© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Steckbrief

TRIZYKLISCHE ANTIDEPRESSIVA

Amitriptylin und andere Vertreter sind bei den meisten Menschen gut antidepressiv wirksam. Zu Wirkungseintritt, Einnahmezeitpunkt, Dosierung und Nebenwirkungen besteht intensiver Beratungsbedarf.

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Imipramin kam als erste Substanz der trizyklischen Antidepressiva 1958 auf den Markt. Noch heute dient Imipramin als Referenzsubstanz bei klinischen Studien zu neuen Antidepressiva. Wirkstoffe dieser Klasse verfügen alle über die typische dreigliedrige chemische Ringstruktur. Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin und Trimipramin hemmen nichtselektiv die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und in geringem Maße Dopamin aus dem synaptischen Spalt zurück in die Nervenzellen. Sie wirken nach einer Wirkungslatenz von zwei bis drei Wochen stimmungsaufhellend und antidepressiv.

Ein wichtiger Unterschied der Arzneistoffe besteht in ihren psychomotorischen Effekten. So haben die Substanzen vom Amitriptylin-Typ (Amitriptylin, Doxepin und Trimipramin) eher sedierende Qualitäten. Imipramin und Clomipramin sind leicht und Desipramin ist stärker antriebssteigernd. Die Auswahl des Wirkstoffes erfolgt deshalb in Abhängigkeit vom therapeutischen Schwerpunkt. Trizyklische Antidepressiva werden auch bei anderen Indikationen, zum Beispiel Angststörungen, Entzugserscheinungen, Schlafstörungen und Schmerzen verordnet. Heute sind Trizyklika nicht mehr Mittel der ersten Wahl, da sie im Vergleich zu neueren Antidepressiva eine Vielzahl von Nebenwirkungen aufweisen.

Viele Patienten beklagen die starken anticholinergen Nebenwirkungen, die sie rasch nach Therapiebeginn bemerken, während die stimmungsaufhellende Wirkung erst nach einiger Zeit einsetzt. Die schlechte Verträglichkeit ist eine häufige Ursache für einen frühzeitigen Therapieabbruch und Non-Adhärenz. Trizyklische Antidepressiva binden an alpha-1-adrenerge, histaminerge und cholinerge Rezeptoren. Dies führt zu unerwünschten Effekten wie Mundtrockenheit, vermehrtem Speichelfluss, Akkomodationsstörungen des Auges, Störungen beim Wasserlassen, Obstipation und Müdigkeit. Die Gewichtszunahme unter der Therapie ist ebenfalls ein Nachteil und löst bei jüngeren Patienten die Ablehnung der Behandlung aus.

Zum Teil treten Nebenwirkungen wie Arrhythmien und Störungen der Erregungsweiterleitung auf. Deshalb besteht bei alten Patienten mit Vorerkrankungen eine Anwendungsbeschränkung. Zustände nach akutem Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Delirien, Harnverhalt, Pylorusstenose und unbehandeltes Engwinkelglaukom sind wichtige Kontraindikationen. Insbesondere bei Menschen mit Polymedikation ist auf Wechselwirkungen zu achten. Trizyklische Antidepressiva können mit anderen Arzneistoffen, die den Serotoninspiegel erhöhen – zum Beispiel MAO-Hemmer oder Selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer – zum seltenen, aber gefährlichen Serotoninsyndrom führen. Alkohol und zentraldämpfende Substanzen verstärken die Wirkung.

Johanniskrautextrakt ist ein CYP-Induktor und sollte nicht zusammen mit anderen Antidepressiva angewendet werden. Wer bereits Anticholinergika gegen andere Erkrankungen einnehmen muss, sollte möglichst nicht noch ein trizyklisches Antidepressivum mit anticholinergen Nebenwirkungen erhalten, da sich die unerwünschten Wirkungen dann verstärken. Üblicherweise wird das ausgewählte Antidepressivum schleichend bis zur therapeutisch wirksamen Dosis eindosiert und später auch langsam wieder abgesetzt. Arzneistoffe mit einer antriebssteigernden Wirkung sollten morgens, Substanzen mit einer beruhigenden Wirkung am Abend eingenommen werden. Im Rahmen der Schmerztherapie wird Amitriptylin recht niedrig dosiert mit 10 bis 30 Milligramm verordnet. Zur Behandlung der depressiven Störung liegen die Tagesdosen zwischen 150 (ambulant) und 300 Milligramm (stationär). Um die Plausibilität der Dosierung zu prüfen, sollte der Patient deshalb immer nach der Indikation gefragt werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 118.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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