Im Vordergrund liegt ein Atembeutel mit Maske, im Hintergrund steht ein intensivmedizinisches Beatmungsgerät.
Erfolgt die Beatmung wegen des Coronavirus oder durch das Guillain-Barré-Syndrom? Dies müssen Intensivmediziner künftig genau abklären. © PatrikSlezak / iStock / Getty Images Plus

Corona | Folgeerkrankung

SARS-COV-2 KANN GEFÄHRLICHE NERVENSCHÄDIGUNG AUSLÖSEN

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine schwere Autoimmunreaktion, bei der Nerven geschädigt werden. Sie tritt meist in Folge von bestimmten Infektionen auf, nun ist sie auch im Zusammenhang mit Covid-19 beobachtet worden.

Seite 1/1 1 Minute

Seite 1/1 1 Minute

Ungefähr 75 Prozent aller Fälle von Guillain-Barré-Syndrom resultieren aus Infektionen, besonders durch den Campylobacter jejuni, der eine Darmentzündung verursacht, und bei Atemwegserkrankungen durch das Zytomegalievirus. Bei den Betroffenen greifen Autoantikörper in der Blutbahn die Baubestandteile für Nervenmembranen an. Dadurch werden die peripheren Nerven geschädigt. Ihre schützende Myelinscheide löst sich auf. Dies äußert sich durch Paresen, die zuerst die Beine lähmen, dann Arme und Gesicht, schließlich auch die Atemmuskulatur. Die Behandlung erfolgt mit Immunglobulinen oder Blutreinigungsverfahren.

Der erste Fall, in dem GBS im Zusammenspiel mit dem Coronavirus beobachtet wurde, ereignete sich in China. Eine 61-Jährige wurde wegen Beinparesen ins Krankenhaus aufgenommen, hatte zu diesem Zeitpunkt aber keine Atemwegsbeschwerden oder Fieber. In den folgenden Tagen breiteten die Lähmungen sich aus, sie erhielt intravenös Immunglobuline. Erst nach einer Woche entwickelte sie eine Lungenentzündung und wurde positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Zu diesem Zeitpunkt war noch unklar, ob beide Erkrankungen zufällig gleichzeitig aufgetreten waren oder ob sie sich gegenseitig verursacht haben könnten.

Mittlerweile wurden jedoch viele weitere Fälle beobachtet. Fünf von 1000 bis 1200 Covid-19-Patienten erlitten zusätzlich das Guillain-Barré-Syndrom, drei mussten beatmet werden. Ob das Coronavirus oder die Lähmungen die Beatmung erforderten, ist unklar. Auffällig ist, dass die Nervenerkrankung eigentlich erst zehn bis 40 Tage nach einem Infekt auftritt, beim Coronavirus jedoch schon nach fünf bis zehn Tagen.

Da auch die Beatmung in Folge von Covid-19 Nervenschädigungen verursachen kann, müssen Intensivmediziner künftig genau abklären, ob zusätzlich ein GBS vorliegt, um rechtzeitig mit der Immunglobulin-Therapie beginnen zu können. Umgekehrt müssen wegen des Infektionsrisikos alle Guillain-Barré-Erkrankten auf SARS-CoV-2 getestet werden.

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

×