Hilfe bei Schmerzen
21 Minuten
- 1Schmerz und Schmerzmittel
- 2WHO-Stufenschema
- 3Nicht-opioide Analgetika
- 4Opioide allgemein
- 5Schwach und stark wirksame Opioide
- 6Schmerzpflaster
- 7Das BtM-Rezept
- 8Lernerfolgskontrolle
01. Januar 2025
Schmerzmittel oder Analgetika zählen seit Jahrzehnten zu den meistverkauften Arzneimitteln in der Apotheke. Im Apothekenalltag spielen vor allem nicht-steroidale Antirheumatika, kurz NSAR, eine große Rolle. NSAR gehören zur Gruppe der nicht-opioiden Analgetika, also zu den Substanzen, die nicht am Opioid-Rezeptor angreifen.
NSAR wirken über eine Hemmung der Cyclooxygenase (COX) schmerzstillend (analgetisch), fiebersenkend (antipyretisch) und entzündungshemmend (antiphlogistisch). Aufgrund der antiphlogistischen Wirkkomponente werden NSAR insbesondere bei rheumatischen, entzündlichen Prozessen verwendet. Daher rührt auch ihre Bezeichnung als nicht-steroidale Antirheumatika. Das breite Wirkspektrum erlaubt eine Behandlung vieler Schmerzformen.
Starke und sehr starke Schmerzen kupieren NSAR allerdings häufig nicht ausreichend.
Dann werden Opioid-Analgetika notwendig, ebenso bei operativen Eingriffen. Opioid-Analgetika entfalten ihre Wirkung über Opioidrezeptoren, die sich auf peripherer und zentraler Ebene finden. Alle Opioide sind verschreibungspflichtig, einige der Substanzen erfordern sogar ein Betäubungsmittel (BtM)-Rezept.
Lernziele
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem
- den Unterschied zwischen nicht-opioiden und Opioid-Analgetika kennen,
- worum es sich beim WHO-Stufenschema handelt,
- wie das WHO-Stufenschema angewendet wird,
- Wirkprofile verschiedener NSAR und Opioide kennen,
- bei welchen Schmerzarten eine Opioid-Therapie angebracht ist,
- wie eine sachgerechte Opioid-Therapie erfolgt,
- was bei der Verwendung von Schmerzpflastern zu beachten ist,
- worauf bei der Abgabe eines BtM-Rezeptes geachtet werden muss.
Arten des Schmerzes
Schmerzreize werden an entsprechenden Körperstellen von Schmerzrezeptoren, den Nozizeptoren, aufgenommen. Die Nozizeptoren leiten den Reiz in Form elektrischer Impulse (Aktionspotenziale) in wenigen Millisekunden über aufsteigende (afferente) Nervenfasern über das Hinterhorn des Rückenmarks zum zentralen Nervensystem weiter.
Nozizeptoren finden sich im gesamten Organismus außer im Gehirn und Rückenmark. Sie reagieren auf
- thermische (Hitze, Kälte),
- mechanische (Stich, Schnitt, Quetschung) und
- chemische Reize (pH-Wert-Änderungen).
Der durch sie ausgelöste Schmerz wird als nozizeptiver Schmerz bezeichnet. Er wird abhängig von der Stelle im Körper in einen somatischen und viszeralen Schmerz weiter unterteilt.
- Der viszerale Schmerz (Eingeweideschmerz) geht von inneren Organen aus. Er hat einen dumpfen Charakter und ist schlecht zu lokalisieren.
- Kommt die schmerzauslösende Ursache von Haut, Bindegewebe, Knochen, Gelenken oder Muskeln, spricht man von einem somatischen Schmerz. Dieser lässt sich weiter in einen gut lokalisierbaren, hellen Oberflächenschmerz und einen dumpfen, in die Umgebung ausstrahlenden Tiefenschmerz differenzieren.
Neben nozizeptiven Schmerzen existieren auch neuropathische Schmerzen, die durch Schädigung des Nervensystems entstehen. Dabei sind verschiedene Auslöser (z. B. virale Infektion, Autoimmunerkrankung, Nervenabriss) möglich. Zu den typischen neuropathischen Schmerzen zählen beispielsweise die Post-Zoster-Neuralgie, die diabetische Polyneuropathie oder der Phantomschmerz.
Anders als bei nozizeptiven Schmerzen erfolgt keine Stimulation der Nozizeptoren, sondern es wird eine unphysiologische Erregung an der Läsionsstelle ausgelöst. Charakteristisch sind anfallsartige, einschießende starke Schmerzen, die häufig als brennend, stechend oder auch elektrisierend beschrieben werden.
Die Unterteilung in nozizeptive und neuropathische Schmerzen ist wichtig. Denn neuropathische Schmerzen erfordern neben Analgetika noch Mittel aus anderen Wirkstoffklassen, etwa Antiepileptika oder Antidepressiva.
Schmerzen adäquat bekämpfen
Ein wichtiges Behandlungsprinzip beim Einsatz von Analgetika ist
- die rechtzeitige Gabe
- einer ausreichend hohen Dosierung
- eines richtig ausgewählten Schmerzmittels.
Wird dieser Grundsatz befolgt, lassen sich akute Schmerzen in der Regel vollständig ausschalten. Zudem wird durch eine schnelle und adäquate Schmerzbekämpfung die Gefahr verringert, dass sich der Schmerz verselbstständigt und chronifiziert.
Sich ständig wiederholende Schmerzreize führen hingegen zu einer dauerhaften Veränderung der beteiligten Nervenfasern und damit zu chronischen Schmerzen – ein Schmerzgedächtnis entsteht. Dabei sinkt die Erregungsschwelle der Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren). Sie werden überempfindlich und lösen selbst bei harmlosen Reizen Schmerzimpulse aus. Neben diesen peripheren Sensitivierungsvorgängen kann es auch durch Veränderungen auf Rückenmarksebene zu einer zentralen Sensibilisierung kommen.
Für die Praxis bedeutet das: Wenn sich bei stärker werdenden Schmerzen bei zulässiger Höchstdosis des gewählten Schmerzmittels keine ausreichende Schmerzreduktion mehr erzielen lässt, sollte immer ein frühzeitiger Wechsel auf ein stärker wirksames Analgetikum erfolgen.