Ein Mann steht neben einem Schneidebrett voller Obst und Gemüse. Er hält ein Smartphone in der Hand.
Es ist nicht leicht, den Lebensstil umzustellen, auch wenn es der Gesundheit dient. Apps können dabei helfen. © monkeybusinessimages / iStock / Getty Images Plus

Digitale Gesundheitsanwendungen | Kritik

APP AUF REZEPT: HILFREICHES HELFERLEIN ODER TEURER ROHRKREPIERER?

Für beinahe alles gibt es eine App – auch für die Gesundheit. Seit Anfang Oktober sind die ersten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf dem Markt, die von den Krankenkassen erstattet werden. Mit der Einführung kamen jedoch auch kritische Stimmen.

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Seit das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) im Dezember 2019 in Kraft trat, gibt es Apps auf Rezept, seit Kurzem sind sie auch erstattungsfähig. Doch sie stoßen vor allem bei den Kassenärztlichen Vereinigungen auf Kritik, beispielsweise in Bezug auf Qualität und Datenschutz: Man befürchtet, dass die Apps hochsensible Gesundheitsdaten für kommerzielle Zwecke verwenden könnten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht in den neuen Apps vor allem in finanzieller Hinsicht ein Problem.

Enorme Kosten
Da die Hersteller der Apps im ersten Jahr die Preise einseitig festlegen, könnten erhebliche Kosten auf die gesetzlichen Krankenkassen zukommen. So belaufen sich beispielsweise die Kosten einer App gegen Angststörungen auf 476 Euro pro Patient und Quartal. In der Ärzteschaft sorgt auch der fehlende Wirkungsnachweis bei manchen DiGA für Verunsicherung – der muss erst innerhalb des ersten Jahres nach Markteinführung in Form von Studien vorgelegt werden.

Wer haftet bei Nebenwirkungen?
Genau das bemängelt der Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, Gebhard Hentschel: „Die Patienten werden damit zu Versuchskaninchen. Gleichzeitig haften wir als Psychotherapeuten für alle Nebenwirkungen, die solche Apps verursachen können.“ Hentschel hält den App-Einsatz für wenig attraktiv. Ärzte stehen allerdings den Apps durchaus offen gegenüber: 42 Prozent finden sie gut oder sehr gut. Das ergab eine Umfrage der BARMER.

Wir Psychotherapeuten haften für jede Nebenwirkung, die eine App verursacht.

Klares Pro: Lebensstil umstellen
Hilfreich scheinen die Apps vor allem bei einem Aspekt, den Ärzten und Patienten häufig vernachlässigen, der jedoch für einen Therapieerfolg bei chronischen Krankheiten unabdingbar ist: die Umstellung der Lebensumstände. So zählt beispielsweise die Gewichtsreduktion zu einer schwer überwindbaren Aufgabe, bei der auch der Arzt nur bedingt Hilfestellungen leisten kann. Eine der neuen DiGA setzt genau hier an: zanadio soll mithilfe von Inhalten der multimodalen, konservativen Adipositas-Therapie dabei helfen, langfristig Gewicht zu reduzieren.

Psychotherapie unterstützen
Einen wichtigen Beitrag können Apps auf Rezept auch im Bereich der Psychotherapie leisten. Hier muss der Patient sehr viel aktiver werden, um den eigenen Therapieverlauf zu beeinflussen. Wichtig bleibt jedoch: Eine App soll in keiner Weise eine Therapie ersetzen, sondern in die bestehende Therapie eingebunden werden, um diese zu unterstützen. Inwieweit die „Apps auf Rezept“ von Ärzten und Patienten angenommen werden, wird sich vermutlich erst in den kommenden Jahren zeigen, wenn ausreichende Studien und Anwendungsbeobachtungen vorliegen.

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Gesundheits-Apps kommen bald auf Rezept

Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin

Quelle: Deutsches Apothekenportal 

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