Bücher, von denen man spricht
WAS ALLE MENSCHEN GERN RIECHEN
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Riechen wir frisch gebackenes Brot, empfinden wir diesen Geruch fast immer als angenehm. Wir bekommen Appetit und fühlen uns wohl. Vielleicht denken wir sogar an die Oma, die manchmal so leckere Sachen im Ofen hatte. Was liegt näher, als in diesem Gebäude länger zu verweilen - vielleicht sogar länger als wir eigentlich wollten.
Gerüche steuern uns heimlich Wir sollten uns dringend mal wieder um unsere Nase kümmern, meint Robert Müller-Grünow in seinem neuen Buch „Die geheime Macht der Düfte“. Müller-Grünow gehört zu den Pionieren im Bereich Duftkonzepte und Dufttechnologien. Er entwirft Gerüche für Autokonzerne, Banken und sogar für die Deutsche Bahn, er weiß, dass Orangengeruch friedlich stimmt, Lavendel den Schlaf fördert und Pfefferminze Hitze besser ertragen hilft. Menschen werden von Gerüchen geradezu ferngesteuert – aber nur, weil sie es nicht wissen. Und weil das Geruchstraining in Zeiten der vielfältigen visuellen Reize schwer aus der Mode gekommen ist. „Die Leute wissen gar nicht mehr, dass wir, wenn wir keinen Geruchssinn haben, auch nicht schmecken können.
Ohne Riechen macht nichts mehr Spaß, das Essen nicht und der Sex auch nicht“, sagt der Parfumeur Geza Schön. Bereits in der 28. Schwangerschaftswoche sind die für das Riechen zuständigen Nervenbahnen ausgereift. Kommt das Kind auf die Welt, ist es in der Lage, fast alles zu riechen, was ein Erwachsener kann. Zwar ist der Mensch im Vergleich zum Hund oder zum Nachtfalter geradezu geruchsblind, doch helfen auch die paar Rezeptoren dem Homo sapiens, Gefahren und verdorbene Lebensmittel zu erkennen, einen Partner zu finden oder ein altes Buch von einem neuen zu unterscheiden (machen Sie ruhig mal den Test zwischen dem alten Schulwörterbuch und einem „frischen“ Taschenbuch).
Schleimstoffe schirmen die Hustenrezeptoren im Rachen für eine gewisse Zeit ab. Wichtig ist daher, dass sie in einer geeigneten Darreichungsform angeboten werden, beispielsweise als Saft. Tipp für Ihr Beratungsgespräch: Hustensaft auf Basis von Schleimstoffen möglichst lange im Mund lassen und nicht sofort herunterschlucken.
Düfte sind Erinnerungen Es sind vor allem die „Dufterinnerungen“, die blitzartig Bilder entstehen und Situationen wieder auferstehen lassen. So schildert der Autor den Geruch der Dünen im spanischen Urlaubsort, in dem er als Kind war und an die er angenehmste Erinnerungen hat – an den Meeresgeruch, den er mit glücklicher Familienzeit assoziiert. Und so geht es wahrscheinlich jedem von uns. Es hat seinen evolutionären Sinn, dass visuelle, akustische oder haptische Signale erst in der Großhirnrinde des Gehirns verarbeitet werden müssen, Düfte aber im Gehirn direkt auf das limbische System wirken, wo Emotionen verarbeitet und Triebe gelenkt werden.
Unsere Sprache ist voll davon: Man kann jemanden nicht riechen, man wittert Gefahr, eine Situation droht brenzlig zu werden (Brandgeruch ab einer bestimmten Konzentration steht immer für Gefahr). Dabei bedeuten Gerüche nicht, dass wir sie immer riechen. Über die apokrinen Drüsen des Menschen, die sich unter den Achseln, an den Brustwarzen und in der Genitalgegend befinden, geben wir Pheromone ab, die auf unser limbisches System überdeutliche Signale senden. Pheromone sagen uns, ob unser Gegenüber als Sexualpartner taugt und sogar, ob er ein passender Vater für unsere Kinder ist. Hier gilt: Je unterschiedlicher die genetische Ausstattung, desto anziehender wirkt er auf uns. Auch das erkennt unsere Hypophyse in Sekundenbruchteilen – unser Verstand hat dabei nichts mitzureden.
Andere Länder, andere Düfte Robert Müller-Grünow fasziniert die Sache mit den Gerüchen seit sehr langer Zeit. Er hat mit seinem Team den Kinosaal in den Filmen „Das Parfum“ und „Ratatouille“ mit beduftet; er entwickelte einen Duft für die Telekom und ging der Frage nach, wie eigentlich neue Autos riechen und warum eine A-Klasse einen anderen Geruch ausströmen muss als eine S-Klasse. Er nahm den Auftrag einer Schweizer Hotelkette an, die ihn anwies, eine Komposition für die Farben rot-weiß zu entwickeln. Müller-Grünow weiß, dass auch Länder und ihre Bewohner unterschiedlich riechen – so besitzen Japaner genetisch bedingt beispielsweise kaum Schweißdrüsen, verabscheuen daher Körpergeruch und mögen es auch sonst eher dezent.
Der Nahe Osten verwendet stärkere Gerüche, die Deutschen mögen es lediglich kaum wahrnehmbar. Und er sagt: „Jede Stadt auf dem Erdball hat ihren eigenen Geruch, jede Nation bevorzugt andere Gerüche – In Griechenland ist es Lavendel, in Amerika Vanille, in Afrika Weihrauch“ – und England, sagt der Autor „duftet nach Rosen“. Die verschiedenen Gerüche wiederum haben in den einzelnen Nationen ganz andere Bedeutungen: „Für die Deutschen duftet Sauberkeit und Frische nach Zitrusfrüchten, Russen verbinden damit den Duft von Flieder und bei Spaniern ist es am ehesten der Geruch von Chlor – ein Geruch, der bei uns eher negativ belegt ist, da Chlor als giftig gilt.“
Müller-Grünow erklärt, wie sich ein Parfüm zusammensetzt und warum es bei jedem Menschen anders riecht. Vanille, sagt er, macht meistens gute Laune, fast jeder fühlt sich in Räumen geborgen, in denen es danach duftet. Und er berichtet, dass es zu den Merkmalen mancher Krankheiten gehört, dass der Geruchssinn nachlässt, bei Demenz- und Alzheimer-Erkrankungen beispielsweise. Auch Krankheiten können ihren ganz eigenen Geruch haben, was bereits Hippokrates wusste: Diabetiker verströmen einen leichten Geruch nach Aceton wenn sie unterzuckert sind; eine kranke Leber lässt den Betroffenen nach tierischer Leber und Erde riechen. Nierenkranke verströmen einen leichten Ammoniak-Dunst. Der Geruch eines Menschen nach frischem Brot kann auf eine Typhuserkrankung hinweisen.
Die eigene Nase schulen Vor allem aber haben Düfte die Macht, uns glücklich zu machen. Müller-Grünow plädiert sehr dafür, dass wir unseren Geruchssinn schulen und skizziert eine „Nasenschule“. Wenn wir nur unsere Wahrnehmung schulen würden, könnten wir auch nicht mehr so leicht manipuliert werden, sagt er. Es hilft, genau darauf zu achten, was wir riechen, wenn wir neue Räume betreten. Und angenehme Düfte können auch dazu beitragen, dass wir besser lernen, besser schlafen und uns insgesamt einfach wohler fühlen.
„Die Nase kann uns helfen herauszufinden, wie es uns geht und in welcher Umgebung wir uns befinden. Sie kann uns warnen und auch berauschen… Doch wir haben leider verlernt, uns bewusst riechend durch die Welt zu bewegen.“ Gibt es ihn denn, den einen Geruch, den alle mögen und der mit positiver Konnotation quer durch alle kulturellen Unterschiede geht? Ja, sagt Müller-Grünow, den gibt es. Babys, sagt der Wissenschaftler, riechen alle Menschen gern.
Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Phytotherapie und alternative Heilmethoden“ ab Seite 88.
Alexandra Regner, PTA und Journalistin
Robert Müller-Grünow: Die geheime Macht der Düfte – Warum wir unserem Geruchssinn mehr vertrauen sollten.
Edel Books, 304 Seiten, Klappenbroschur, 17,95 Euro, ISBN 978-3-8419-0601-4