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Politik

AUSBLICK

Auf einhundertvierunddreißig Seiten skizziert die große Koalition mal vage, mal konkret, wie sie die Zukunft Deutschlands in den nächsten vier Jahren gestalten will – Apotheken werden in dem Vertrag lediglich am Rande erwähnt.

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Der Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung widmete man immerhin eine Seite im Koalitionsvertrag. Bereits zum Jahreswechsel wurden mit einem Eilgesetz erste Vereinbarungen im Arzneimittelbereich umgesetzt. Die nächsten Sparmaßnahmen befinden sich bereits im Gesetzgebungsverfahren.

Nach insgesamt sechs Verhandlungswochen hatten sich Ende November 2013 die Spitzen von CDU/CSU und SPD auf die Ziele der 18. Legislaturperiode geeinigt und umfassend in einer Koalitionsvereinbarung niedergelegt. Im Krankenhausbereich soll eine Qualitätsoffensive für die stationäre Versorgung starten.

Eckpunkte für eine Krankenhausreform sollen bis Ende 2014 vorliegen. Wartezeiten auf einen Arzttermin sollen reduziert werden. Inwieweit sich im Zuge der angestrebten besseren Prävention und Stärkung der Gesundheitsförderung neue Möglichkeiten für Apotheken ergeben, bleibt abzuwarten.

Krankenkasse
Dies und vieles mehr gibt es nicht umsonst. Gesetzlich Versicherte müssen voraussichtlich schon bald spürbar mehr für ihre Krankenkasse bezahlen. Der paritätisch finanzierte Beitragssatz wird bei 14,6 Prozent festgesetzt; zukünftig sollen die gesetzlichen Krankenkassen den kassenindividuellen Zusatzbeitrag als prozentualen Satz vom beitragspflichtigen Einkommen erheben. Auch der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird steigen müssen, um wie geplant, Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige auszubauen und mit einem erhöhten Beitragssatz zur Pflegeversicherung gegenzufinanzieren.

Medikamente Mehr oder weniger konkrete Positionen zur Arzneimittelversorgung finden sich im Koalitionsvertrag im Abschnitt „Gesundheit und Pflege“. Dort ist nachzulesen, dass der unmittelbare Zugang zu neuen Arzneimitteln für alle Versicherte in Deutschland ein hohes Gut sei; ein ressortübergreifender Dialog unter Beteiligung von Wissenschaft und Arzneimittelherstellern soll eingerichtet werden, um den Standort Deutschland für Forschung und Produktion zu stärken.

Für Apothekenmitarbeiter sicherlich erfreulich ist das klare Bekenntnis der großen Koalition zu einer qualitativ hochwertigen, sicheren und wohnortnahen Arzneimittelversorgung in inhabergeführten Apotheken. An dem bestehenden Mehr- und Fremdbesitz soll auch in Zeiten zunehmender Ökonomisierung und Bürokratisierung festgehalten werden. Erwähnt werden Apotheken im Koalitionsvertrag auch im Zusammenhang mit der ambulanten ärztlichen Notfallversorgung, die besser mit dem Notdienst der Apotheken verzahnt werden soll. Für Erstverschreibungen von Arzneimitteln soll ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt gesetzlich vorgeschrieben, um den Patientenschutz zu gewährleisten.

Arzneimittelnutzenbewertung Konkretes findet sich im Vertrag der großen Koalition zur Weiterentwicklung der Arzneimittelnutzenbewertung und den anschließenden Preisverhandlungen von Krankenkassen mit Herstellern. Damit in Zukunft die Versorgungsperspektive stärker Berücksichtigung findet, soll regelhaft mindestens ein Vertreter einer Mitgliedskasse des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung an den Verhandlungen teilnehmen.

Vereinbart − und mit dem 14. SGB V Änderungsgesetz bereits in Angriff genommen − wurde, die Nutzenbewertung für Bestandsarzneimittel umgehend einzustellen. Somit wird eine Zweiteilung des Arzneimittelmarktes auf Dauer festgeschrieben. Lediglich Wirkstoffe, die nach dem 1. Januar 2011 in den Markt eingeführt worden sind, sollen im Hinblick auf den Patientennutzen evaluiert und die Methodik bei Bedarf weiterentwickelt werden. Für alle anderen bleibt der tatsächlich Nutzen nach den Plänen der großen Koalition im Dunkeln. Aus Patientensicht und Sicht der Fachkreise sicherlich bedauerlich.

Als Gegenfinanzierung für entgangene Einsparungen durch die Streichung der Bestandsmarktprüfung wird der Preisstopp auf Basis der Preise vom 1. August 2009 fortgeführt. Mit einem Schnellgesetz, das binnen weniger Tage Bundestag und Bundesrat noch im Jahr 2013 durchlief, hat die große Koalition bereits zum Jahreswechsel den Grundstein hierfür gelegt. Zudem wird der Herstellerrabatt von sechs auf sieben Prozent angehoben.

»Die Arzneimittelversorgung scheint nicht im Fokus des Gesetzgebers zu stehen.«

Ein Inflationsausgleich ist nicht vorgesehen. Vielmehr soll die Regelung jährlich daraufhin überprüft werden, ob abhängig von der finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung eine Anpassung des Zwangsrabatts nötig ist. Das mag verwundern, denn noch verfügen viele Krankenkassen über ein solides Finanzpolster. Doch die Ausgaben steigen bereits schneller als die Einnahmen…

Lieferengpässe Erwähnenswert ist zudem, dass Kassen und Hersteller in Rabattverträgen zukünftig festlegen sollen, wie Lieferengpässe verhindert werden können. Nachdem sich GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband lange nicht auf eine Aut-idem-Liste einigen konnten und im Koalitionsvertrag nunmehr vorgesehen ist, dass gegebenenfalls der Gemeinsame Bundesausschuss eine Substitutionsliste von solchen Arzneimitteln aufstellen soll, die bei Rabattvereinbarungen nicht ausgetauscht werden dürfen, kam Bewegung in die Verhandlungen.

Ab April sind zunächst zwei Wirkstoffe definiert, bei denen künftig die ärztliche Verordnung zählt und nicht der jeweilige Rabattvertrag einer Krankenkasse: das Immunsuppressivum Ciclosporin und das Antiepileptikum Phenytoin. Weitere sollen folgen. Fünfhundertdreiundfünfzig Gesetze hat der Bundestag in der letzten Wahlperiode verabschiedet. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele lassen vermuten, dass die Zahl in dieser Legislaturperiode getoppt werden könnte. Die Arzneimittelversorgung scheint jedoch nicht im Fokus des Gesetzgebers zu stehen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/14 ab Seite 124.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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