Schmerzmittel
PTA-Fortbildung

Hilfe bei Schmerzen

Bei Schmerzmitteln kann man grob zwischen nicht-opioiden Analgetika und Opioid-Analgetika unterscheiden. Wir stellen typische Vertreter und die Unterschiede sowie die Anwendungsgebiete beider Substanzgruppen vor – ein Update.

21 Minuten

Die erste Stufe des WHO-Stufenschemas zur Schmerztherapie sieht nicht-opioide Analgetika vor, um leichte Schmerzen zu behandeln.

Erste Stufe – nicht-opioide Analgetika

Die meisten nicht-opioden Analgetika stillen Schmerz, indem sie die Cyclooxygenase (COX) hemmen. COX ist ein Enzym, das die Synthese der Prostaglandine aus Arachidonsäure und anderen ungesättigten C20-Fettsäuren katalysiert. Das Enzym besteht aus den Isoenzymen COX-1 und COX-2.

  • COX-1 bildet überwiegend solche Prostaglandine, die physiologische Effekte wie den Schutz der Magenschleimhaut und die Plättchenaggregation vermitteln.
  • COX-2 entsteht vor allem bei Verletzungen und Entzündungen. Sie katalysiert die Bildung von Prostaglandinen, die Schmerzrezeptoren sensibilisieren und so an der Schmerzentstehung beteiligt sind.

Für die analgetische und antiphlogistische Wirkung ist damit immer die Hemmung der COX-2 notwendig. Nebenwirkungen wie eine erhöhte Anfälligkeit für Blutungen und Geschwüre im Magen sowie eine gesteigerte Blutungsgefahr erklären sich vor allem durch die Blockade der COX-1.

NSAR wie ASS, Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen hemmen sowohl COX-1 als auch COX-2, allerdings in unterschiedlich starkem Ausmaß. Während sich Diclofenac durch eine leichte Präferenz für COX-2 auszeichnet, weisen ASS, Naproxen und Ibuprofen eine ausgesprochene Affinität zur COX-1 auf.

Prinzipiell ist die analgetische Wirkung von NSAR umso größer, je stärker ihre Affinität zur COX-2 ist. Ihre Verträglichkeit ist wiederum umso besser, je geringer ihre COX-1-Affinität ausfällt.

NSAR-Therapie

Die Schmerzart und individuelle Gegebenheiten (z. B. Alter, Schwangerschaft, Grunderkrankungen, Begleitmedikation) bestimmen die individuelle Auswahl des geeigneten NSAR. Die verschiedenen Substanzen stehen sowohl in apothekenpflichtigen

  • z. B. Ibuprofen 400 Milligramm (mg),
  • Diclofenac 25 mg,
  • Naproxen 250 mg

als auch in verschreibungspflichtigen Dosierungen

  • z. B. Ibuprofen 600 mg,
  • Diclofenac 50 mg,
  • Naproxen 500 mg

zur Verfügung.

Die Therapie von Kopfschmerzen stellt den häufigsten Grund für den rezeptfreien Schmerzmitteleinsatz dar. Weitere häufige Anwendungsgebiete sind

  • Rücken- und Gelenkschmerzen,
  • Zahnschmerzen,
  • Schmerzen während der Regel oder
  • Schmerzen und Fieber bei Erkältungen.

Klassiker Ibuprofen

Aufgrund der guten Verträglichkeit gehört Ibuprofen inzwischen zu den am häufigsten eingesetzten Analgetika weltweit. Im Rahmen der Selbstmedikation kommt es in einer Einzeldosis von 200 bis 400 mg bis zu einer Tageshöchstdosis von 1200 mg bei verschiedenen Schmerzformen zur Anwendung.

Beispielsweise ist es in nicht verschreibungspflichtigen Dosierungen ein Mittel der Wahl bei Migräne und Spannungskopfschmerzen. Ebenso ist Ibuprofen eine gute Empfehlung bei Zahn- und Regelschmerzen, da es unter den NSAR das geringste Blutungsrisiko aufweist. Durch Hemmung der krampfauslösenden Prostaglandine hilft es zudem gut gegen die schmerzhaften Krämpfe bei der Regelblutung (Dysmenorrhö).

Aufgrund seiner antiphlogistischen Wirkkomponente wird es auch bei entzündlichen Gelenkschmerzen geschätzt, sowohl oral als auch topisch angewandt. Ebenso profitieren Patienten mit Rückenschmerzen oder Sportverletzungen von einem Schmerzgel mit Ibuprofen.

Schmerzpatienten, die ASS 100 mg zur Thrombozytenaggregationshemmung einnehmen, sind darauf aufmerksam zu machen, dass sie Ibuprofen erst zwei Stunden nach Gabe des ASS einnehmen dürfen, da sonst seine gerinnungshemmende Wirkung aufgehoben wird. Schwangere sollten Ibuprofen – ebenso wie die anderen NSAR – bereits ab der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) meiden. Grund dafür ist die Gefahr, dass NSAR schwerwiegende Nierenprobleme beim ungeborenen Kind verursachen können, die zu einer verringerten Menge an Fruchtwasser oder zu einer Verengung eines Blutgefäßes im Herzen des Kindes führen können. Es wird daher empfohlen, eine NSAR-Gabe in der zweiten Schwangerschaftshälfte, die länger als ein paar Tage dauert, nur unter ärztlicher Kontrolle durchzuführen.

Kinderärzte geben das Ibuprofen wegen seiner entzündungshemmenden Eigenschaften gerne bei schmerzhaften Mittelohr- und Halsentzündungen. Sie schätzen es auch aufgrund seiner therapeutischen Breite. Diese ist größer als die von Paracetamol, sodass das Risiko von Überdosierungen geringer ausfällt. Zudem haben Überdosierungen in der Regel keine so gravierenden Konsequenzen wie bei Paracetamol.

Eine Gabe ist bei Säuglingen ab drei Monaten möglich. Für sie stehen Zäpfchen (60 mg) und Saft mit zwei Prozent Ibuprofen zur Verfügung. Zäpfchen mit 120 mg sind für Kinder ab zwei Jahren und der vierprozentige Saft für Säuglinge ab sechs Monaten vorgesehen. Ibuprofen-Saft ist in verschiedenen Geschmacksrichtungen (z. B. Erdbeere, Himbeere, Orange) erhältlich.

Entsprechende altersgerechte oder gewichtsabhängige Dosierungen sind meist schon auf dem Umkarton kenntlich gemacht. Sollten die Kinder mit zunehmendem Alter die erforderliche und immer größer werdende Flüssigkeitsmenge nicht akzeptieren, kann ab sechs Jahren auf Schmelztabletten (200 mg) zurückgegriffen werden. Sie sind auch eine gute Wahl für ältere Kinder, die keine Tabletten schlucken können.

NSAR im Vergleich

Auch wenn Ibuprofen unter den NSAR das günstigste gastrointestinale Risikoprofil aufweist, steigt das Risiko prinzipiell bei längerer Anwendung und hoher Dosierung. Um Magen-Darm-Komplikationen wie Blutungen oder Geschwüre zu vermeiden, werden Ibuprofen und andere NSAR daher häufig mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) wie Pantoprazol oder Omeprazol kombiniert. Bei einer Langzeittherapie erhöht sich auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Das Risiko durch Ibuprofen fällt im Vergleich zu Diclofenac geringer, aber höher als bei Naproxen aus.

Aufgrund des hohen kardiovaskulären Risikos sollten Menschen, die an einer Herz- oder Gefäßkrankheit erkrankt sind, möglichst kein Diclofenac einnehmen. Auch Personen mit einem erhöhten Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln sollten auf diese Substanz verzichten. Prinzipiell reichert sich Diclofenac sehr gut in entzündetem Gewebe an und ist daher insbesondere für Schmerzen des Bewegungsapparates geeignet. Diclofenac gibt es für die Selbstmedikation in Einzeldosierungen von 12,5 und 25 mg mit einer maximalen Tagesdosis von 75 mg.

Eine gute Therapieoption bei Regel- oder Gelenkschmerzen ist zudem Naproxen. Es verfügt im Vergleich zu den anderen NSAR über eine längere Wirkdauer (bis zu 12 Stunden), sodass eine zweimal tägliche Einnahme ausreichend ist. Der antientzündliche Effekt soll zudem Gelenkveränderungen aufhalten und akute Phasen abmildern und verkürzen, wobei sich diese Effekte nur mit verschreibungspflichtigen Dosierungen realisieren lassen. Ohne Rezept erhältlich sind Tabletten mit 250 mg, wobei die maximale Tagesdosis in der Selbstmedikation bei 750 mg liegt.

ASS hat inzwischen an Bedeutung verloren. Während die Substanz früher der Klassiker unter den Analgetika vor allem gegen Kopfschmerzen war, wird ASS heute zunehmend weniger nachgefragt. Es kommt als Analgetikum in Einzeldosen von 500 bis 1000 mg und einer Tageshöchstdosis von drei Gramm bei Jugendlichen und Erwachsenen zum Einsatz. Für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ist die Substanz bei fieberhaften Erkrankungen wegen der Gefahr des Auftretens des Reye-Syndroms, einer lebensbedrohlichen Enzephalopathie, kontraindiziert.

Eine weitere Kontraindikation ist das letzte Schwangerschaftsdrittel. ASS darf dann nicht mehr eingenommen werden, da der Wirkstoff den fetalen Ductus botalli (beim Fetus Verbindung zwischen Aorta und Pulmonalarterie) frühzeitig verschließen kann. Zudem eignet sich die Substanz aufgrund ihrer thrombozytenaggregationshemmenden und damit blutungsverlängernden Eigenschaften nicht bei Zahn- oder Regelschmerzen.

NSAR Ibuprofen Diclofenac Naproxen ASS
Dosierung Einzeldosis 200 bis 400 mg Tageshöchstdosis 1200 mg Einzeldosis 12,5 mg, 25 mg Tageshöchstdosis 75 mg Einzeldosis 250 mg Tageshöchstdosis 750 mg Einzeldosis 500 mg, 1000 mg Tageshöchstdosis 3000 mg
Wann gut geeignet? Migräne / Spannungskopfschmerzen / Zahnschmerzen / Regelschmerzen / Entzündliche Gelenkschmerzen / Rückenschmerzen / Sportverletzungen / Kinder / Günstigstes gastrointestinales Risiko Schmerzen des Bewegungsapparats Regelschmerzen / Gelenkschmerzen  
Wann nicht geeignet? Wenn ASS zur Thrombozytenaggregation eingenommen wird: 2 Stunden Abstand / Schwangere ab der 20. SSW (ärztliche Kontrolle) Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko / Erhöhtes Thromboserisiko / Schwangere ab der 20. SSW (ärztliche Kontrolle) Schwangere ab der 20. SSW (ärztliche Kontrolle) Unter 16 Jahren / Schwangere ab der 20. SSW, besonders letztes Schwangerschaftsdrittel / Zahnschmerzen / Regelschmerzen
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