Aktinische Keratose
SCHUPPENDE ERHEBUNGEN
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Bei etwa 1,7 Millionen Deutschen finden sich aktinische Keratosen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die erstmals die Prävalenz der Hauterkrankung in Deutschland beziffert. Die rotbräunlichen, leicht schuppenden Erhebungen mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern bis einigen Zentimetern treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen und bei älteren Menschen öfter als bei jüngeren.
Die Autoren fanden in ihrer Studie zudem heraus, dass von den 100 häufigsten dermatologischen Diagnosen hier zu Lande jede zwölfte „Aktinische Keratose“ lautet. Im Vergleich zu anderen Untersuchungsergebnissen steigt ihr Anteil seit Jahren an. Ursache Nummer eins ist die kumulative Exposition gegenüber der UV-Strahlung des Sonnenlichts. Die deshalb auch als solare oder Lichtkeratosen bezeichneten Hautveränderungen treten fast ausschließlich auf den so genannten „Sonnenterrassen“ der Haut, also auf der Glatze, der Stirn, der Nase, am Jochbein, Hals und Dekolleté oder Handrücken auf.
Man vermutet, dass die zwischen den Geschlechtern unterschiedliche chronische Sonnenexposition sowohl im Beruf als auch in der Freizeit der Grund für die höhere Prävalenz bei Männern ist. Ein Zusammenhang zwischen einem Außenarbeitsplatz und einem vermehrten Auftreten von aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen gilt als erwiesen. Eine Studie mit LKW-Fahrern hat ergeben, dass ihre linke – sonnenexponierte – Körperhälfte stärker betroffen ist als die rechte.
Neben der Sonnenstrahlung können auch Röntgen- oder radioaktive Strahlung aktinische Keratosen hervorrufen. Alle Strahlenarten führen zu einer Schädigung der DNA in den Keratinozyten.
Behandlung: chirurgisch oder medikamentös Wegen des Risikos der Entartung empfiehlt die Deutsche Dermatologische Gesellschaft, aktinische Keratosen immer zu behandeln. Zur Wahl stehen eine ganze Reihe etablierter Methoden. Welche Option gewählt wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: Dazu gehören die Dauer und der Verlauf der Erkrankung bisher, die Lokalisation und die Ausdehnung der Läsionen, mögliche Begleiterkrankungen, mögliche frühere Hautkrebserkrankungen sowie der Leidensdruck und auch die Compliance des Patienten.
Die verschiedenen Therapieoptionen unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit, den Nebenwirkungen und kosmetischen Ergebnissen. Welche Behandlungsform gewählt wird, muss also im Einzelfall entschieden werden. Die chirurgische Entfernung und auch die Kryotherapie einzelner Läsionen sind in Bezug auf die behandelte Läsion sehr wirksam. Der Nachteil dieses Ansatzes besteht darin, dass das Problem der Feldkanzerisierung und das Vorhandensein von möglicherweise noch nicht sichtbaren weiteren Keratosen nicht berücksichtigt werden.
Bei der photodynamischen Therapie wird das betroffene Areal zunächst mit einer photosensibilisierenden Substanz behandelt. Aufgrund ihres erhöhten Stoffwechsels akkumulieren Tumorzellen – auch solche auf dem Weg dorthin – davon mehr als gesunde Hautzellen. Daraufhin wird die Haut mit hochenergetischem Licht bestrahlt. Vor allem in den veränderten Zellen bilden sich dadurch verstärkt reaktive Sauerstoffverbindungen, die die Zellen schädigen und zum Absterben bringen. Vorteil dieser Methode ist, dass auch noch nicht sichtbare Läsionen erfasst werden.
Für die rein topische Behandlung der verschiedenen Formen der aktinischen Keratose stehen unterschiedliche Substanzen mit jeweils spezifischen Wirkmechanismen zur Verfügung. So wird das Zytostatikum 5-Fluorouracil vor allem von den sich teilenden Zellen der aktinischen Keratosen in die DNA beziehungsweise RNA eingebaut, wodurch in diesen Zellen die Synthese der Nukleinsäuren gehemmt wird. Der gleiche Wirkstoff wird auch in einer geringeren, 0,5%igen Konzentration eingesetzt, und zwar als Kombinationspräparat mit Salicylsäure, welche die Aufnahme in die Zellen erleichtern soll.
Imiquimod dagegen wirkt als „Immune Response Modifier“ und steigert die antivirale und antitumorale Aktivität des Immunsystems. Schließlich wird Diclofenac als 3%iges Gel in Hyaluronsäure bei aktinischen Keratosen angewendet. Die Wirkung beruht vermutlich auf einer Hemmung der Zellteilung, einer Förderung des -untergangs sowie auf einer Hemmung der Neubildung von Blutgefäßen. Seit 2012 zugelassen ist der pflanzliche Wirkstoff Ingenolmebumat, welchem eine akut zytotoxische sowie eine immunstimulierende Wirkung zugeschrieben wird. Zusätzlich zur Behandlung ist für alle Betroffenen eine konsequente Vermeidung weiterer Sonnenexposition durch -cremes und entsprechende Kleidung wichtig.
ZUSATZ-INFORMATIONEN
Präkanzerose oder Carcinoma in situ
Damit ist ein erster Schritt auf dem Weg zur Entstehung von Krebs erfolgt. Es ist bekannt, dass sich im Durchschnitt bei etwa jedem zehnten Patienten mit aktinischen Keratosen ein invasives Plattenepithelkarzinom, eine Form des weißen Hautkrebses, entwickelt. Man bezeichnet die aktinische Keratose deshalb auch als Präkanzerose, also eine Gewebeveränderung, die mit einem erhöhten Risiko für eine maligne Entartung einhergeht.
Alternativ kann man sie auch als Carcinoma in situ (CIS) ansehen. Damit ist ein „Tumor an Ort und Stelle“ gemeint, der sich (noch) nicht ausbreitet. Experten gehen davon aus, dass im Weiteren humane Papillomaviren an der malignen Transformation zum invasiven Plattenepithelkarzinom beteiligt sind.
Zusätzlich zu den bereits genannten können weitere Faktoren das Risiko für die Entwicklung einer aktinischen Keratose erhöhen: Dazu gehören schwere Sonnenbrände in der Kindheit, ein heller Hauttyp, genetische Erkrankungen mit DNA-Reparatur-Defekten und auch eine Suppression des Immunsystems. So ist das Risiko von organtransplantierten Patienten eine aktinische Keratose oder ein invasives Plattenepithelkarzinom zu entwickeln im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung stark erhöht. Betroffene sollten daher besonders vorsichtig und achtsam sein.
Die Beschaffenheit der Hautveränderungen kann in der Größe – wenige Millimeter bis einige Zentimeter – und Farbe – hautfarben bis rötlich-braun – variieren. Sie treten selten einzeln auf, eher ist das gesamte Areal betroffen. Experten sprechen von einem Krebsfeld oder einer Feldkanzerisierung. Untersuchungen haben gezeigt, dass es im Schnitt zwei Jahre dauert, bis sich aus einer neu entstandenen aktinischen Keratose ein Plattenepithelzellkarzinom entwickelt. Hautveränderungen sollten daher grundsätzlich vom Arzt abgeklärt werden.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 124.
Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin