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Videoüberwachung/Recht

BIG BROTHER IN DER APOTHEKE

Manche Apothekenleiter lassen Kameras und Video- und Tonüberwachungssysteme in der Apotheke anbringen und beobachten dann alles entweder aus einer anderen Filiale oder von zu Hause aus.

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Dieses Vorgehen  wirkt sich nicht nur ungünstig auf das Betriebsklima aus, sondern ist auch rechtlich sehr bedenklich. Die Mitarbeiter werden vielfach hierüber nicht informiert, sondern erfahren von der Existenz der Kameras überhaupt nur aus plötzlichen Anrufen oder ähnlichen Bemerkungen am nächsten Tag.

Das Unbehagen, das die Mitarbeiter befällt, die sich teilweise sogar in ihren Pausenräumen einer Dauerbeobachtung ausgesetzt sehen, kann wohl jeder nachvollziehen. Aber auch rechtlich begibt sich ein Apothekenleiter aufs Glatteis, wenn er derartige Maßnahmen ohne Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter durchführt.

Hier kollidiert das durch das Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht desMitarbeiters, insbesondere das Recht am eigenen Bild (Art 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Grundgesetz) mit den möglicherweise schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers. Gegenstand von gerichtlichen Verfahren, die dann vom Bundesarbeitsgericht entschieden werden, sind meistens Fälle, in denen der Arbeitgeber Videokameras einsetzt, um einen des Diebstahls verdächtigen Mitarbeiter zu überführen oder Diebstähle aufzuklären. Deshalb wägen die Richter dann das Interesse des Arbeitgebers ab, sein Eigentum beziehungsweise seinen Betrieb vor Straftaten zu schützen.

Der Stand der Rechtsprechung ist im Moment, dass eine heimliche Videoüberwachung dann zulässig ist, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung gegen den Arbeitgeber besteht. Gleichzeitig müssen alle anderen Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ergebnislos ausgeschöpft worden sein und es darf kein anderes, weniger einschneidendes Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich darf die Überwachung im Verhältnis zum Ziel nicht unverhältnismäßig sein (ständige Rechtsprechung, siehe z. B. BAG 27.3.2003, 2 AZR 51/02). Eine Überwachung der Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume ist generell unzulässig.

In den Urteilen geht es meist darum, ob die durch heimliche Videoaufzeichnungen erlangten Beweise als Grundlage für eine spätere (fristlose) Kündigung ausreichen. Recht aktuell hatte das BAG über den Fall einer Angestellten im Einzelhandel zu entscheiden, der durch heimliche Videoaufzeichnungen der Diebstahl von Zigaretten im Kassenbereich ihres Arbeitsplatzes nachgewiesen werden konnte (BAG 21.6.2012, 2 AZR 153/11). Die Verwertung des Beweismaterials war nicht allein deshalb unzulässig, weil die Aufnahmen gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstießen.

In den Fällen, die sich im Moment im Apothekenbereich ereignen, geht es aber gar nicht um die Aufklärung von Straftaten, sondern darum, von einem anderen Arbeitsplatz aus die Mitarbeiter zu überwachen („Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“). Eine solche Überwachung quasi zur Optimierung des Personaleinsatzes ist unzulässig. Hier gibt es kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters abgewogen werden kann.

Eine Dauerüberwachung ohne strafrechtliche konkrete Verdachtsmomente ist unzulässig. Jeder Arbeitgeber sollte sich also gut überlegen, ob er derartig einschneidende Maßnahmen einsetzt. Neben dem Vertrauensverlust bei den Mitarbeitern kann er auch noch weitere finanzielle Einbußen erleiden und sich schmerzensgeldpflichtig machen (LAG Hessen 25.10.2010, 7 Sa 1586/09). Quelle: Minou Hansen/ADEXA

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