Allergenes Potenzial
ALLERGISCH AUF KONSERVIERUNGSMITTEL?
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Wenn ein Produkt über einen längeren Zeitraum haltbar sein soll, geht es ohne Konservierungsmittel oftmals nicht. Immer dann, wenn die Zubereitung Wasser enthält und nicht schon durch Inhaltsstoffe mit antimikrobiellen Eigenschaften automatisch geschützt ist, besteht die Gefahr, dass sich Bakterien oder Pilze darin vermehren können. Mikrobiell kontaminierte oder verdorbene Kosmetika zeigen häufig ein verändertes Aussehen und einen unangenehmen Geruch.
Wendet man sie trotzdem an, kann es zu Hautirritationen durch Zersetzungsprodukte von Hilfs- oder Wirkstoffen sowie durch Ausscheidungsprodukte der Mikroorganismen kommen. Da nützt es auch nicht viel, dass das Produkt steril hergestellt und abgefüllt wurde. Beim ersten Öffnen durch den Benutzer können Keime in eine gewöhnliche Tube oder in einen Tiegel gelangen und sich dann darin vermehren.
Was sind Konservierungsmittel? Als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln werden nach der Kosmetik-Verordnung Stoffe definiert, die überwiegend zu dem Zweck hinzugefügt werden, die Entwicklung von Mikroorganismen in diesen Produkten zu hemmen. Welche Substanzen hierzu verwendet werden dürfen, regelt die Anlage 6 der EU-Kosmetikverordnung. Stoffe, die zwar antimikrobiell wirksam sind, aber überwiegend zu anderen Zwecken eingesetzt werden, sind demnach keine Konservierungsmittel. Zubereitungen, die ausschließlich durch solche Stoffe konserviert werden, können nach dem Gesetz als konservierungsmittelfrei bezeichnet werden.
Wie wirken Konservierungsmittel? Um diese Wirkung ausüben zu können, muss ein Konservierungsmittel bestimmte Fähigkeiten besitzen. Zunächst einmal muss es sich in der wässrigen Phase einer Zubereitung lösen, denn dort befinden sich auch die Bakterien oder Pilze. Dafür ist eine ausreichende Hydrophile notwendig. Um in die Zelle der Keime eindringen zu können, muss die Substanz aber auch über eine gewisse Lipophilie verfügen. Daher sind fast alle Konservierungsmittel amphiphil.
Sie haben also, ähnlich wie ein Emulgator, eine hydrophile und eine lipophile Seite. Sind sie in der Zelle angekommen, dann lagern sie sich dort an bestimmte Strukturen an und reagieren mit ihnen. Dies können Proteine, beispielsweise Enzyme sein, die dadurch blockiert werden und ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Die Bakterien- oder Pilzzelle stirbt ab oder wird zumindest in ihrer Vermehrungsfähigkeit gehemmt. Das ist der Wirkungsmechanismus der meisten Konservierungsmittel.
Wie kommt es zur Allergie? Leider kann ein Konservierungsmittel nicht zwischen menschlicher und Bakterienzelle unterscheiden. Gelangen Konservierungsmittel an lebende Zellen unseres Körpers, dann werden einige Konservierungsmittel-Moleküle auch in diese Zellen eindringen und dort Enzyme blockieren. Das bringt uns zwar nicht gleich um wie den Einzeller, es können allerdings durch Reaktion des Konservierungsmittels mit einem Protein Eiweiße entstehen, die das Immunsystem als körperfremd erkennt.
Darauf kann es mit einer überschießenden Immunreaktion, also mit einer Allergie antworten. Konservierungsmittel besitzen also auch für den Menschen ein gewisses zytotoxisches und tatsächlich auch ein allergenes Potenzial. Das ist von ihrer Wirkung nicht zu trennen. In der Apotheke bleibt dann nur die Möglichkeit, für den Allergiker ein Produkt auszuwählen, das „sein“ Allergen nicht enthält oder – wenn möglich – ganz auf eine Konservierung verzichtet.
Konservierungsstoffe haben die Fähigkeit, in die Zelle der Keime einzudringen – leider können sie auch die menschliche Zelle schädigen.
Wann kann auf Konservierungsmittel verzichtet werden?Viele Haut- und Haarreinigungsmittel, insbesondere die Seifen- und Syndetstücke, sind wegen ihres niedrigen Wasser- und ihres hohen Tensidgehalts auch ohne zusätzliche Konservierung keine attraktiven Nährböden für Mikroorganismen. Die kationenaktiven Tenside, die für die Herstellung von Shampoos verwendet werden, besitzen antimikrobielle Eigenschaften, ohne nach der Kosmetikverordnung als Konservierungsmittel zu gelten. Manche Gesichtspflegepräparate sind durch ihren Alkoholgehalt vor bakterieller Besiedlung geschützt.
Zu beachten ist hier allerdings, dass der Alkohol die Haut stark austrocknet und diese Produkte daher für empfindliche oder reife Haut nicht uneingeschränkt geeignet sind. Allgemein lässt sich festhalten, dass ein niedriger Wassergehalt und ein hoher Lipidgehalt die Gefahr einer bakteriellen Kontamination verringern. Während O/W-Emulsionen gute Nährböden für Bakterien und Pilze darstellen, kann man bei W/O-Emulsionen leichter auf eine Konservierung verzichten, wenn bestimmte andere Faktoren, wie geringer Keimgehalt der Rohstoffe, optimale Betriebshygiene von der Produktion bis zum Abfüllen und die Art der Verpackung berücksichtigt werden.
So ist beispielsweise bei der Entnahme einer Creme aus einer Tube oder einem Spender die Gefahr der Rekontamination wesentlich geringer als bei der Entnahme aus einem Tiegel. Durch intelligente Verpackungen ist es inzwischen sogar möglich, ganz auf Konservierungsmittel zu verzichten. Ähnlich wie bei Augentropfen gibt es Behältnisse, die verhindern, dass bei der Entnahme Luft zurück ins Behältnis strömt. So dringen auch keine Keime ein, die das Produkt verderben könnten.
Haben alle konservierten Produkte das gleiche allergene Potenzial? Die Sensibilisierungsfähigkeit eines Konservierungsmittels hängt unter anderem von der Konzentration und von der Dauer ab, mit der es einwirkt. Durch die Verwendung mehrerer Konservierungsstoffe in geringer Konzentration kann das Risiko einer allergischen Reaktion gesenkt werden. Durch die Kombination mehrerer Substanzen kann außerdem das Wirkungsspektrum erweitert werden. Produkte, die nur kurze Zeit auf der Haut bleiben (Rinse-off-Produkte), wie Shampoos, lösen seltener Allergien aus als Produkte, die auf der Haut bleiben (Leave-on-Produkte). Beim Auftragen auf geschädigte Haut ist die Gefahr einer Sensibilisierung erheblich größer als bei Kontakt mit intakter Haut.
Sind es immer die Konservierungsstoffe? Nein, nicht immer sind sie die Ursache dafür, dass ein Produkt nicht vertragen wird. Echte Allergien können auch durch Tenside, also beispielsweise Emulgatoren, ausgelöst werden. Auch sie haben einen amphiphilen Charakter und verhalten sich, wenn sie in die Zelle gelangen, ähnlich wie die Konservierungsmittel. Rötungen, Schwellungen und Pickelchen müssen aber gar nicht immer auf einer Allergie beruhen. Ist ein Pflegeprodukt nicht reichhaltig genug oder hat es keine ausreichenden wasserbindenden Eigenschaften, bleibt die Haut stellenweise ungeschützt und trocken. Sie kann spannen und sich röten. Ist das Produkt zu fett, können die Ausgänge der Talgdrüsen verschlossen werden und es kommt zum Talgstau und zu einem gewöhnlichen Pickel.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Apothekenkosmetik der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 18.
Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion