Mehrere Chromosome sind grafisch dargestellt.
In Chromosomen ist unsere Erbsubstanz auf handliche Größe zusammengepackt. Chromosom 3 enthält dabei offenbar Erbinformationen, die einen schweren Verlauf von Covid-19 begünstigen. © Rost-9D / iStock / Getty Images Plus

Chromosom 3 | Risikofaktoren

STUDIE: COVID-19-VERLAUF IST AUCH GENETISCH BEDINGT

Manche SARS-CoV-2-Infizierte entwickeln kaum Symptome, andere erleiden einen schweren Verlauf. Eine Studie hat den Zusammenhang mit dem menschlichen Erbgut untersucht und konnte risikobehaftete Genvarianten ausmachen.

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Ein Forschungsteam aus WissenschaftlerInnen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und einer norwegischen Arbeitsgruppe hat sich dem Einfluss unseres Genoms auf die Schwere des Covid-19-Verlaufs angenommen. Die weltweit erste Studie dieser Art verglich Blutproben von 1980 Intensivpatienten mit 2205 zufällig ausgewählten Kontrollgruppen-Teilnehmern. Die Forscher extrahierten die DNA aus den Proben und vermaßen aus jeder einzelnen 8,5 Millionen Erbgut-Positionen.

„Mithilfe dieser großen Datenmenge haben wir wirklich interessante Regionen im Genom identifiziert, die das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 erhöhen beziehungsweise verringern“, erklärt Analysenleiter Prof. Dr. David Ellinghaus vom Institut für Klinische Molekularbiologie, „wir konnten, vereinfacht gesprochen, auf einer sehr großen Landkarte zeigen, wo die Musik spielt.“

Eine genetische Variante auf dem Chromosom 3 hatte dabei den größten Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Zwar ist noch nicht bekannt, welches Gen genau als Ursache in Frage kommt, aber das Forscherteam konnte nachweisen, dass die Träger dieser genetischen Eigenschaft ein doppelt so hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Unter den Probanden aus Italien und Spanien, die an Beatmungsgeräte angeschlossen werden mussten, wies ein hoher Anteil diese Genanlage auf.

Auch die Blutgruppe nach dem AB0-System beeinflusst laut der Studie den Krankheitsverlauf von Covid-19. Erfahren Sie hier mehr dazu!

„Die Ergebnisse waren für uns sehr spannend und überraschend“, sagt Prof. Dr. Andre Franke, federführender Wissenschaftler der Untersuchung. Das Chromosom 3 stand bislang nicht im Fokus von Untersuchungen. Andere Genabschnitte, bei denen man einen Zusammenhang mit dem Coronavirus vermutet hatte, konnten hingegen als Risikofaktoren ausgeschlossen werden - darunter der Chromosomenabschnitt 6p21, der das Immunsystem beeinflusst, und das Grippe-assoziierte Gen IFITM3.

Nicht nur für die Risikobeurteilung, sondern auch für die Wirkstoffsuche seien die Studienergebnisse bedeutend, so Prof. Franke: „Mit dem Chromosom 3 und dem AB0-Blutgruppen-Lokus beschreiben wir echte Ursachen für einen schweren Verlauf von Covid-19“, sagt Prof. Franke. „Unsere Ergebnisse schaffen daher eine hervorragende Grundlage für die Entwicklung von Wirkstoffen, die an den gefundenen Kandidatengenen ansetzen können."

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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