Kinderwunschbehandlung
PTA-Fortbildung

Vom Kinderwunsch zum Wunschkind

Nicht immer tritt eine Schwangerschaft dann ein, wenn es dem Paar gerade am besten passt. Mal ist es zu früh, mal lässt das Wunschkind lange auf sich warten. Vielen Paaren, bei denen es nicht klappt, kann von pharmazeutischer und medizinischer Seite geholfen werden, doch irgendwann das eigene Baby in den Armen zu halten.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. August 2022

Wenn Abwarten und Sex nicht helfen Frauen mit unregelmäßigem Zyklus, Erkrankungen wie Endometriose oder PCOS oder starken Menstruationsschmerzen sollten das Thema Kinderwunsch frühzeitig bei ihrem Gynäkologen ansprechen, da einige Erkrankungen oftmals länger andauernde Behandlungen oder Operationen erfordern.

Auch Frauen um die 30, die seit mehr als einem Jahr versuchen, schwanger zu werden, und Frauen über 35, bei denen nach sechs Monaten ungeschütztem Verkehr keine Schwangerschaft eintrat, sollten das Gespräch mit dem Facharzt zeitnah suchen. Zum einen sinkt die Wahrscheinlichkeit mit jedem Lebensjahr und zum anderen ist die ungewollte Kinderlosigkeit für viele Paare eine enorme psychische Belastung. Sex nach Zeitplan und ständiges Warten darauf, dass die Regel ausbleibt, sorgen in vielen Beziehungen für Frustration und Enttäuschung.

Außerdem ziehen sich die ärztlichen Voruntersuchungen und eine möglicherweise erforderliche Kinderwunschbehandlung nicht selten über Monate bis Jahre, die einkalkuliert werden müssen. Doch das Durchhalten lohnt sich, denn deutlich mehr als die Hälfte der ungewollt kinderlosen Paare können durch medizinische Unterstützung doch noch ihr Wunschkind in den Armen halten. Die ersten Gespräche bei ungewollter Kinderlosigkeit werden in der Regel mit dem vertrauten Frauenarzt geführt.

Ovarielle Funktionsreserve Das Anti-Müller-Hormon (AMH) spielt eine wichtige Rolle zur Differenzierung der Geschlechter in der Embryonalentwicklung. In der achten bis zehnten Schwangerschaftswoche schütten die Vorläufer der Sertoli-Zellen im Hoden des männlichen Embryos das AMH aus. Dadurch bilden sich die paarigen Müllergänge zurück, während sie beim weiblichen Embryo (der kein Anti-Müller-Hormon ausschüttet) erhalten bleiben.
Sie entwickeln sich zu Gebärmutter, Eileiter und Vagina.

Erst in der Pubertät bildet sich das Anti-Müller-Hormon bei Frauen in den Granulosazellen der heranwachsenden Follikel der Eierstöcke. Dieser AMH-Wert – den man im Blut messen kann – hat eine wichtige Bedeutung in der Reproduktionsmedizin: Er ist ein Marker für die Eizellreserve in den Eierstöcken und kann im Rahmen einer künstlichen Befruchtung hilfreich sein, um die ovarielle Stimulationsdosis festzulegen. Bei Frauen, die sehr viele kleine Follikel aufweisen (z. B. beim PCO-Syndrom), ist der AMH-Wert typischerweise sehr hoch.

Er wird die notwendigen gynäkologischen Untersuchungen wie Hormonspiegelbestimmungen (LH, FSH, Androgene, Estradiol, Progesteron, Prolaktin, Anti-Müller-Hormon, Schilddrüsenwerte) einleiten. Mit einem gynäkologischen Abstrich und Blutuntersuchungen lassen sich Infektionserkrankungen (Hepatitis B, C, HIV, HPV) erkennen. Zusätzlich kann die Tubendurchgängigkeit mittels transvaginalem Ultraschall geprüft werden.

Bei Frauen mit vorausgegangener Eileiterschwangerschaft, mit früheren Entzündungen, chronischen Unterbauchschmerzen, Verdacht auf Endometriose oder mit positiven Chlamydien-Antikörper-Tests findet in der Regel eine Bauchspiegelung statt, bei der gleichzeitig kleinere Anomalien behoben werden können. Parallel wird auch der Mann beim Urologen oder Andrologen untersucht.

Organische Ursachen, wie verschlossene Samenleiter, Krampfadern im Hodensack (Varikozelen), genetisch bedingte Erkrankungen oder Vorerkrankungen wie Mumps sowie hormonelle Dysbalancen (Testosteron, FSH, LH, Prolaktin, TSH) müssen abgeklärt werden. Ein Spermiogramm gibt Aufschluss über die Anzahl, die Beweglichkeit und die Morphologie, also das Aussehen und die Größe, der Spermien. Da die Qualität des Spermas deutlichen Schwankungen unterliegt, beispielsweise nach einem grippalen Infekt, ist es ratsam, zwei oder mehr Untersuchungen jeweils im Abstand von mindestens etwa zehn bis zwölf Wochen durchzuführen.

Kinderwunschbehandlung in Deutschland Sind diese Untersuchungen abgeschlossen, kann sich das Paar an einen Spezialisten einer Kinderwunschpraxis wenden. Hier arbeiten Reproduktionsmediziner, die sich auf die Diagnostik und Therapie von Sterilität und auf Kinderwunschbehandlungen spezialisiert haben. In der Regel sind es Gynäkologen mit einer zusätzlichen Qualifikation auf dem Gebiet der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Je nach medizinischem Befund, den das Paar den Ärzten vorlegt, und nach den Untersuchungen, die in der Kinderwunschpraxis noch ergänzend durchgeführt wurden, kann der Arzt zur alleinigen ovariellen Stimulationsbehandlung, Intrauterinen Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF) oder Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) raten.

Mutter werden, wann frau es will! Immer mehr Frauen wollen nicht dann Mutter werden, wenn es ihnen die biologische Uhr vorgibt. Social Freezing bietet die Möglichkeit, auch jenseits der 40 schwanger zu werden – und das ohne die Risiken, die eine späte Schwangerschaft mit sich bringt. Unter Social Freezing versteht man das Einfrieren von Eizellen aus nicht medizinischen Gründen.

Also dann, wenn eine Frau das Mutterwerden auf einen späteren Zeitpunkt verschieben möchte, zum Beispiel, weil sie aktuell nicht den passenden Partner hat, aber befürchtet, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt altersbedingt geringere Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft hat. Hierbei werden Frauen – in möglichst jungem Alter – hormonell stimuliert, damit möglichst viele Eizellen heranreifen.

Nach dem Eisprung und der Follikelpunktion werden die Eizellen entnommen und kryokonserviert, also innerhalb von Sekunden mit Stickstoff auf -196 Grad Celsius gekühlt (Vitrifikation). Um später eine Chance auf eine Schwangerschaft zu haben, werden auf diese Weise 20 bis 30 Eizellen kryokonserviert. Das bedeutet für die Frau meist mehrere Stimulationszyklen.

Die Intrauterinale Insemination (IUI) Bei der sogenannten Intrauterinen Insemination bekommt die Patientin am Tage des Eisprungs eine aufbereitete Spermienprobe ihres Partners oder eines Samenspenders in die Gebärmutter eingeführt. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft, da die Spermien sich nicht nur näher am Ort des Eisprungs befinden, sondern von der Gebärmutter durch deren Kontraktionen zur Eizelle transportiert werden.

Weiterhin verbessert die Vorbehandlung des Spermas die Beweglichkeit und Dichte der Spermien meist. Neben der homologen Insemination mit den Spermien des Partners gibt es auch die heterologe (donogene) Insemination. Hier kommt die männliche Keimzelle von einem Samenspender.

Die IUI kann in einem spontanen (unstimulierten) oder in einem hormonell stimulierten Zyklus erfolgen. Dazu können oral Clomifen, ein selektiver Östrogenrezeptormodulator (SERM), oder subkutan Gonadotropine (FSH) eingesetzt werden, beispielsweise Follitropin alfa, beta, delta oder humanes Menopausen-Gonadotropin (hMG). Anschließend wird der Eisprung hormonell (meist mit hCG) ausgelöst. Hierdurch erhöhen sich die Chancen der Befruchtung.

Die In-vitro-Fertilisation (IVF) Sie ist eine der beiden gängigen Methoden der sogenannten künstlichen Befruchtung. Sie findet außerhalb des weiblichen Körpers, also „im Reagenzglas“ statt, zum Beispiel bei einem Eileiterverschluss oder bei Endometriose. Dafür werden die Eizellen kurz vor dem Eisprung (Ovulation) durch eine transvaginale Punktion direkt aus dem Eierstock entnommen und mit dem aufbereiteten Sperma in einem Reagenzglas zusammengefügt. Es kommt dabei zu einer spontanen Befruchtung der Eizelle durch die beweglichen Spermien.

Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) Diese Methode – auch als erweiterte IVF bezeichnet – wird hauptsächlich dann angewendet, wenn die Spermien entweder nicht ausreichend beweglich (motil) sind, in sehr geringer Zahl im Ejakulat vorliegen oder wenn Antikörper gegen die Spermien vorliegen. Weitere Gründe können eine frühere Vasektomie, ansteckende Geschlechtskrankheiten wie HIV oder eine vorangegangene Chemotherapie sein.

Bei ICSI wird nur eine einzelne aus dem Ejakulat gewonnene Spermienzelle unter dem Mikroskop in die Eizelle injiziert. Dadurch steigt die Chance einer Befruchtung bei zu wenigen oder nicht voll funktionsfähigen Spermien und auch bei einer verringerten Eizellenqualität. Auch hier werden die entstandenen Embryonen zunächst bebrütet und dann eingesetzt.

Lassen sich im Ejakulat mehrfach keine Spermien finden (Azoospermie), beispielsweise bei einem Verschluss der ableitenden Samenwege oder nach einer Sterilisation, ist die Testikuläre Spermienextraktion mit ICSI (TESE-ICSI) eine Option. Hierbei geht man vor wie bei ICSI, die Spermien werden jedoch durch eine Hodenbiopsie gewonnen. Auch aus den Nebenhoden können Spermatozoen gewonnen werden: durch eine Mikrochirurgische Epididymale Spermatozoenaspiration (MESA) beziehungsweise eine Perkutane epididymale Spermienaspiration (PESA).

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