Tiere in der Apotheke
ZAHNMEDIZIN BEI SAMTPFOTEN
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Da auch Haustiere unter Zahnschmerzen leiden, diese jedoch oft nicht zeigen, sollten Katzenhalter ihren Tieren von Anfang an regelmäßig ins Maul schauen und bei Auffälligkeiten in der tierärztlichen Praxis vorstellen. Nur so können größere Schäden vermieden werden.
Das Katzengebiss Katzenbabys kommen zahnlos auf die Welt. Im Alter von zwei bis vier Wochen kommen die ersten spitzen Milchzähne zum Vorschein. Das Milchgebiss mit 26 Milchzähnen wird etwa um den sechsten Lebensmonat herum durch die bleibenden Zähne ersetzt. Dieser Zahndurchbruch verursacht im Allgemeinen keine Beschwerden. Nur gelegentlich zeigt eine Katze beim Zahnwechsel Symptome wie geringgradig apathisches Verhalten, das allerdings meistens nur ein bis zwei Tage anhält. Manchmal gleitet der Ersatzzahn am Milchzahn vorbei, anstatt ihn nach draußen zu schieben, davon sind vor allem die Fangzähne betroffen. Diese persistierenden Milchzähne sollten möglichst bald vom Tierarzt entfernt werden, um Zahnstellungsanomalien oder infektiöse Komplikationen zu vermeiden.
Mit etwa sieben Monaten ist das Gebiss mit 30 Zähnen vollständig ausgebildet und besteht nun aus zwölf Schneidezähnen, vier Fangzähnen sowie 14 Backenzähnen. Zwischen den Fang- und Backenzähnen gibt es eine große Lücke. Die Fangzähne dienten beziehungsweise dienen zum Festhalten und Töten der Beute, mit den Backenzähnen wird das Futter zerschnitten, während die kleinen Schneidezähne vor allem zum Säubern des Fells benutzt werden. Katzen zerteilen ihre Beute in kleinere Stücke, um diese besser schlucken zu können, häufig mit seitlich geneigtem Kopf. Um diese physiologische Nahrungsaufnahme zu gewährleisten, müssen Zahnerkrankungen möglichst verhindert werden.
Zahnstein Im Gegensatz zu Menschen haben Tiere relativ große Zahnzwischenräume, die eine bessere Selbstreinigung durch Speichel und Bewegungen der Zunge ermöglichen. Da die meisten Tierzähne keine Grübchen haben, in die sich Bakterien einnisten könnten, ist auch Karies weitgehend unbekannt. Sehr häufig ist dagegen Zahnstein. So werden entzündliche Veränderungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates bei kleinen Haustieren wie der Katze besonders häufig beobachtet. Ein wesentlicher Faktor, der zur Entstehung von Zahnproblemen führen kann, ist das Futter, denn durch die Fütterung mit leicht haftenden und klebenden Futtermitteln kann sich Plaque (Zahnbelag) schneller ansammeln.
Im Zahnbelag sind Bakterien enthalten, es lagern sich Calcium und andere Mineralsalze aus dem Speichel ein, wodurch Zahnstein entsteht, der im weiteren Verlauf eine immer dickere Schicht auf den Zähnen bildet. Wird der Zahnbelag nicht entfernt, entwickelt sich eine Gingivitis, die in die Tiefe fortschreitet, sodass sich das Zahnfleisch zurückbildet (Parodontose) und es im Endstadium zu einer zum Teil erheblichen Lockerung des Zahnes kommt. Bevorzugte Stellen für Zahnstein sind die Fang- und Backenzähne, wobei sich der Zahnstein vor allem an der Außenseite der Zähne festsetzt.
In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass bei 70 Prozent der Katzen bereits im Alter von zwei Jahren Anzeichen für Zahnstein bestehen. Dies hat nicht nur schlechten Atem zur Folge, sondern möglicherweise auch Infektionen, bei denen die beteiligten Bakterien in die Blutbahn und damit in lebenswichtige Organe wie Herz und Nieren gelangen, wo sie lebensbedrohliche organische Krankheiten hervorrufen können oder zumindest die Allgemeingesundheit gefährden.
Alter, Viren und Nieren Weitere Ursachen für entzündliche Zustände im Katzenmaul sind rassespezifische Besonderheiten: Häufige Probleme beispielsweise bei Abessiniern und Somali sind übermäßig eng stehende oder falsch angeordnete Zähne, die die Entstehung der Parodontitis fördern können. Und natürlich spielt auch das Alter der Katze eine Rolle. Mit zunehmenden Lebensjahren werden auch bei Katzen die Zähne nicht besser. Insbesondere bei älteren Katzen treten vielfach Nierenerkrankungen auf, die häufig mit Erkrankungen des Zahnfleisches assoziiert sind. Auch eine Rachenentzündung wird in vielen Fällen von entzündlichen Prozessen der Mundhöhle und des Zahnfleisches begleitet.
Im fortgeschrittenem Stadium einer Rachenentzündung haben die betroffenen Katzen große Schmerzen beim Öffnen des Maules und infolgedessen Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme. Darüber hinaus sind verschiedene Virusinfektionen für entzündliche Veränderungen in der Maulhöhle verantwortlich. Atemwegsinfektionen durch das Herpes- oder Calicivirus (Katzenschnupfenkomplex) können Ursache für Geschwüre auf Lippen, Zahnfleisch und Gaumen sein. FIV-positive Katzen (FIV = Felines Immundefizienz-Virus) leiden oft an einer chronischen Zahnfleischentzündung, eben- so wie Katzen mit FeLV (Felines Leukämievirus).
Schmerzhafte Löcher FORL bedeutet feline odontoclastic resorptive lesions. Es beschreibt eine Katzenkrankheit, bei der das Zahnbein aufgelöst wird und Löcher entstehen. Da diese Löcher meist am Übergang der Krone zur Wurzel beobachtet wurden, sprach man von Zahnhalsläsionen („neck lesions“). Dieser Begriff ist jedoch inzwischen überholt. FORL ist eine sehr häufige und schmerzhafte Zahnerkrankung bei Katzen. Im Gegensatz zu Karies, die auf bakterielle Besiedelung zurückzuführen ist, entstehen die tiefen und sehr schmerzhaften Löcher vermutlich durch eine Zahnfleischentzündung im Rahmen einer allgemeinen, durch Viren verursachte Immunschwäche, zum Beispiel bei FeLV. Diese Zahnschmelzveränderungen, die bei Rassekatzen häufiger als bei Hauskatzen beobachtet werden, sind gekennzeichnet durch die hochgradige Schmerzhaftigkeit der befallenen Zähne, da die sensiblen Nervenendigungen frei liegen und das umliegende Gewebe außerdem stark entzündet ist.
Katzen, die davon betroffen sind, zeigen Symptome wie extremes Speicheln, Kaustörungen, Futterverweigerung und „Zähneklappern“. Jede Bewegung mit dem Maul ist extrem schmerzhaft. Die Tiere magern ab und verändern sich in ihrem Wesen. Wegen der massiven Schmerzen reagieren sie zunehmend aggressiv. Bestimmte Verhaltensveränderungen bei der Futteraufnahme sind Alarmsignale: Umschleichen des Napfes mit anschließendem schnellem, hastigem Fressen, Fallenlassen von Futter, Speicheln, Zähneknirschen und Kopfschiefhaltung beim Kauen. Da diese Symptome meist erst bei sehr starken Zahnschmerzen auftreten, wird empfohlen, Katzen einmal jährlich beim Tierarzt zur Früherkennung von Zahnproblemen vorzustellen. Eine gute Mundhygiene mit speziellen Futtermitteln und die regelmäßige Zahnsteinentfernung sind grundsätzlich sinnvoll.
Katzen sabbern nicht Im Gegensatz zu Hunden, die häufig aus emotionalen Gründen sabbern, ist Speicheln keine typische Eigenschaft der Katzen. Speichelfluss bei Katzen sollte demnach immer als ernstes Zeichen gewertet und tierärztlich abgeklärt werden. Speicheln kann viele Ursachen haben. Neben organischen Erkrankungen, Fremdkörpern und Vergiftungen können auch Erkrankungen der Mundhöhle und der Zähne zugrunde liegen. Eher selten werden Tumoren in der Mundhöhle gefunden, die sich auf Lippen, Kieferknochen, Zahnfleisch oder Zunge entwickeln können. Die Biopsie liefert den Nachweis, ob es sich um einen gut- oder bösartigen Tumor handelt. Die Prognose bösartiger Mundhöhlentumoren ist ungünstig. Hinweisend auf Tumore sind Fressunlust und starker Speichelfluss.
Zahnmedizin ist auch in der Tiermedizin wichtig Zahnerhaltende Maßnahmen stehen aufgrund der häufigen Zahnproblematik bei Katzen auch in der Tiermedizin im Vordergrund. Die Reinigung der Zähne, bei der die Zahnbeläge restlos entfernt werden, ist Prophylaxe und Therapie zugleich. Zahnstein wird besonders schonend und gründlich mittels Ultraschall entfernt. Dieses Verfahren ist zwar schmerzlos, Katzen dulden diese Prozedur jedoch meist nur unter Narkose. Zahnstein und entzündliche Zahnfleischveränderungen treten nach einer gewissen Zeit häufig wieder in Erscheinung, vor allem dann, wenn keine prophylaktischen Maßnahmen durchgeführt werden. Schon geringe Plaquebildung kann rasch wieder eine Zahnfleischentzündung verursachen, sodass auf die regelmäßige, zusätzliche Reinigung der Zähne nicht verzichtet werden sollte. Ist die Zahnfleischentzündung sehr weit fortgeschritten oder müssen Zähne gezogen werden, empfiehlt sich die Gabe von Antibiotika.
Zähne putzen Es sollte generell bereits von klein auf damit begonnen werden, die Zähne mit speziellen Tierzahnbürsten zu reinigen, um die Katze daran zu gewöhnen. Die Toleranzschwelle ist bei Katzen jedoch erfahrungsgemäß niedrig. Alternativ können sogenannte Kaurolls angewendet werden. Dadurch werden die Zähne mechanisch und enzymatisch gereinigt, was der Plaque- und Zahnsteinbildung entgegenwirkt. Diese Snacks können nicht einfach heruntergeschluckt werden, sondern regen zum Kauen an, wodurch ein Abrieb-Effekt entsteht. Daneben gibt es Trockenfutter für Katzen als Zahnsteinprophylaxe und zur Zahnreinigung sowie eine spezielle Zahnpflege, die direkt auf das Zahnfleisch aufgetragen oder in das Futter beigemischt wird. Spezielle Putzkörper reinigen das Gebiss mechanisch, was die Zahnsteinbildung reduziert.
Auch ohne Zähne beißen sich Katzen durch Falls die Zähne so schlecht sind, dass ein oder mehrere Zähne gezogen werden müssen: Ein gezogener Zahn beeinträchtigt das Fressverhalten einer Katze kaum. Er verursacht keine Schmerzen mehr und ist für die Nahrungsaufnahme auch nicht zwingend erforderlich. Selbst vollkommen zahnlose Katzen können mit feuchtem Dosenfutter ein normales Leben führen. Dennoch sollte unbedingt auf eine regelmäßige Zahnhygiene geachtet werden, um etwaige Folgeschäden im Vorfeld zu verhindern. Acht Anzeichen dafür, dass eine Katze Zahnprobleme hat: Veränderung der Kau- oder Fressgewohnheiten, Verändertes Verhalten, Speichelfluss, schlechter Atem, Bildung von Zahnstein, Zahnfleischbluten, Schmerzen beim Fressen oder Reiben des Mauls mit den Pfoten, Zahnverlust.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/19 ab Seite 128.
Dr. Astrid Heinl, Tierärztin