholkonsum einschränken, Kochwurst Kochwurst statt Rohwurst und junge Käsesorten statt lang gereifter essen. Das fehlende Enzym DAO kann auch in Tablettenform substituiert werden.

Genuss ohne Gluten? Eine schwerwiegende chronische Erkrankung ist die Zöliakie, unter der rund ein Prozent der Menschen in Deutschland leiden. Verursacht werden die Beschwerden durch das Klebereiweiß Gluten, das in üblichen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste enthalten ist. Die Aufnahme von Gluten führt bei dieser Autoimmunerkrankung zu einer Entzündung des Dünndarms und Rückbildung der Dünndarmzotten. Dadurch können Nährstoffe nicht in ausreichender Menge vom Darm aufgenommen werden. Die Folge sind Mangelerscheinungen, die sich in vielfältigen unterschiedlichen Symptomen zeigen können.

Durchfall und Bauchschmerzen gelten als klassische Beschwerden, aber gerade bei Kindern treten häufig auch Eisenmangel, Wesensveränderungen wie Weinerlichkeit und stagnierendes Wachstum auf. Bei Erwachsenen sind dagegen Schlaflosigkeit, Müdigkeit oder Depressionen mögliche Anzeichen einer unbehandelten Zöliakie. Die Diagnose kann der Facharzt anhand eines Bluttests in Kombination mit einer Dünndarmbiopsie stellen. Die einzige Therapie ist die strenge und lebenslange glutenfreie Ernährung. Glutenfreie Lebensmittel – zu erkennen am Glutenfrei-Symbol mit der durchgestrichenen Ähre – sind für Zöliakie-Patienten ein Segen. Durch den konsequenten Verzicht auf das Klebereiweiß regenerieren sich Darmzotten und Darmschleimhaut wieder. In den meisten Fällen tritt bereits wenige Wochen nach der Ernährungsumstellung eine Besserung ein und die Krankheitssymptome verschwinden.

Andrea Neuen, Freie Journalistin

„Der Feind auf meinem Teller”

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