© mbolina / fotolia.com
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Extremsportarten

BEEINDRUCKENDE LUFTSPRÜNGE

Wände hinauf laufen, waghalsige Sprünge von Hausdach zu Hausdach und das alles mit Tempo und Action – beim Parkour ist kein Hindernis zu hoch. Die Sportler riskieren dabei manchmal Kopf und Kragen.

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Stellen Sie sich vor, Sie machen gerade eine Shoppingtour durch die City, schauen nach oben und sehen, wie jemand von einem Hochhaus zum nächsten springt. Und dann läuft er zwar mit Tempo, aber ganz entspannt weiter und widmet sich dem nächsten Hindernis. „Wird hier gerade ein Actionfilm gedreht?“, könnte man im ersten Moment denken. Aber weit gefehlt, denn hinter diesen gefährlichen Sprüngen verbirgt sich die spektakuläre Trendsportart Parkour, die stetig Zuwachs bekommt. Kurz zusammengefasst ein Extremsport, der Laufen, Balancieren, Springen und Klettern miteinander vereint.

Es ist eine akrobatische Sportart, bei der man das Risiko, zwischen Häuserschluchten zu stürzen, von Mauern oder Zäunen zu rutschen, genau abwägen sollte. Regeln gibt es nur wenige. Das Risiko einschätzen zu können, ist beispielsweise eine von ihnen. Immer mehr junge Menschen, vorrangig Männer, haben diesen Extremsport für sich entdeckt. Die Akrobaten nennen sich selbst Traceure oder Free Runner. Entwickelt wurde diese hippe Sportart von dem Franzosen Raymond Belle und dessen Sohn David Belle, der in den 1980er Jahren das vom Vater Erlernte weiterentwickelte.

Raymond Belle trainierte bereits im jungen Alter von zwölf Jahren effiziente Fluchtmöglichkeiten, um im Krieg eine größere Möglichkeit zu haben, zu überleben. Sein Sohn David trainierte als Kind Turnen und Leichtathletik, aber oft vom Vater beeinflusst, in der freien Natur. Später übertrug er diese Methode, die Méthode Naturelle, auf die urbane Beton- und Stahllandschaft – die Extremsportart Parkour war geboren. Für den Franzosen ist Parkour eine kreative Kunst, bei der man die durch Körper und Umwelt gesetzten Grenzen erkennt und wenn möglich überwindet.

Bewegung mit Eleganz Traceure springen und klettern über alles, was ihnen während einer Trainingseinheit über den Weg läuft. Die notwendigen Hindernisse findet man praktisch überall, meist auch in seinem eigenen Umfeld. Die Extremsportler überwinden ihre Hindernisse mit Eleganz, möglichst effektiv und, ganz wichtig, ohne dabei die Hindernisse zu verändern. Um diese Sportart auf einem gewissen Niveau durchführen zu können, muss man eine gute Körperbeherrschung mitbringen, eine hohe Konzentrationsfähigkeit aufweisen und Selbstdisziplin mitbringen.

Auf der offiziellen Homepage der deutschen Parkour-Szene heißt es: Parkour ist die Freiheit und Motivation, Bewegung in der Perfektion auszuleben. Dabei bewegt man sich mit Eleganz effizient durch den urbanen und natürlichen Raum. Wer den Extremsport gerne einmal ausprobieren möchte, muss nicht viel Geld ausgeben und sich eine teure Ausrüstung zulegen. Denn wer gesund ist und keine körperlichen Handicaps hat, kann prinzipiell loslegen.

Noch schnell klassische Lauf- und Sportkleidung und die richtigen Turnschuhe anziehen und los geht’s. Was die Techniken angeht, müssen Traceure Möglichkeiten finden, um die Hindernisse zu überwinden. Salti und Schrauben sind in der Szene nicht gerne gesehen und man sollte sich andere Möglichkeiten überlegen, um ans Ziel zu gelangen.

Überwindung von Hindernissen
Um Hindernisse sicher und effizient zu überwinden, gibt es bestimmte Passements (Bewegungen):
– Passement Rapide
– die rasche Überwindung Demi-tour
– Halbe Drehung Saut de chat
– Katzensprung Réverse
– 360 Grad Drehung Saut de détente
– Weitsprung Saut de précision
– Präzisionssprung Passe muraille
– Mauer-Überwindung Saut de bras
– Armsprung Tic-Tac

Aller Anfang ist schwer Wer sich noch am Anfang befindet, sollte kein Risiko eingehen und keine gewagten Sprünge durchführen. Hier ist es ratsam, sogenannte Basics zu trainieren, beispielsweise Präzisionssprünge, die Steigerung der Sprungkraft oder die Rolle, um Verletzungen zu vermeiden. Der Passement Rapide, die rasche Überwindung, wie es die Traceure nennen, ist bei einem nicht allzu hohen Hindernis von etwa Hüfthöhe anzuwenden.

Bevor man das Hindernis erreicht, stößt man sich mit beiden Beinen ab, um das Hindernis mit beiden Beinen gleichzeitig seitlich zu überspringen. Ein weiterer guter Einsteigersprung ist der Saut de détente, der Weitsprung. Diese Variante dient dazu, mit Anlauf Lücken oder Hindernisse zu überwinden. Es wird vor dem Hindernis abgesprungen und auf der anderen Seite die Laufbewegung fortgesetzt.

Halsbrecherische Aktionen Um ihre Bewegungen für sich und die Nachwelt festzuhalten, halten Traceure ihr Abenteuer gern auf Videofilmen fest, die anschließend ins Netz gestellt werden. Mittlerweile ist das Interesse weit über die Grenzen der Parkour-Szene hinaus, beispielsweise in der Werbeindustrie, angekommen. Auch bei Messen oder Musikvideoclips von berühmten Sängern tauchen Traceure immer wieder auf.

Kleine Blessuren kommen schon mal vor Während man den Parkour so schnell und flüssig wie möglich absolviert, sollte man unter gar keinen Umständen die Kontrolle über seine Bewegungen verlieren, denn das kann zu folgenschweren Unfällen und Verletzungen führen. Daher sollte man immer nur so tief hinab springen, wie man aus eigener Kraft wieder hochspringen kann. Aufgeschrammte Schienbeine und Ellenbogen, überdehnte Sehnen oder Knochenbrüche können da schon mal vorkommen. Dann schön mit Kühlpads, Sportgels, Schmerzsalben und einem Wunddesinfektionsspray behandeln. Bei Knochenbrüchen heißt es dann allerdings ab ins Krankenhaus.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/17 auf Seite 66.

Nadine Hofmann, Redaktion

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