Was ist am besten für die Kleinsten?
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01. September 2022
Welche Milch ist die beste für welches Baby? Denn es gibt auch bei uns durch EU-Richtlinien sehr strenge Auflagen für industriell gefertigte Säuglings-Anfangsnahrung und auch für Folgenahrung. Umgesetzt werden die EU-Richtlinien in Deutschland übrigens im Rahmen der Diätverordnung. Die jeweilige Sorte muss sich deutlich an den Abkürzungen und Ziffern auf dem Etikett erkennnen lassen:
PRE-Milch An der Vorsilbe „Pre“ erkennt man Säuglings-Anfangsnahrung. An diese sind sehr strenge Anforderungen gestellt, die in der Anlage 9 der Diätverordnung nachgelesen werden können. Hier werden die genauen Mindest- und Höchstmengen sowohl der energieliefernden Nährstoffe wie Proteine, Kohlenhydrate und Fette, als auch der nicht-energieliefernden Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe aufgelistet.
So ist bei Pre-Säuglingsnahrung nur Lactose (Milchzucker) als Kohlenhydrat zugelassen. Eine frühere Bezeichnung für Pre-Säuglings-Anfangsnahrung war „adaptiert“. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass diese aus Kuhmilch hergestellte Nahrung der Muttermilch angeglichen (adaptiert) wurde. Inzwischen handelt es sich dabei aber nicht mehr um einen offiziellen Ausdruck, da sich manche Anbieter damit statt auf die Kohlenhydrate auf die Angleichung der Proteine beziehen.
1er-Milch Diese Säuglings-Anfangsnahrung kann neben Lactose auch andere Kohlenhydrate enthalten. Zwar handelt es sich dabei meistens um Stärke oder Maltodextrine, aber theoretisch ist auch Saccharose zugelassen. Trotzdem ist es erlaubt, diese Milch Säuglingen ab dem Zeitpunkt der Geburt zu geben. Deshalb sollten Sie nur sehr zurückhaltend zu 1er-Milch raten und schauen, ob Saccharose enthalten ist. Früher wurden diese Produkte als „teiladaptiert“ bezeichnet.
Folgemilch Sie ist erst ab einem Alter von vier Monaten geeignet und enthält meistens deutlich mehr Kohlenhydrate, die sich von Hersteller zu Hersteller stark unterscheiden können. Meistens werden sie auf ihren Etiketten mit der Ziffer 2 bezeichnet.
HA-Spezialnahrung Besonders bei Säuglingen mit erhöhtem Allergierisiko ist es wichtig, dass die Mutter versucht, sie zu stillen. Falls dies aber nicht funktioniert, steht für diese Kinder hypoallergene Säuglingsnahrung zur Verfügung. Die Eiweißbausteine sind in die einzelnen Aminosäuren hydrolytisch gespalten worden, um das Allergiepotenzial gegen Milchproteine zu reduzieren.
Deshalb wird diese Säuglingsnahrung manchmal auch als Hydrolysat-Formula bezeichnet. Einzelne Aminosäuren haben aber gegenüber intakten Proteinen den Nachteil, dass sie etwas bitterer schmecken. Deshalb sollten Babys mit erhöhtem Allergierisiko nicht erst Flaschenmilch mit normaler Säuglingsnahrung erhalten, weil sonst die Gefahr besteht, dass sie danach die notwendige HA-Nahrung ablehnen.
Zwiemilchernährung Hierbei wird Muttermilch und Flaschenmilch kombiniert. Das kann erforderlich sein, wenn die Milchsekretion der Mutter zeitweise oder auf Dauer zu gering ist. Aber auch hier ist eine ausführliche, geduldige Beratung wichtig, denn beim Stillvorgang handelt es sich um ein System aus Angebot und Nachfrage, wie Sie als PKA es sonst aus dem Bereich der Wirtschaft kennen.
Wenn das Baby weniger Milch aus der Brust trinkt, entspricht dies im Körper der Mutter einer geringeren Nachfrage. Als Folge wird dann noch weniger Muttermilch nachproduziert. Oftmals kann es helfen, durch eine Milchpumpe mehr Nachfrage zu simulieren, wodurch im Körper der Mutter bald wieder genug Muttermilch zur Verfügung gestellt werden kann.
Sie als PKA können den Eltern die Handhabung von verschiedenen Milchpumpen erklären, von einfachen Handpumpen bis hin zu elektrischen Pumpen, die viele Apotheken mit oder ohne ärztliches Rezept gegen Gebühr und Kaution verleihen. Manche Eltern entscheiden sich aber auch bewusst und freiwillig für eine Zwiemilchernährung, da so das Baby einerseits viele Vorteile der Muttermilch erhält, andererseits der Vater oder andere Bezugspersonen schon früher stärker mit eingebunden werden können.
So können sich beispielsweise auch nachts andere Familienmitglieder unkomplizierter um den Nachwuchs kümmern, wodurch die junge Mutter öfter durchschlafen kann, was auch dem Baby und der ganzen Familie zu Gute kommt. Auch hier kann eine Milchpumpe dazu beitragen, eine höhere Nachfrage an Muttermilch zu simulieren. Unter hygienischen Bedingungen abgepumpte Muttermilch kann übrigens eingefroren und zu einem späteren Zeitpunkt dem Baby im Fläschchen verabreicht werden, nachdem sie langsam im Kühlschrank aufgetaut und vorsichtig auf Körpertemperatur gebracht wurde.
Was kommt nach der Milch? Auch wenn die WHO empfiehlt, Säuglinge sechs Monate voll zu stillen, kann bei gesunden Babys nach dem 4. Lebensmonat langsam mit dem Füttern der sogenannten Beikost begonnen werden. Spätestens nach dem 6. Lebensmonat reichen der Energieinhalt der Muttermilch und die Konzentration bestimmter Nährstoffe wie zum Beispiel Eisen nicht mehr als alleinige Nahrungsquelle aus.
Ab dem 5. Lebensmonat sind die meisten Babys auch in der Lage, kleine Mengen von einem Löffel zu sich zu nehmen. Für eine behutsame, schrittweise Eingewöhnung ab diesem Alter spricht, dass genug Zeit zum Üben vorhanden ist. Als erster Brei wird meistens ein reiner, ungesalzener und ungewürzter feinpürierter Gemüsebrei aus Zucchini oder Karotten empfohlen. Die Sorte sollte für einige Tage beibehalten werden, um die Verträglichkeit zu testen.
Dabei ist es oft günstiger, die Fütterungsversuche von anderen Familienmitgliedern als der Mutter vornehmen zu lassen, da diese vom Baby oft mit der Muttermilch assoziiert wird. Sind ältere Geschwister vorhanden, wollen Babys diesen oft nacheifern und auch selbst vom Löffel essen. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Geschwister einzubinden.
Allerdings ist auch eine entspannte Umgebungssituation von Vorteil, die mit mehreren Kindern am Tisch oft nicht gegeben ist. Außerdem sollte gewährleistet sein, dass das Baby auch wirklich etwas Hunger verspürt. Wenn es nach wenigen Löffeln zu ungeduldig wird, kann die Mahlzeit wie gewohnt mit Milch beendet werden.
Für die Ernährungsbedürfnisse eines Babys zählen nicht nur die messbaren Nährstoffe in der Nahrung, sondern, wie im ganzen Leben, auch die Art und Weise und die Umgebungssituation, in der Mahlzeiten genossen werden.
Hier finden Sie die komplette Fortbildung als PDF-Download.
Ute Kropp, Apothekerin/PKA-Lehrerin
Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.