Wunden an Organen wie Lunge und Herz sind nur schwer mit Fäden oder Klammern zu schließen, da das Gewebe dauerhaft in Bewegung ist. © yodiyim / iStock / Getty Images Plus

Gesundheit | Organe

WUNDKLEBER: ALTERNATIVE FÜR FADEN UND CO.

Hat man sich geschnitten oder ist gestürzt und hat eine kleine Wunde, kommt einfach ein Pflaster drauf. So einfach ist es leider bei den inneren Organen nicht. Aber ein neuartiger Kleber könnte solche Wunden verschließen.

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Auf dem OP-Tisch kommen in der Regel Klammern, Fäden oder auch Drähte zum Einsatz, um innere Wunden wieder zu verschließen. Es gibt allerdings Organe, wie beispielsweise die Lunge oder auch das Herz, bei denen die Anwendung solcher Schließmittel schwierig ist. Der Grund liegt auf der Hand, denn sowohl beim Atmen als auch beim Schlagen des Herzens ist das Gewebe immer in Bewegung, was wiederum dazu führt, dass das Gewebe regelmäßig kontrahiert oder entspannt und dabei jedes Mal gedehnt wird. Daher kommt es immer wieder vor, dass Wunden nicht von Anfang an richtig geschlossen werden können oder sogar nach einiger Zeit wieder aufgehen. Um in diesem Bereich noch besser zu werden, arbeiten Wissenschaftler an der Entwicklung von Materialien, die sowohl besser halten als auch leichter angebracht werden können.

Frühere Untersuchungen haben bereits bezeigt, dass sich spezielle Wundkleber als Alternative eignen würden. Diese Wundkleber müssen gewährleisten, dass sie auch auf der feuchten Umgebung des Körperinneren haften und zudem möglichst schnell aushärten. „Einige Polymer-basierte Hydrogele haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie zwar auf nassen Gewebeoberflächen halten. Viele dieser Materialien gelieren aber zu langsam, sind nicht flexibel genug oder giftig für den Körper“, so Forscher um Yi Hong von der Zhejiang University School of Medicine im chinesischen Hangzhou.

Die Forscher haben nun einen Wundkleber entwickelt, der die besagten Nachteile nicht aufweist. Ein Gewebetyp, der auch im menschlichen Körper vorkommt, diente als Vorlage. Hierbei handelt es sich um die extrazelluläre Matrix, die unter anderem vermehrt im Bindegewebe vorkommt und aus Glykosaminoglykanen, wie Hyaluronsäure und Wasser besteht und dadurch stark und elastisch ist. Die Wissenschaftler nutzten unter anderem eine spezielle Form der Gelatine (GelMA) sowie mit Butanamiden verbundene Hyaluronsäure (HA-NB), um die Struktur zu imitieren. „Das Verhältnis von GelMA zu HA-NB in unserem Produkt gleicht jenem von Kollagenen und Glykosaminoglykanen in menschlichem Bindegewebe“, erklären die Forscher.

Das Besondere an diesem Material ist, dass es auf UV-Strahlung reagiert und sich die Molekülgruppen im Kleber durch den Lichteinfluss mit dem darunterliegenden Gewebe vernetzen. Dadurch entsteht ein hochelastischer, haltbarer Verschluss. Es gab bereits erste Untersuchungen, die zeigen, dass der Kleber außerordentlich gut an tierischem Gewebe haftet. Darüber hinaus hielt der Kleber sogar Kräften stand, wie sie durch einen Blutdruck von 290 Millimeter-Quecksilbersäule verursacht werden. „Das ist weitaus höher als es in der Klinik vorkommt“, so das Team. Die Frage stand im Raum, ob dieses Hydrogel zudem den Praxistest am lebenden Tier bestehen würde. Bei Experimenten an Schweinen, die stark blutende Wunden am Herzen aufwiesen, wurde der Gewebekleber eingesetzt und seine Standfestigkeit unter Beweis gestellt. Denn bereits nach 20 Sekunden konnte die Wunde sicher verschlossen und die Blutung gestoppt werden. Ein weiteres Vernähen war nicht notwendig. Zwei Wochen später wurden die behandelten Wunden erneut begutachtet und es konnten keine Auffälligkeiten gefunden werden. „Diese Ergebnisse zeigen, dass unser synthetisches Gel mit seinen kontrollierbaren Polymerisationseigenschaften Blutungen an Herzwunden schnell stoppen kann“, erklären die Forscher. In einem nächsten Schritt sind nun weitere Untersuchungen notwendig. Hier soll unter anderem geklärt werden, wie lange der Kleber wirklich hält und ob er mit dem Körper gut verträglich ist. Wenn diese Fragen geklärt sind, können Studien am Menschen vorgenommen werden.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de


Originalpublikation: Yi Hong (Zhejiang University School of Medicine, Hangzhou) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-10004-7

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