Jemand notiert etwas auf einem Klemmbrett und hält dabei eine Pillendose fest
Die Daten einer klinischen Studie lassen viele Parkinson-Patienten hoffen. © stevanovicigor / iStock / Getty Images Plus

Hustenmittel | Allrounder

AMBROXOL VERBESSERT PARKINSON-SYMPTOME

Die Idee existiert schon länger: Könnte Ambroxol das Fortschreiten der Parkinson`schen Krankheit verbessern? Eine klinische Studie konnte jetzt erste positive Ergebnisse am Menschen zeigen.

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Am Institut für Neurologie des University College in London verabreichte man Parkinson-Patienten mit mittelschwerer Erkrankung über ein halbes Jahr hinweg steigende Dosen des eigentlich als Schleimlöser bekannten Wirkstoffs Ambroxol. Die Zieldosis betrug 1,26 Gramm Ambroxol pro Tag. Zum Vergleich: Bei Husten in der Selbstmedikation werden einmal täglich 75 Milligramm oder dreimal täglich 90 Milligramm eingenommen. Hierbei erleichtert der Arzneistoff das Abhusten von zähem Schleim, indem er den Schleim verflüssigt und die Mobilität der Flimmerhärchen auf der Bronchialschleimhaut steigert. So kann das Sekret besser abtransportiert – sprich abgehustet – werden. Auch eine lokalanästhetische Wirkung ist bekannt, daher findet sich der Wirkstoff auch in Lutschtabletten gegen Halsschmerzen. Doch wie soll Ambroxol bei Parkinson helfen?

Das Parkinson-Syndrom beschreibt einen Symptomkomplex der gesamten Motorik, aber auch der Psyche oder anderer vegetativer Funktionen. Dem zugrunde liegt ein Dopaminmangel und damit einhergehend ein Acetylcholinüberschuss – die beiden Neurotransmitter werden als Hauptverantwortliche für die Beschwerden angesehen, weshalb die meisten Medikamente an diesem System angreifen. Warum sich diese Beschwerden einstellen, ist noch nicht vollständig geklärt. Bestimmte genetische Mutationen fanden sich aber gehäuft bei einigen Parkinson-Patienten. Dazu zählen auch die Mutationen des Gens für Glucocerebrosidase (GBA1). Und genau hier greift Ambroxol an. In den Nervenzellen von Parkinson-Patienten wurde eine geringe Aktivität des Enzyms festgestellt, wodurch sich die Substanz α-Synuclein anhäufte, die wiederum an der Regulation der Dopaminfreisetzung beteiligt ist. In Laborversuchen an Tieren konnte man zeigen, dass Ambroxol zur korrekten Faltung der Glucocerebrosidase beitragen kann, wodurch dieses wieder funktional war und eine höhere Enzymaktivität aufzeigte.

In der klinischen Studie bewiesen die Forscher sowohl die Verträglichkeit als auch den Übergang von Ambroxol in den Liquor. Der Arzneistoff passiert also die Blut-Hirn-Schranke. Auf einer Skala, die genutzt wird um die Symptome der Erkrankung mit einem Punktesystem zu bewerten, konnte unter Ambroxolgabe eine Verbesserung der Symptomatik und eine Verschlechterung nach Absetzen gezeigt werden.

Doch Experten warnen vor voreiligen Schlüssen – zwar konnte eine erhöhte Enzymkonzentration im Liquor festgestellt werden, jedoch keine gesteigerte Aktivität. Im Blut änderten sich die Konzentrationen ebenfalls nicht. Prof. Dr. Günther Höglinger, Direktor der Klinik für Neurologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Präsident der Deutschen Parkinson Gesellschaft, hinterfragt die Ergebnisse und sieht keine eindeutigen Zusammenhänge: „Die Studie lässt sehr viele Fragen offen“. Ein weiteres Problem an der Studie: Es gab keine Placebo-Kontrolle. Es lässt sich also nicht ausschließen, dass die subjektive Symptomverbesserung zumindest zum Teil auf einen Placebo-Effekt zurückzuführen ist, wie die intensive Betreuung oder die Hoffnung, durch die Studienteilnahme eine Verbesserung zu spüren. Höglinger sagte daher: „Es war eine Studie zur Sicherheit und Hirngängigkeit, man kann daraus keinen klinischen Vorteil für die Patienten ableiten und muss Patienten, die möglicherweise nach Ambroxol fragen, davon abraten, bis die klinische Wirksamkeit in einer Phase-III-Studie zweifelsfrei nachgewiesen wurde.“

Farina Haase,
Apothekerin/Online-Redaktion

Quelle: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/25353-ambroxol-kann-man-dem-parkinson-eins-husten 

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