Der Countdown läuft - bald beginnt ein neues Jahr.© Sergey Peterman / iStock / Getty Images Plus

Neue Regelungen

DAS ÄNDERT SICH 2020

Manch einer erwacht mit einem dicken Schädel. Die deutsche Gesetzessammlung wiederum registriert Zuwachs, Verlust und Veränderungen am ersten Januarmorgen. Was ändert sich im kommenden Jahr und welche Inhalte sind für die Apotheke von Bedeutung?

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Plastiktüten weg, Bon immer ausdrucken und impfen, impfen, impfen. Die Schlagworte kennt jeder, denn sie gehen seit Wochen durch alle Mediankanäle. Was hat nun aber zu konkreten Gesetzesänderungen geführt? Den Überblick zu behalten erscheint an der Informationsflut der letzten Zeit schwer. Wir haben uns an einer Zusammenfassung versucht:

  1. Die Plastiktüte geht:
    Eine umweltbewusste Apotheke hat vielleicht schon längst auf Papier- oder wiederverwendbare Stofftaschen umgestellt, doch jetzt wird es offiziell und verbindlich: Die Bundesregierung will ab 2020 Plastiktüten verbieten und hat dazu ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Von heute auf morgen verschwinden die heiß diskutierten Verpackungsmaterialien allerdings nicht, den Händlern wird eine Übergangsfrist von sechs Monaten gewährt. Wäre ja auch alles andere als ökologisch sinnvoll, die bereits produzierte Ware direkt wieder wegzuschmeißen. Die kleinen Tütchen aus der Obst- und Gemüseabteilung bleiben jedoch – vorerst zumindest.

  2. Die Papierflut kommt:
    Die folgende Neuregelung scheint im Kontext der Plastiktütendiskussion etwas kontrovers. Denn ab 1.1.2020 müssen alle Kassenbons ausgedruckt und dem Kunden angeboten werden – auch für ein paar Bonbons, Tempos oder eine Flasche Saft. Mitnehmen muss er den Bon nicht und von der Apotheke aufgehoben werden muss er glücklicherweise auch nicht. Kritiker bemängeln an der Regelung unter anderem die Umwelt- sowie Gesundheitsbelastung durch das beschichtete Papier, den bürokratischen Aufwand und natürlich den Kostenfaktor; Schätzungen zufolge wird mit zwei Millionen Kilometern mehr Kassenbon gerechnet. Doch für den Staat geht es nicht um Peanuts, er verliert jährlich hohe Summen durch manipulierte Umsätze, fingierte Rechnungen oder Kassenbetrügereien – vor allem bei Betrieben mit hohem Bargeldumsatz. Die Kassensicherungsverordnung schreibt eine neue, fälschungssichere technische Sicherheitseinrichtung (kurz TSE) für alle Kassensysteme vor. Die Übergangsfrist geht bis September 2020, den Bon muss man allerdings schon am 1.1. ausdrucken.


    Laut §6 der Kassensicherungsverordnung müssen mindestens:

    • der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
    • das Datum der Belegausstellung,
    • der Zeitpunkt des Vorgangbeginns und der Vorgangsbeendigung,
    • die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der Leistung,
    • die Transaktionsnummer,
    • das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag für die Lieferung oder Leistung in einer Summe sowie der anzuwendende Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung ein Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, und
    • die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls auf einem Kassenbon aufgeführt werden.


  3. Patientensicherheit
    Das Digitale-Versorgungs-Gesetz verpflichtet Krankenhäuser, Arztpraxen und natürlich auch Apotheken, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Die Frist für Apotheken endet September 2020. Die Hintergründe haben wir bereits hier (https://www.diepta.de/news/ptaplus/digitale-versorgung-gesetz-apotheke-40-wie-digital-sind-deutsche-apotheken-581693/) für Sie recherchiert. Das Ziel soll eine verbesserte, flächendeckende Versorgung sein. Außerdem können Ärzte bestimmte Gesundheits-Apps zu Lasten der Krankenkasse verschreiben. So können Anwendungen, die beispielsweise den Patienten unterstützen sollen, seine Medikamente regelmäßig und rechtzeitig einzunehmen, ab Januar nächsten Jahres auf dem Rezept landen. Und wenn wir schon „online“ sind, sollen Patienten künftig auch leichter Praxen ausfindig machen können, die Onlinesprechstunden anbieten – Videosprechstunden könnten schon bald Alltag sein. Über die Dienste informieren Praxen dann auf ihren Internetauftritten. Kein Handy mit Internetzugang zur Hand? Dann empfehlen Sie Ihren Kunden die Telefonnummer 116 117: Bei dem Rund-um-die-Uhr-Service erhalten Patienten erste Einschätzungen darüber, wie dringlich ihre Behandlung wirklich ist – und können bei Bedarf in eine Klinik, zum Bereitschaftsarzt oder ins heimische Bett vermittelt werden. Der Dienst soll mit bestehenden Servicestellen zusammenarbeiten, die freie Termine vermitteln. Das soll lange Wartefristen auf einen (Fach-)Arzttermin reduzieren und dient ebenfalls der besseren Versorgung, vor allem von Patienten mit abgelegenen Wohnorten.

  4. Masern-Impfpflicht und der Pieks in der Offizin
    Es wurde heftig diskutiert und teilweise emotional argumentiert, aber jetzt ist sie da: die Masern-Impfpflicht. Ab 1. März 2020 soll sie in Kraft treten. Bevor Eltern ihr Kind in der Kita, dem Hort oder der Schule anmelden, müssen sie nachweisen, dass sie es gegen Masern geimpft haben. Wird der Nachweis nicht bis zum 31. Juli 2021 erbracht, drohen Bußgelder von bis zu 2500 Euro. Beim Thema Grippeimpfung in der Apotheke ist der Gesetzgeber zwar noch zögerlicher, aber auch hier gehen die ersten Modellprojekte bald an den Start, abgesegnet durch die Bundesregierung. Das Vorhaben stößt allerdings sowohl bei Vertretern der Apothekerschaft als auch unter Ärzten auf Widerstand: Know-How, technische Umsetzung, Aufwand, Kosten und Haftungsrisiko sind viel diskutierte Themen. Denn der impfende Apotheker benötigt, auch in den Modellvorhaben, geeignete Räumlichkeiten sowie eine ärztliche Schulung. Man darf gespannt sein, zu welchen Ergebnissen die Modellprojekte führen und ob es den Pieks dann auch – honoriert und als Kassenleistung – bald in jeder Apotheke geben wird.

  5. Mehr Honorar für Altbekanntes
    Eine faire Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen ist schon lange der Wunsch und Appell der Apotheker und deren Standesvertretungen. 2020 gibt es zwar nicht viel, aber immerhin ein bisschen mehr Geld: Der Notdienstzuschlag auf rezeptpflichtige Arzneimittel steigt von 16 auf 21 Cent, bei dokumentationspflichten Medikamenten wie BTM oder solchen auf T-Rezepten sind es künftig 4,26 statt 2,91 Euro Abschlag. Immerhin.

  6. Dauerrezepte für Chroniker
    Wie oft hat man Mitleid mit den Kunden, die bereits seit gefühlten 100 Jahren die gleichen Medikamente einnehmen, vor den Feiertagen vergessen haben sich ein neues Rezept ausstellen zu lassen und dann für das Verordnen einer Kleinstpackung im Wartebereich der Bereitschaftsärzte sitzen. Das könnte bald ein Ende haben, denn unter bestimmten Bedingungen können Patienten mit Pflegegrad oder chronischen Krankheiten beim Arzt künftig eine sogenannte Wiederholungsverordnung bekommen – je nach Verordnung können sie so bis zu vier Mal ihre Medikamente in der Apotheke holen. Die Gültigkeitsdauer wird vom Arzt festgelegt, fehlt diese, beträgt die Gültigkeit drei Monate. Achtung: Tierarzneimittel zählen nicht in die Neuordnung hinein.

  7. Kassenleistungen-Update
    Auch wenn man Krankenkassen generell innerhalb der Apothekenmitarbeiterschaft als Sparfüchse tituliert, so ziehen sich die Kassen im kommenden Jahr die Spendierhosen an: Für Zahnersatz gibt es bald etwas mehr Zuschuss, Fettabsaugen wird Kassenleistung. Frauen im Alter zwischen 20 und 65 werden ab 2020 alle fünf Jahre per Post zu einer Früherkennungs-Untersuchung auf Gebärmutterhalskrebs eingeladen. Und auch das Vorsorge-Angebot selbst ändert sich ein wenig: Für Frauen zwischen 20 und 34 gibt es - wie bisher - einmal jährlich den sogenannten Pap-Test. Ab 35 soll eine neue, alle drei Jahre angebotene Kombinationsuntersuchung den bisherigen jährlichen Test ersetzen. 

  8. Sparen…
    Hygiene-Artikel werden preiswerter – die Mehrwertsteuer für Binden und Tampons wird im kommenden Jahr gesenkt. 7 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer müssen dann nur noch gezahlt werden.

  9. …und mehr verdienen
    Der Mindestlohn wird 2020 steigen, und zwar von 9,19 auf 9,35 Euro pro Stunde. Zudem sollen Azubis ihren eigenen Mindestlohn bekommen: Jeder, der im nächsten Jahr eine Berufsausbildung beginnt, soll nun mindestens 515 Euro im ersten Lehrjahr bekommen – auch PTA und PKA-Azubis. Es ist geplant, diesen Betrag schrittweise auf bis zu 620 Euro im ersten Lehrjahr zu erhöhen. Natürlich sind auch höhere Bezüge für die folgenden Ausbildungsjahre geplant.

  10. Und außerhalb der Apotheke?
    Es sind noch viele weitere, größere wie kleinere Änderungen im deutschen Gesetzessystem geplant. Hier nur noch ein paar weitere, durchaus erwähnenswerte Änderungen: - Hebammen erlernen ihren Beruf künftig während eines Hochschulstudiums. Ab 2020 gehen angehende Hebammen für einen drei- bis vierjährigen Bachelorstudiengang mit hohem Praxisanteil an die Hochschule. Eine staatliche Abschlussprüfung ebnet dann den Weg ins Berufsleben. - Auch andere Gesundheitsberufe sollen attraktiver gestaltet werden, um dem herrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So sollen die Ausbildungen Kranken- oder Altenpfleger durch die Ausbildung zum Pflegefachmann/-frau mit vier Vertiefungsrichtungen ersetzt werden. - Bahnfahren wird günstiger: die Mehrwertsteuer soll von 19 auf 7 Prozent sinken. Die Bahn hat schon angekündigt, die Mehrwertsteuer-Senkung an die Kunden weiterzugeben. - Fliegen wird teurer. Ab April 2020 sollte mit höheren Steuern auf Flugtickets zu rechnen sein. 13,03 Euro für Inlands- und EU-Flüge und für längere Flüge bis 6000 Kilometer 33,01 Euro werden dann fällig. Wer noch weiter reist, muss 59,43 Euro zahlen. - Die E-Mobilität soll stärker gefördert werden, zum Beispiel durch steuerliche Entlastungen für Elektro- oder Hybrid-Dienst- und Lieferfahrzeige sowie Fahrräder für den Arbeitsalltag. - Und noch vieles mehr. Wer sich noch weiter updaten möchte, kann sich im News-Room der Bundesregierung umschauen: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles?page=0

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quellen:
dpa
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/12/10/die-neue-bon-pflicht-was-ist-zu-beachten/chapter:1
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/grippeschutz-kein-pieks-ohne-honorar-modellvorhaben/
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/grippeimpfung-fuer-399-euro-impfungen-in-apotheken/
https://www.impulse.de/recht-steuern/rechtsratgeber/gesetzesaenderungen-2020/7470140.html https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/10/16/hoeheres-apothekenhonorar-wohl-ab-mitte-januar-2020

www.pharmazeutische-zeitung.de/folgerezepte-und-impfende-apotheker/

https://www.businessinsider.de/wirtschaft/gesetzesaenderungen-2020-neue-gesetze-und-regelungen-in-der-uebersicht/
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