Galenik
ALLES IM LOT?
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In der Apothekenrezeptur findet man heutzutage praktisch nur noch elektronische Waagen mit Digitalanzeige. Man unterscheidet die Feinwaage (Analysenwaage) und die Präzisionswaage (Rezepturwaage).
Diese zur Arzneimittelherstellung verwendeten Waagen werden alle zwei Jahre von einem Mitarbeiter des Eichamtes geeicht. Eine einfache Methode zur Waagenüberprüfung in der täglichen Praxis ist die Auflage eines Gewichtes mit bekannter Masse, das nicht geeicht sein muss.
Wichtige Kenngrößen der Waage sind auf dem Typenschild vermerkt, zum Beispiel die Ablesbarkeit „d“ der Nachkommastellen und der Eichwert „e“, der ein Maß für die Wägegenauigkeit ist. Jede Waage weist einen gewissen Wägefehler auf, der sich aber nur innerhalb bestimmter Grenzen bewegen darf (Verkehrsfehlergrenze).
Prinzipiell misst eine Waage im unteren Wägebereich, also bei geringer Waagenbelastung, präziser als im mittleren oder oberen Bereich. Daher sollten möglichst leichte Wägegefäße, wie zum Beispiel Wägeschiffchen, verwendet werden.
Für die Praxis ist folgendes wichtig zu wissen:
- Das NRF fordert bei Wirkstoffen eine Einwaagegenauigkeit von plus/minus einem Prozent, wobei es sich empfiehlt im Plus-Ein-Prozent-Bereich zu arbeiten.
- Die Analysenwaage ist die genauere Waage für die Rezeptur, auch bei größeren Mengen! Die für das Einwiegen von Wirkstoffen in Apotheken oft angewandte Faustregel, alles unter einem Gramm auf der Analysenwaage abzuwiegen, sollte auf alles unter 50 Gramm erweitert werden (laut NRF sogar bis zu 100g).
- Mengen unter 20 Milligramm sollten nicht direkt eingewogen werden. Bei solchen Kleinstmengen muss auf Rezepturkonzentrate zurückgegriffen werden.
- Die erforderliche Mindestlast kann nicht durch eine Vorlast (z. B. eine Fantaschale) umgangen werden, denn sie gilt für jede einzelne Substanzeinwaage.
- Für das Abwiegen von Grundlagen und Hilfsstoffen ist die Rezepturwaage genau genug.
- In der Herstellungsanweisung sind die einzusetzende Waage sowie die Grenzen von plus/minus einem Prozent der Einwaage festzulegen und im Herstellungsprotokoll die tatsächlichen Mengen zu dokumentieren.
Bei der Rezepturherstellung wird es oft so sein, dass die Wirkstoffe zunächst auf der Analysenwaage abgewogen werden und die weitere Verarbeitung zur Endrezeptur dann auf der Rezepturwaage stattfindet. Jede PTA kann für sich entscheiden, ob sie dabei nach der Zuwaage-, Tara- oder Differenzmethode arbeiten möchte. Bei der Zuwaagemethode wird das Ansatzgefäß tariert und danach jeder Bestandteil hinzugefügt bis schließlich das Endgewicht erreicht ist. Etwaige Verdunstungsverluste können so einfach erkannt und ausgeglichen werden. Bei der Taramethode wird nach jeder eingewogenen Substanz die Tara-Taste gedrückt.
Zwar wird das Risiko fehlerhafter Einzeleinwaagen dadurch gesenkt, dafür muss das Endgewicht durch Addition der Einzelmassen errechnet werden. Bei der Differenzmethode wird das Ansatzgefäß mitgewogen, also nicht tariert, ansonsten wird wie beim Zuwaagemodus gearbeitet. Diese Methode eignet sich besonders für langwierige Herstellungen, wie zum Beispiel der Quellung von Gelen, um nicht unnötig lange eine Waage zu blockieren. Egal welche Methode man wählt, es kann nie schaden, sich das Gewicht des leeren Ansatzgefäßes zu notieren.
Was gibt es noch zu beachten? Waagen sollten möglichst erschütterungsfrei, geschützt vor Zugluft, Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen (Abstand von Heizung, keine direkte Sonnenbestrahlung) in einer Raumecke aufgestellt sein. Für ein rationelles Arbeiten ist es sinnvoll die Rezeptur- und Analysenwaage nebeneinander anzuordnen. Bei täglichem Rezepturaufkommen empfiehlt es sich die Waagen gleich morgens anzuschalten, ansonsten ist eine gewisse Aufwärmzeit einzuhalten. Vor jeder Rezepturherstellung sollte die Nivelliereinrichtung (Libelle) überprüft werden. Die Luftblase muss in der Kreismitte stehen.
Das Wägegut ist mittig auf den Wägeteller aufzubringen, verspritztes oder verschüttetes Wägegut ist sofort vom Wägeteller zu entfernen. Jede Apotheke sollte intern festlegen, in welchen Fällen sie das Vier-Augen-Prinzip (zweiter Mitarbeiter schaut über die Schulter) nutzen möchte, zum Beispiel bei Herstellung durch pharmazeutisches Personal in Ausbildung, bei Verarbeitung stark wirksamer Stoffe (Fentanyl) oder Herstellung pädiatrischer Zubereitungen. Im DAC-NRF findet sich unter den allgemeinen Hinweisen im Kapitel I.2.9. „Wägen in der Apotheke“ eine ausführliche Darstellung der Thematik.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/17 auf Seite 100.
Christa Schuchmann, Apothekerin