Tierarzneimittel
PKA-Fortbildung

Tierarzneimittel in der Apotheke bestellen, beliefern und dokumentieren

Geht es Ihnen auch so? Bei der Bestellung von Tierarzneimitteln geht Ihnen zuerst durch den Kopf, dass Sie noch mehr dokumentieren müssen als sonst. Was genau gilt für die Dokumentation von Tierarzneimitteln, können Tiere Menschen-Medizin nehmen, und brauchen Tierhalter für jedes Mittel ein Rezept?

6 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2023

Vielen PTA mangelt es an Routine im Umgang mit Tierarzneimitteln. Das liegt daran, dass die meisten Apotheken längst nicht so viele Veterinärarzneimittel wie Humanarzneimittel bestellen oder vorrätig halten.

Ein Grund hierfür ist, dass Tierärzte im Gegensatz zu Humanmedizinern nicht nur Arzneimittel auf Rezept verordnen, sondern aufgrund ihres Dispensierrechtes auch aus ihrer tierärztlichen Hausapotheke direkt dem Halter mitgeben und in Rechnung stellen dürfen.

Dies ist zwar nur für Tiere erlaubt, die von ihnen persönlich behandelt werden, dennoch landen bei vielen öffentlichen Apotheken eher wenige Rezepte aus der Tierarztpraxis.

Lernziele

In dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung lernen Sie unter anderem,
+ bei welchen Tierarzneimitteln besondere Dokumentationsvorschriften gelten,
+ welche Tierarzneimittel ohne Dokumentation erworben und abgegeben werden können und
+ wie es sich mit Tiernahrung verhält.

Was muss dokumentiert werden?

Sowohl der Erwerb als auch die Abgabe rezeptpflichtiger Tierarzneimittel müssen chronologisch, also in zeitlich geordneter Reihenfolge sortiert, für mindestens fünf Jahre dokumentiert werden. Ein Blick in die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zeigt, was genau dabei zu dokumentieren ist.

Für den Erwerb rezeptpflichtiger Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren sind das die zeitlich geordneten Lieferscheine, Rechnungen oder Warenbegleitscheine, aus denen folgende Punkte hervorgegen:

  • Name und Anschrift des Lieferanten
  • Bezeichnung des Tierarzneimittels
  • Chargenbezeichnung
  • Menge
  • Datum des Erwerbs

Für die Abgabe sind das die zeitlich geordneten Kopien der Rezepte mit Aufzeichnungen über:

  • Name und Anschrift des Empfängers, wobei auch die Art des Tieres daraus hervorgehen muss
  • Name und Anschrift des verschreibenden Tierarztes
  • Bezeichnung des Tierarzneimittels
  • Chargenbezeichnung
  • Menge
  • Datum der Abgabe

Die Dokumentationspflichten für rezeptpflichtige Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren sind somit höher als bei Menschen. Das verwundert im ersten Moment. Es liegt daran, dass es bei der Gesetzgebung nicht nur um ein hohes Schutzniveau für die Tiergesundheit und den Tierschutz geht, sondern auch um den Umweltschutz und die öffentliche Gesundheit.

Ein wichtiger Punkt ist dabei, die Anzahl der unnötigen Antibiotikaverordnungen so weit wie möglich zu reduzieren, um die zunehmenden Resistenzen von krankmachenden Bakterien in den Griff zu bekommen. Das wiederum schützt auch die Gesundheit der Menschen.

In diesem Sinne macht auch die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AmVV) zusätzliche Vorschriften für Tierarzneimittelrezepte. Sie müssen neben der Dosierung pro Tier und Tag auch Angaben über die Dauer der Anwendung enthalten.

Umwidmung von Humanarzeimitteln

Warum ist in dieser Fortbildung nicht einfach von rezeptpflichtigen Tierarzneimitteln die Rede, sondern vom etwas umständlichen Ausdruck „rezeptpflichtige Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren“? Das liegt daran, dass damit nicht nur extra für Tiere hergestellte rezeptpflichtige Arzneimittel gemeint sind. Sondern auch primär für Menschen bestimmte rezeptpflichtige Arzneimittel, die von einem Tierarzt für ein Tier verschrieben werden. Man spricht dann von Umwidmung.

Das macht manchmal durchaus Sinn, denn es lohnt sich für viele pharmazeutische Hersteller finanziell nicht, eine gesonderte Zulassung beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu beantragen. Ohne diese Möglichkeit würden den betroffenen Tieren viele Arzneimittel vorenthalten werden müssen.

Humanarzneimittel für Tiere werden anders taxiert

Allerdings gelten laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) in diesen Fällen andere Regeln für die Preisberechnung, die nicht in jedem Warenwirtschaftssystem eingepflegt sind: Zum Apothekeneinkaufspreis (EK) werden drei Prozent addiert zuzüglich 8,10 Euro sowie die reguläre Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Sie können den Verkaufspreis nach folgender Formel berechnen:

(EK x 1,03 + 8,10 €) x 1,19 = VK brutto

Ein Beispiel: Ein rezeptpflichtiges Humanarzneimittel kostet im Apotheken-EK 2 Euro.

(2,00 € x 1,03 + 8,10 €) x 1,19
= (2,06 € + 8,10 €) x 1,19
= 10,16 € x 1,19
= 11,35 €

Es entfallen somit im Vergleich zur üblichen Berechnung zur Abgabe an Menschen die 21 Cent für den Notdienstfond und die 20 Cent zur Finanzierung der 2022 neu eingeführten pharmazeutischen Dienstleitungen. Die 8,10 Euro entsprechen dem Vorgängerbetrag der bekannten 8,35 Euro.

Vielleicht denken Sie jetzt, dass der Unterschied der VK-Beträge nicht groß ist und es dafür zu viel Mühe macht, den korrekten VK auszurechnen. Es muss dennoch gemacht werden, denn es handelt sich bei dieser Preisberechnung um eine gesetzliche Verordnung und keine kaufmännische Kalkulation.

Außerdem hinterlässt die Apotheke bei den Tierbesitzern einen schlechten Eindruck, wenn diese das Arzneimittel beim nächsten Mal direkt beim Tierarzt oder in einer anderen Apotheke erwerben könnten und es dort etwas weniger kostet.

Medikamente für ein Tier ohne Rezept?

Vielleicht sind Sie in letzter Zeit öfter gefragt worden, ob Sie nicht eine Ausnahme machen könnten und ein dem Hundebesitzer bereits bekanntes Arzneimittel ausnahmsweise ohne Rezept abgeben können? Das ist aus den genannten Gründen natürlich auf keinen Fall erlaubt, die Frage kann aber wegen der seit Ende 2022 geänderten Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) durchaus öfter vorkommen.

Seitdem ist auch die Ausstellung eines Rezeptes teurer geworden, nach 18 Uhr, am Wochenende und an Sonn- und Feiertagen wird der 2- bis 4-fache Satz erhoben. Hinzu kommt die Notdienstgebühr von 50 Euro, die 20-mal höher als in der Apotheke ist. Da es sich um eine gesetzliche Verordnung handelt, muss sich der Tierarzt an diese Verordnung halten, der einfache Satz darf deshalb nicht unterschritten werden. 

Einen erhöhten Satz muss der Tierarzt zwar vorab dem Tierhalter ankündigen und erklären, aber gerade samstags ist es naheliegend, dass Kunden zuerst in ihrer Apotheke nachfragen, ob sie diese zusätzliche Gebühr in Zeiten noch immer hoher Inflationsraten umgehen können.

Was hat es mit der Wartezeit auf sich?

Noch strenger sind die rechtlichen Dokumentationsvorgaben, wenn es sich um Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren handelt, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. Diese Arzneimittel dürfen nur abgegeben werden, wenn das Rezept in zweifacher Ausfertigung vorgelegt wird. Es reicht also nicht, wenn Sie sich in der Apotheke eine Kopie anfertigen.

In diesen Fällen sind die Anforderungen noch höher, denn diese Arzneimittel könnten bei unsachgemäßem Gebrauch leicht in die Nahrungskette gelangen. Für die Arzneimittelauswahl sind nur Wirkstoffe möglich, die auf einer von der Europäischen Union genehmigten Liste der von ihr zugelassenen Wirkstoffe stehen.

Auf diesen Rezepten muss zusätzlich zur Dosierung pro Tier und Tag und der Dauer der Anwendung auch die Indikation und die Wartezeit angegeben werden. Unter der Wartezeit versteht man den bestimmten Zeitraum zwischen der letzten Gabe eines jeweiligen Arzneimittels und einer möglichen Schlachtung.

Nur so kann gewährleistet werden, dass das verordnete Arzneimittel ausreichend Zeit hat, im Körper des Tieres wieder abgebaut zu werden und keine Rückstände im Nahrungsmittel und damit im Menschen zu landen. Die Länge der Wartezeit wurde im Rahmen des Zulassungsverfahrens vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geprüft.

Auch Besitzer von Lebensmittel-Tieren müssen dokumentieren

Die Dokumentationspflicht gilt in diesem Fall übrigens nicht nur für die Apotheke, sondern auch für den Tierhalter. Bestimmt fragen Sie sich, welche Tiere eigentlich zur Lebensmittelgewinnung dienen? Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang die Tierart. Gehört ein Tier zu einer Tierart, die wie Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen, Hühner, Bienen und auch einige Fische grundsätzlich der Lebensmittelgewinnung dienen können, so gehört das jeweilige Tier in diese Kategorie, auch wenn sein jeweiliger Besitzer es nie schlachten würde.

Nur für als Heimtiere gehaltene Kaninchen, Brieftauben, Pferde und Esel sowie deren Kreuzungen gibt es gesetzliche Ausnahmen. Pferde- und Eselbesitzer können in einem sogenannten Equidenpass eintragen lassen, dass ihr jeweiliges Tier nicht der Lebensmittelgewinnung dient. Diese Entscheidung ist dann für das jeweilige Tier lebenslang gültig, auch bei einem Besitzerwechsel.

×