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Restless Legs

DAS GROSSE KRABBELN

Bei dieser chronischen Störung werden die Betroffenen buchstäblich von den eigenen Beinen auf Trab gehalten – auf Ruhe reagieren die Gliedmaßen mit lästigen bis quälenden Missempfindungen.

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Ruhelose Beine, auch als Restless-Legs-Syndrom bezeichnet, gehören zu den häufigsten neurologischen Störungen. Die Betroffenen spüren ein Spannen oder Reißen in den Beinen; es wird unangenehm warm, brennt oder kribbelt – ausgerechnet, wenn sie sich zur Ruhe legen. Die Beschwerden setzen in Momenten der Entspannung ein, vorwiegend abends und während der Nacht.

Die Missempfindungen bringen einen unwiderstehlichen Drang, sich zu bewegen, mit sich. Geht man dann umher oder macht gymnastische Übungen, verschwinden sie – meist nur, um beim erneuten Hinlegen wieder aufzutreten. Selten können auch die Arme betroffen sein. Zu Beginn tauchen die Beschwerden meist sporadisch auf; Frequenz und Intensität nehmen aber häufig mit den Jahren zu. Auch Kinder können schon unter dem Syndrom leiden.

BERATUNGSTIPP
Erklären Sie Ihren Kunden, dass auch der Umgang mit dem Problem eine Rolle spielen kann: Je mehr sich jemand über das störende „Eigenleben” der Beine ärgert und bereits im Vorhinein Sorgen wegen der befürchteten Probleme am nächsten Tag macht, umso mehr leidet die Schlafqualität.

Zusätzlich beeinträchtigt wird die Nachtruhe bei vielen der Patienten durch unwillkürliche Bewegungen oder Zuckungen in den Gliedmaßen (Periodic Limb Movements), die sie zwar selbst nicht wahrnehmen, die aber die normale Abfolge der Schlafstadien empfindlich stören können. Letztlich resultiert ein bisweilen erhebliches Schlafdefizit - mit den entsprechenden Folgen: Erschöpftheit und Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen und Leistungsabfall bis hin zu Depressionen. Viele Betroffene suchen zunächst wegen Ein- oder Durchschlafstörungen Hilfe und erwähnen die Beinprobleme nicht eigens.

Sekundäre und primäre Form Die Ursache des Syndroms ist nicht eindeutig geklärt, das dopaminerge System in bestimmten Hirnabschnitten scheint aber eine Rolle zu spielen. Bei der idiopathischen (primären) Form liegt oft eine erbliche Veranlagung vor. Es gibt aber auch unterschiedlichste Zustände, die das Phänomen hervorrufen können. Dann spricht man vom sekundären RLS. Zu diesen Faktoren gehören etwa Eisenmangel, neurologische oder Nierenerkrankungen, Diabetes und hormonelle Veränderungen (Beispiel Schwangerschaft).

ein jogger
Sport in normalem Umfang kann zur Linderung der Beschwerden beitragen.

Auch eine Reihe Medikamente sind als mögliche Auslöser bekannt, darunter atypische Neuroleptika, tri- und tetrazyklische Antidepressiva (z. B. Mirtazapin), Serotonin-Wiederaufnahme- Hemmer, Metoclopramid sowie H2-Blocker und Estrogene. Soweit möglich wird zunächst einmal die zugrunde liegende Krankheit beziehungsweise Störung ausgeschaltet beziehungsweise die Medikation entsprechend umgestellt.

L-Dopa Schätzungsweise nur bei jedem fünften Betroffenen ist die Belastung so groß, dass er Medikamente benötigt. Solange die Symptomatik nicht zu schwer ist, verschreibt der Arzt zunächst bedarfsorientiert Levodopa (L-Dopa), eine Vorstufe des Dopamins, in der Regel kombiniert mit einem Decarboxylasehemmer (z. B. Benserazid). Damit wird über eine Enzymhemmung verhindert, dass das L-Dopa bereits zu Dopamin umgewandelt wird, bevor es die Blut-Hirn-Schranke überwindet. So entstehen weniger Nebenwirkungen wie Übelkeit und orthostatische Dysregulationen, die durch vermehrtes peripheres Anfluten des Neurotransmitters bedingt sind. Zudem kann die Dosis verringert werden, weil nichts von dem Wirkstoff „auf dem Weg ins Hirn” verloren geht.

Bei Durchschlafstörungen kann zusätzlich ein Retardpräparat helfen. Die Tagesdosis L-Dopa sollte aber 200 bis 300 Milligramm nicht übersteigen, sonst kann sich der therapeutische Effekt quasi umkehren: Wird L-Dopa regelmäßig eingenommen, kommt es häufig zur Augmentation (Intensivierung der Symptomatik): Die Symptome sind nicht nur stärker ausgeprägt als vor der Therapie, sie beginnen bereits früher am Tag beziehungsweise stellen sich in entspannten Situationen rascher ein und dehnen sich unter Umständen sogar auf andere Körperbereiche aus. Nur mit einer Dosiserhöhung ist diese Verschlimmerung beherrschbar.

Dopaminagonisten In dieser Situation/generell bei ausgeprägter Symptomatik stellt der behandelnde Arzt auf Dopaminagonisten um, also auf Wirkstoffe, die an Dopaminrezeptoren andocken, ähnliche Effekte wie der körpereigene Neurotransmitter auslösen, und so Einfluss auf die Bewegungssteuerung nehmen. Hierunter wird seltener eine Augmentation beobachtet.

Zugelassen in dieser Indikation sind die nicht von Mutterkornalkaloiden abgeleiteten Substanzen (nicht-ergoline oder Non-Ergot- Dopaminagonisten) Ropinirol und Pramipexol in Tablettenform. Ein weiterer Vertreter (Rotigotin) liegt in Form eines Pflasters vor. Es reicht ein Bruchteil der Dosen, die in der Therapie des Morbus Parkinson eingesetzt werden. Vor allem in den ersten Wochen kommt es relativ häufig zu Übelkeit, Benommenheit und Schwindel. Um Nebenwirkungen, so gut es geht, zu minimieren, wird langsam einschleichend dosiert und grundsätzlich die individuell geringste noch wirksame Dosis gegeben. Manchen Patienten hilft es auch, wenn sie die Dosis aufteilen und einen Teil ein paar Stunden vor dem Zubettgehen, den anderen unmittelbar davor einnehmen.

Was Ihre Kunden beachten sollten Niedriger Blutdruck und schwere Herz-Kreislauf-Leiden können eiund stillende Frauen sollten keine Dopaminagonisten einnehmen. Selbst in niedriger Dosierung können Verwirrtheit, Schwindel und eine exzessive Schläfrigkeit – insbesondere in Kombination mit Alkohol oder anderen sedierenden Medikamenten – auftreten. Vor allem ältere Menschen reagieren oft empfindlich auf diese Medikation. Auch Halluzinationen und Schlafattacken kommen bisweilen vor, mit der Folge des Verlusts der Fahrtauglichkeit. Das muss der Behandelte wissen und entsprechende Ereignisse seinem Arzt berichten. Gelegentlich sind unter der Therapie auch so genannte Enthemmungsphänomene wie suchtartig gesteigertes sexuelles Begehren, Spielsucht, etc. beschrieben worden.

Ausweich- oder Reservemedikamente Bei unzureichendem Ansprechen, im Falle einer Augmentation und bei Unverträglichkeit wird meist zunächst auf in dieser Indikation nicht zugelassene Opioide umgestellt. Die hierunter langfristig stattfindende Toleranzentwicklung limitiert auf Dauer den Therapieerfolg. Ebenso off label ist der Einsatz von Antikonvulsiva, die in diversen Studien Wirksamkeit gezeigt haben.

WAS SONST NOCH HILFT
+ Regelmäßige körperliche Aktivität hat Patienten in einer Studie genutzt, speziell Dehnübungen können helfen, ebenso Yoga oder Qigong. Allzu große Anstrengungen jedoch scheinen kontraproduktiv zu sein.
+ Massagen, zum Beispiel mit Franzbranntwein, können lindernd wirken.
+ Kühlkissen oder kalte Fußbäder und Wechselgüsse für die Beine tun oft unmittelbar gut.
+ Allgemein wird zu Verbesserung der Schlafhygiene geraten (unter anderem Einschlafrituale, das Einhalten fester Schlaf- und Aufstehzeiten, eine – so gut dies möglich ist – regelmäßige
Tagesstruktur etc.)
+ Keine Erleichterung dürfen sich die Betroffenen von Autogenem Training oder anderen Entspannungsmaßnahmen versprechen – im Gegenteil: die Ruhigstellung „schaltet” den auslösenden Mechanismus wieder an.
+ Vor Benzodiazepinen ist wegen der Gefahr der Abhängigkeit zu warnen.
+ Versuche, den Bewegungsdrang zu unterdrücken, sind nutzlos und vergeuden Kraft. Besser ist es, sich eine entspannende angenehme Tätigkeit zu suchen, die die Aufmerksamkeit von den Missempfindungen abzieht und auf andere Dinge lenkt – auch wenn dies nicht immer leicht fällt.

Eisen & Co. Da es Hinweise gibt, wonach ein gestörter Eisenstoffwechsel eine pathophysiologische Rolle spielt, raten manche Ärzte zur Bestimmung der Ferritinkonzentration im Serum und der Substitution von Eisen, auch im Falle noch normaler, jedoch relativ niedriger Werte (bei < 50 μg/l). Einen Versuch kann es wert sein – auch wenn nach einer aktuellen Übersicht der unabhängigen Cochrane Collaboration die bisherigen Studien kein einheitliches Bild liefern. Keinesfalls jedoch sollen Patienten den Mineralstoff ohne ärztliche Kontrolle einnehmen, um eine Eisenüberladung des Organismus zu vermeiden.

Die therapeutische Wirkung von Magnesium, das gelegentlich empfohlen wird, ist nicht wissenschaftlich belegt. Vor Chinin, das ebenfalls als Tipp gehandelt wird, warnen Experten. Vor allem Schwangere sollten wegen der Wirkung auf die Gebärmuttermuskulatur vorsorglich darauf verzichten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 134.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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