Pilzinfektionen
PTA-Fortbildung

Pilzinfektionen heilen nie von allein aus

Ob Fuß-, Nagel- oder Scheidenpilz: Mykosen gehören in Apotheken zum Beratungsalltag. Dennoch kursieren einige Mythen, die im Zweifel eher schaden als nützen. In dieser Fortbildung finden Sie geballtes Hintergrund- und Beratungswissen.

22 Minuten

Nur wenige Pilzarten lösen beim Menschen Infektionskrankheiten aus. Als Erreger für Hautmykosen kommen im Wesentlichen drei verschiedene Pilzarten in Betracht. Sie werden nach dem DHS-System in Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze eingeteilt.

Dermatophyten

Dermatophyten sind Fadenpilze, die aus fadenartigen Zellen, den Hyphen, zusammengesetzt sind. Alle Dermatophyten ernähren sich von Hornsubstanz (Keratin), die sie mithilfe des Enzyms Keratinase abbauen. Daher finden sich die Erreger in verhornten Körperbereichen wie in der Haut, den Haaren und Nägeln. In den Schleimhäuten fehlen sie, da dort kein Keratin vorhanden ist. Die durch Dermatophyten ausgelösten Infektionen werden als Tinea bezeichnet.

Innerhalb der Dermatophyten werden die drei Gattungen

  • Epidermophyton (E),
  • Microsporum (M) und
  • Trichophyton (T)

unterschieden, die nach ihrem natürlichen Vorkommen wiederum drei Gruppen zugeordnet sind: zoophile, geophile und anthropophile Dermatophyten. Reservoir der zoophilen Dermatophyten ist das Fell verschiedener Tiere. Beispielsweise hält sich T. mentagrophytes auf Haustieren auf und kann beim Kuscheln mit den Tieren auf den Menschen übertragen werden. Geophile Dermatophyten wie M. gypseum leben im Erdboden und führen vor allem bei Gärtnern zu Mykosen. Für anthropophile Dermatophyten ist der Mensch das Reservoir. Ihre Übertragung ist direkt von Mensch zu Mensch und indirekt über Gegenstände möglich, da die Sporen dieser Pilze äußerst umweltresistent sind.

Da sich anthropophile Dermatophyten vor allem dort wohl fühlen, wo es warm, feucht und dunkel ist, befallen sie insbesondere die Füße und die Zehnzwischenräume, ebenso werden Hautfalten (z. B. in der Leiste, in der Achselhöhle, unter der weiblichen Brust) als Aufenthaltsort bevorzugt. Der wichtigste Vertreter der anthropophilen Dermatophyten ist T. rubrum. Er löst bis zu 90 Prozent aller Pilzerkrankungen von Haut und Nägeln aus, die als Dermatophytosen bezeichnet werden. Typisches Krankheitsbild ist der Fußpilz (Tinea pedis), der meist zwischen den Zehen lokalisiert ist (Tinea pedis interdigitalis). Greift er auf die Nägel über, spricht man von einer Tinea unguium oder einer Onychomykose. Bei dieser spielen auch T. mentagrophytes und seltener Candida-Arten eine Rolle.

Eine andere häufige Lokalisation ist die behaarte Kopfhaut, die fast nur bei Kindern auftritt und als Ringelflechte der behaarten Kopfhaut, Tinea capitis, bezeichnet wird. Ebenso ist ein Pilzbefall der behaarten Gesichtshaut (vor allem beim Mann) möglich, die zur Bartflechte, der Tinea barbae, führt. Häufigste Erreger sind M. canis und T. mentagrophytes. Seltener wird E. floccosum isoliert, der sich vorzugsweise in Hautfalten aufhält und eine Leistenflechte, die Tinea inguinalis, auslöst.

Hefepilze

Hefepilze zählen zu den Sprossenpilzen, da sie sich zumeist durch Sprossung vermehren. Hefepilze sind natürlicher Bestandteil des Mikrobioms einer gesunden Haut und nichtsterilen Schleimhäuten der Mundhöhle, des Magen-Darm-Trakts sowie der Vagina. Erst wenn die Abwehrkräfte des Körpers beeinträchtigt sind (z. B. durch die Einnahmen von Antibiotika, Corticosteroiden oder Immunsuppressiva) oder bestimmte Bedingungen herrschen (z. B. wenn enge, synthetische Unterwäsche getragen wird), vermehren sie sich und führen zu Beschwerden. 

Bekannteste Vertreter der Hefen sind diverse Candida (C)-Arten, von denen C. albicans mit 70 Prozent die meisten Infektionen verursacht. Ebenso sind C. glabrata und C. krusei verbreitet. Die durch sie ausgelösten Mykosen (Candidosen) kommen vorwiegend auf feuchten Hautbereichen sowie Schleimhäuten vor.

Die Beschwerden der Candidose variieren je nach Lokalisation der Infektion. Sie manifestieren sich als

  • Ausschlag,
  • Schuppenbildung,
  • Juckreiz
  • und/oder Schwellungen.

Typische Candidosen sind lokale Infektionen in der Mundhöhle (Soor), in der Vagina (Vaginalpilz) oder am Darmausgang (Windeldermatitis). Ebenso ist eine systemische Manifestation an verschiedensten Organen möglich, die unter Umständen zu einer lebensbedrohlichen Candida-Blutvergiftung (Sepsis) führt. Systemische Candidosen treten vor allem bei immunsupprimierten Personen (z. B. Krebspatienten) auf.

Weitere humanpathogene Hefen, die tödliche Infektionen auslösen, sind die Cryptococcus (C)-Arten. Beispielsweise ist C. neoformans, der vor allem im Vogelkot von Tauben vorkommt, bei immunsupprimierten Patienten Verursacher lebensbedrohlicher Lungenentzündungen (Pneumonien) und Gehirnhautentzündungen (Meningitiden).

Ebenso verursacht C. gatti gefährliche Systemmykosen der Lunge. Eine oberflächliche und harmlose Mykose ist dagegen die Pityriasis versicolor, die Kleienflechte. Sie wird durch den Hefepilz Malassezia furfur auf gesunder Haut talgdrüsenreicher Areale hervorgerufen, da der Hefepilz Lipide benötigt. Die Infektion ist relativ häufig, insbesondere bei jungen Erwachsenen.

Schimmelpilze

Schimmelpilze lösen selten Mykosen der Haut aus. Sie stellen aber ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, da sie lebensbedrohliche Systemmykosen verursachen können. Die größte Rolle spielen Aspergillus (A)-Arten, wobei am häufigsten A. fumigatus isoliert wird.

Die Aspergillus-Art kommt ubiquitär auf toter organischer Materie vor, beispielsweise auf Baustellen im Baustaub oder generell in der Luft. Prinzipiell gilt der Schimmelpilz als harmloser Anflugkeim, den jeder gesunde Mensch natürlicherweise einatmet, ohne sich damit zu infizieren. Erst bei einer ausgedehnten Gewebeschädigung oder Immunsuppression (z. B. Steroidmedikation) wird er zur gesundheitlichen Bedrohung. Ebenso sind Vorerkrankungen wie beispielsweise

  • COPD,
  • Influenza-Infektion oder
  • Leberzirrhose

häufige Risikofaktoren, die Aspergillus-Pneumonien oder invasive Aspergillosen begünstigen. Invasive Pilzinfektionen sind bei Patienten auf der Intensivstation mit hohen Mortalitätsraten (70 bis 80 Prozent) verbunden, da nur wenige antimykotische Therapieoptionen existieren. Daneben stellen die Sporen von A. fumigatus wichtige Allergene dar. Ebenso kann A. flavus gefährlich werden. Der Schimmelpilz findet sich in und auf feuchten, schimmeligen Lebensmitteln, vor allem auf Erdnüssen und Getreide.

A. flavus produziert unter anderem das Aflatoxin B1, das in der Leber akkumulieren kann und dort aufgrund seiner kanzerogenen Eigenschaften zu Leberzellkarzinomen führt. Zudem kann der Pilz ähnliche Krankheitsbilder wie A. fumigatus auslösen und auch wie dieser eine allergische Aspergillose verursachen.

Häufige Beratungsthemen in der Apotheke

Pilzinfektionen heilen nicht einfach so, sondern erfordern immer eine Therapie. Kunden fragen häufig nach Therapieoptionen gegen Fuß- und Nagelpilz sowie gegen Vaginalmykosen. Aber auch Mundsoor, die Windeldermatitis und die Kleienflechte sind Hautmykosen, die im Apothekenalltag eine Rolle spielen.

Während sich die Windeldermatitis, Fußpilz und die Vaginalmykose in der Regel mit rezeptfreien Mitteln zuverlässig therapieren lassen, sind bei einer ausgeprägten Nagelpilzinfektion die Grenzen der Selbstmedikation häufig schnell erreicht. Die Kunden sind an den Hausarzt oder Dermatologen zu verweisen, der eine weitere Behandlung mit verschreibungspflichtigen Therapeutika einleitet.

Zudem kann eine Abgrenzung zu ähnlichen Krankheitsbildern (z. B. Nagelpsoriasis) notwendig sein, die nur durch eine Untersuchung beim Arzt eindeutig möglich ist. Eine ärztliche Diagnose ist sicherheitshalber auch beim Vorliegen einer Kleienflechte, bei Mundsoor oder rezidivierenden Vaginalinfektionen einzuholen. Auch hier bestehen Verwechselungsmöglichkeiten. Zudem hat der Arzt die Möglichkeit, das Therapiespektrum zu erweitern, indem er auf Therapeutika zurückgreift, die ein Rezept erfordern.

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