Haut und Haar

WINZIGE TEILCHEN – RIESIGES THEMA

Nicht nur der Abrieb von Autoreifen oder Faserabrieb beim Waschen von Textilien erzeugt Mikroplastik, auch in Kosmetikprodukten ist es zu finden. Muss das sein und wie lässt sich erkennen, ob und welche Art von Mikroplastik darin enthalten ist?

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Laut Definition der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), fallen in die Kategorie Mikroplastik Kunststoffpartikel mit einer Größe von 0,1 Mikrometer bis fünf Millimeter. Was durch Zerfall größerer Kunststoffteile entsteht, wird als sekundäres Mikroplastik bezeichnet. Es findet sich vor allem im Meer und entsteht aus Plastikmüll durch die die Einwirkung von Sonne, Wind und Wellen. Als primäres Mikroplastik werden sogenannte Kunststoffpellets bezeichnet, die von der Industrie zur Weiterverarbeitung bewusst hergestellt werden. So findet feines Plastikgranulat und flüssiges Plastik Anwendung in der Kosmetikproduktion, beispielsweise in Peelings oder als Massageperlen in Duschgels, aber auch in flüssiger Form als Bindemittel.

Kostengünstige Hilfsmittel Im Vergleich zu umweltfreundlichen Alternativen ist Plastik oft preisgünstiger, zumindest kurzfristig gesehen. So ist es wenig verwunderlich, dass auch einige Kosmetikprodukte Mikroplastik enthalten. In Peeling-Produkten entfernen die Plastikkügelchen abgestorbene Hautschüppchen. Nach der Verwendung werden die Partikel einfach und meist ohne darüber nachzudenken in den Abfluss gespült. Abbaubar sind sie nicht. Und selbst moderne Kläranlagen können die kleinen Plastikteilchen nur unzureichend aus dem Abwasser herausfiltern.

So gelangen sie in die Meere. Forscher fanden heraus, dass Muscheln die Mikroplastik aufnehmen, mit starken Entzündungsreaktionen reagieren. Denn die Teilchen ziehen Schad- und Giftstoffe an. Je kleiner die Partikel, desto größer ist die Vielfalt an Tieren, die Mikroplastik aufnimmt. Über die Nahrungskette landet das Mikroplastik dann oftmals auch bei uns auf dem Teller. Welche Folgen die Kunststoffteilchen ganz konkret für Mensch, Tier und Umwelt haben, wird derzeit noch erforscht. So manche Mikroplastikquelle lässt sich nur schwer umgehen, andere können bewusst reduziert werden.

Hinter diesen INCI-Begriffen verbirgt sich primäres Mikroplastik

+ Acrylate Copolymer (AC)
+ Acrylate Crosspolymer (ACS)
+ Nylon-6 (Nylon-6)
+ Nylon-12 (Nylon-12)
+ Polyamide (PA)
+ Polyacrylate (PA)
+ Polymethylmetacrylate (PMMA)
+ Polyquaternium (PQ)
+ Polyethylene (PE)
+ Polyethyleneglycol (PEG)
+ Polyethyleneterephtalate (PET)
+ Polypropylene (PP)
+ Polypropyleneglycol (PPG)
+ Polystyrene (PS)
+ Polyurethane (PUR)

Eine aktuelle Übersicht zum Thema Mikroplastik sowie ein Einkaufsratgeber zum kostenlosen Download, welche Kosmetikprodukte Mikroplastik enthalten, finden hier.

Weniger Auto fahren und Müll sachgerecht entsorgen Rund drei Prozent der Mikroplastikproduktion entstehen durch die Reibung von Schuhsohlen und durch Kunstrasen. Den Löwenanteil produziert der Autoverkehr durch den normalen Reifen- und Straßenabrieb. Bei mehr als einem Viertel, nämlich 26 Prozent ist die Entstehung noch gar nicht bekannt. Sogar bei Lebensmitteln können Mikroplastikpartikel entstehen, zum Beispiel durch Umverpackungen aus Kunststoff oder bei Getränken in Plastikflaschen. Der Anteil an Kosmetik als Quelle für Mikroplastik liegt bei lediglich einem Prozent, dagegen kommen zehn Prozent durch falsch sortierten Plastikmüll zustande. Es macht also Sinn, weniger mit dem Auto unterwegs zu sein und seinen Müll sachgerecht zu sortieren. Aber gibt es keine Alternativen zu den Plastikteilchen in der Kosmetik?

Bestandteile in Kosmetik und ihre Alternativen Besonders häufig finden sich die kleinen Partikel als Trübungsmittel in Flüssigwaschmittel und in Reinigungsmitteln mit Schleifpartikeln. In Shampoos und Spülungen ist zum Beispiel Polyquaternium enthalten, damit sich die Haare leichter und besser durchkämmen lassen. In Cremes und Lotionen für Gesicht und Körper verleihen Polymere wie Acrylates Crosspolymer/Copolymer der Haut ein besonders sahnig-geschmeidiges Gefühl. Der verursachte Mikroplastikanteil durch Kosmetik ist zwar gering, aber es muss tatsächlich nicht sein, Mikroplastik gezielt herzustellen und zu verarbeiten. Zahlreiche Hersteller haben es mittlerweile durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt. Kundinnen und Kunden die bewusst auf Mikroplastik in Kosmetik verzichten möchten, können auf zertifizierte Naturkosmetik vertrauen.

Denn für Produkte mit den bekannten Labeln wie BDIH, Natrue, Ecocert oder Demeter ist der Zusatz von Mikroplastik nicht erlaubt. Alternativ verwenden die Hersteller pflanzliche und mineralische Stoffe. Zum Beispiel Tonerde, Heilerde, Kreide, Kieselmineralien und andere Mineralien. Aber auch Salz und Zuckerkristalle, getrocknete und gemahlene Nussschalen, zum Beispiel für Peelings. Hier finden sich auch gerne gemahlene oder zerstoßene Oliven-, Aprikosen- oder Traubenkerne. Hoch im Kurs stehen in der dekorativen Kosmetik, wie Puder und Lidschatten, zum Beispiel feinst gemahlene Mineralien und Edelsteine. In den USA, Großbritannien, Schweden und Kanada ist Mikroplastik als Bestandteil von Kosmetikprodukten inzwischen verboten. Seit 2014 gilt bei uns eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen, keine Mikroplastikpartikel in ihren Kosmetikprodukten einzusetzen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 84.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

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