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Reisekrankheit

DAS ÜBEL ÜBERLISTEN

Ob im Auto, Bus, Flugzeug oder auf dem Schiff – die Kinetose ist quälend und führt oft zu heftigem Erbrechen. Helfen Sie betroffenen Kunden mit guten Tipps und wirksamen Medikamenten, die nächste Fahrt unbeschwerter anzutreten.

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Wer unter der Reisekrankheit, medizinisch Kinetose, leidet, kennt die Symptome nur zu gut: Spätestens, wenn der Wellengang auf See zunimmt, sich die Straße in immer engeren Kurven den Berg hinauf schlängelt oder man im Bus entgegen der Fahrtrichtung sitzt, stellt sich ein flaues Gefühl in der Magengegend ein. Es verheißt nichts Gutes, denn bald schon kommen Symptome wie Schwindel, Schweißausbrüche und Übelkeit bis hin zum Erbrechen hinzu.

Prinzipiell ist niemand vor der Reisekrankheit gefeit – in der Praxis macht sie allerdings nur dafür veranlagten Menschen das Leben schwer. Sehr häufig leiden Kinder unter Kinetose, die übrigens in jedem Verkehrsmittel auftreten kann. Seelische Faktoren – beispielsweise die Angst vor der Fahrt und der damit verbundenen Übelkeit – können das quälende Übel verstärken.

Eine Kinetose entsteht, wenn verschiedene Organe – wie die Augen und das im Innenohr beheimatete Gleichgewichtsorgan – widersprüchliche Informationen an das Gehirn melden. Ein klassisches Beispiel ist das Lesen im Auto oder Bus: Das Gleichgewichtsorgan nimmt sämtliche Bewegungsreize wahr, während das Auge auf „Stillstand” programmiert ist. Bei Menschen mit sensiblem Gleichgewichtssinn ist Übelkeit die Folge.

Gute Fahrt Wer lediglich unter leichter bis mäßig ausgeprägter Reisekrankheit leidet, dem helfen oft schon ein paar Tricks, um das Gleichgewichtsorgan zu besänftigen. Folgende Ratschläge können Sie Betroffenen mit auf die Reise geben:

Im Auto auf den Beifahrersitz setzen, am besten geradeaus auf die Straße blicken oder einen festen Punkt am Horizont fixieren, regelmäßig Pause machen, im Wagen für frische Luft sorgen und bloß nicht lesen (auch keine Karten studieren).

  • Im Bus einen Sitzplatz möglichst weit vorne wählen, durch die Frontscheibe auf die Straße schauen und ebenfalls auf Lesen verzichten.
  • In der Bahn einen Platz in Fahrtrichtung suchen, zwischendurch aufstehen und langsam hin und her gehen.
  • Im Flugzeug einen Gangplatz in Höhe der Tragflächen reservieren.
  • Auf dem Schiff lieber an Deck als im Innenraum aufhalten und versuchen, sich den Bewegungen anzupassen. Bei mehrtägigen Schiffsreisen: Kabine in der Mitte des Schiffs unmittelbar oberhalb des Wasserspiegels buchen. Erste-Hilfe-Maßnahme bei akuter Übelkeit: Auf dem Deck flach auf den Rücken legen, Kopf ruhig halten und Augen schließen.

Bevor es auf die Reise geht, sollten empfindliche Menschen nur kleine, leichte Speisen zu sich nehmen und auf alles, was den Magen reizen könnte – etwa Kaffee, Alkohol und fettes Essen – verzichten. Auch unterwegs sind leichte, bekömmliche Snacks, zum Beispiel ein Zwieback, Salzstangen oder fettarme Kekse, eine gute Wahl.

GUT ZU WISSEN
Kunden, die unter sehr ausgeprägter Reiseübelkeit leiden, sollten den Arzt aufsuchen, der eventuell verschreibungspflichtige Antiemetika verordnen wird. Ein Arztbesuch ist ebenfalls erforderlich, wenn Übelkeit und Schwindel auch dann noch anhalten, wenn die Fahrt schon längst vorüber ist.

Fest steht auch, dass intensive Gerüche – wie Tabakqualm, Diesel oder Toilettenmief – die Übelkeit verstärken können. Gut deshalb, wenn empfindliche Menschen unterwegs auch ihre Nase schonen.

Vorbeugen & vertreibenZur Prävention und Behandlung der Kinetose eignen sich – so Kontraindikationen ausgeschlossen sind – Arzneimittel (z. B. Tabletten, Suppositorien) mit den Wirkstoffen Dimenhydrinat oder Diphenhydramin. Bei beiden Substanzen handelt es sich um Antihistaminika der ersten Generation, die die H1-Rezeptoren im Brechzentrum des Gehirns blockieren und somit antiemetisch wirken.

Es gibt sowohl Präparate für Erwachsene als auch geringer dosierte (z. B. Suppositorien) für Kinder unterschiedlicher Altersstufen. Fragen Sie bei der Abgabe nach, für wen das Präparat bestimmt ist. Wichtig ist im Beratungsgespräch auch der Hinweis, dass diese Arzneimittel das Reaktionsvermögen beeinträchtigen und sedierend wirken – auch bei bestimmungsgemäßer Anwendung. Deshalb dürfen sie von Autofahrern nicht eingenommen werden.

Raten Sie Ihren Kunden, Tabletten oder Zäpfchen etwa 30 bis 60 Minuten vor Reiseantritt einzunehmen beziehungsweise einzuführen. Reisekaugummis mit dem Wirkstoff Dimenhydrinat wirken schneller und sind deshalb unterwegs gute Helfer für den Akutfall. Eine weitere Behandlungsoption sind Fertigarzneimittel mit Ingwerwurzel. Entsprechende Phytopharmaka sind für Schulkinder und Erwachsene geeignet und werden etwa eine halbe Stunde vor Reiseantritt eingenommen.

Die Homöopathie setzt bei Reisekrankheit mit Übelkeit und Erbrechen, auch in Kombination mit Schwindel und Gliederzittern, vor allem auf Cocculus (Kockelskörner). Gängige Potenzen sind D4 und D6. Wer zu Reisekrankheit neigt, kann entsprechende Globuli schon zwei bis drei Tage vor Antritt einnehmen. Aber auch im Akutfall hilft Cocculus.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/12 ab Seite 84.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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