Eine Frau liegt im Bett und drückt auf die Schlummertaste.
Es gibt zwei Arten von Menschen: Diejenigen, die morgens wach werden, sich erholt fühlen und einfach aufstehen. Und diejenigen, die sich jeden Tag aufs Neue aus dem Bett quälen müssen. © AndreyPopov / iStock / Getty Images Plus

Wecker | Schlaf

„NUR NOCH FÜNF MINUTEN...“ – DIE SCHLUMMERTASTE UND IHRE FOLGEN

Der Wecker schrillt, die Hand drückt den Alarm weg: Nur noch fünf Minuten schlummern. Und dann nochmal - und nochmal. Das Schlummern am Morgen halten viele für ungesund. Stimmt das?

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Manche stellen ihren Wecker sogar extra früher, um noch genügend Zeit zum Dösen zu haben. Der Ruf der Schlummertaste jedoch ist schlecht. Im Englischen sagt man: „You snooze you loose“, also: Wer snoozt, verliert. Es wird auch behauptet, dass die Schlummerei gesundheitsschädlich sei. Ist da etwas dran? „Das ist ganz individuell“, sagt die Schlafmedizinerin Prof. Kneginja Richter vom Klinikum Nürnberg.

Entscheidend sei, wie genau die Taste genutzt wird. „Wenn jemand nur einmal oder zweimal snoozt und dadurch sanft in den Tag startet, ist das überhaupt kein Problem“, sagt Richter. „Eigentlich ist es sogar gut, ohne Stress aufzuwachen.“ Am besten nutze man die Minuten bis zum nächsten Klingeln, um beispielsweise schon einmal zu überlegen, was der Tag einem bringen wird, und langsam wach zu werden, rät die Expertin. Sie ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.

Endloses Snoozen vermeiden
Problematisch wird es aber, wenn jemand so müde ist, dass er dabei einfach wieder einschläft. „Wer morgens endlos snoozt und sich selbst dabei immer wieder kurz aus dem Schlaf reißt, tut sich keinen Gefallen“, sagt Richter. Oft sei man am Tag dann noch müder. Wichtig ist in solchen Fällen, die Ursache für dieses Verhalten zu finden. „Wenn jemand morgens sowieso ausgeruht von selbst wach wird, kommt er gar nicht auf die Idee, so lange zu snoozen.“

Um genug Schlaf zu bekommen und erholt aufzuwachen, sollte man wissen, was für ein Schlaftyp man ist - und den Alltag entsprechend strukturieren. Etwa 70 bis 80 Prozent aller Menschen schlafen etwa zwischen 23.30 Uhr und 7 Uhr am besten. Die restlichen 20 bis 30 Prozent gehören zu den sogenannte Lerchen oder Eulen.

Während Lerchen abends zeitig müde werden und morgens früh hellwach sind, können Eulen bis tief in die Nacht wachbleiben und schlafen gerne lange aus. Unter den Lerchen sind oft eher ältere Menschen und Frauen, unter den Eulen eher jüngere Menschen und Männer.

Meistens zeichnet sich schon in der Jugend grob ab, zu welchem Chronotyp jemand gehört. „Auch in der Corona-Zeit ohne Bürozeiten und Verpflichtungen haben viele Menschen ihren eigenen Rhythmus kennenlernen können“, sagt Schlafmedizinerin Richter.

Die Rolle der inneren Uhr
Die innere Uhr spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Viele Kurzschläfer haben fast einen 24-Stunden-Rhythmus, der perfekt mit unserem festgelegten 24-Stunden-Tag harmoniert. Andere Menschen haben Rhythmen mit bis zu 25 Stunden, was zu einem sogenannten sozialen Jetlag mit dauerhaftem Schlafmangel führen kann - und damit zu gesundheitlichen Problemen. „Am besten ist es tatsächlich, wenn man sich schon früh mit dem Thema beschäftigt und seinen eigenen Rhythmus bei der Berufswahl schon mitberücksichtigt, statt ein Leben lang gegen ihn anzukämpfen“, rät Richter. Dann kommt es nämlich gar nicht erst so weit, dass die Schlummertaste über Gebühr genutzt wird.

Den Wecker oder das Handy nicht direkt neben dem Bett liegen zu haben, kann ebenfalls dabei helfen, sich das Snoozen abzugewöhnen. Die Erfinder des Weckers hatten sich das ohnehin ganz anders gedacht, wie der Historiker Johannes Graf erklärt.

Die Geschichte der Schlummertaste
„Ursprünglich standen Wecker auch gar nicht auf dem Nachttisch, sondern waren in Wanduhren integriert“, erzählt der stellvertretende Leiter des Deutschen Uhrenmuseums in Furtwangen (Baden-Württemberg). „Wenn die Uhr läutete, mussten die Menschen aufstehen, um den Alarm auszuschalten. Damit die Uhr dabei nicht die ganze Zeit durchläutete, gab es nach dem ersten Alarm eine Pause und dann nochmal ein zweites Läuten - quasi die Frühform des Snoozens aus dem 19. Jahrhundert.“

Die Schlummertaste zum bequemen Bedienen aus dem Bett heraus tauchte zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf. In der Zwischenzeit hatte die wesentlich kleinere, mobile Uhr mit Tragegriff das Möbelstück Wanduhr abgelöst. Diese war nicht nur flexibler, sondern konnte auch billiger produziert werden und war daher für mehr Menschen zugänglich. Für diese mobilen Uhren meldete ein gewisser Robert Türck in Zürich am 22. April 1913 eine Vorrichtung zum Patent an, die „nach einer erstmaligen Ausstellung des Läutwerks eine Wiederholungsauslösung mit dem Gehwerk in eine Verbindung bringt und sodann das Gehwerk das Läutwerk in einer kürzeren bestimmbaren Zeit wieder auszulösen und so fort bis die eigentliche Abstellung des Läutwerks durch das Gangwerk oder durch Ablauf der Weckerfeder eintritt.“

Kurzum: Die Schlummertaste, wie wir sie heute kennen, war geboren.

Zunächst war die „Snooze“-Funktion eher im Ausland beliebt, die Deutschen konnten laut Zeitzeugenberichten nicht viel mit dieser Erfindung anfangen. „Woran das liegt, darüber kann man nur spekulieren“, sagt Historiker Graf. „Grundsätzlich kann die Beliebtheit der Schlummertaste mit dem Willen nach Selbstbestimmung beim Wecken in Verbindung gebracht werden.“ Mit der Erfindung des Radioweckers in den 70er Jahren setze sich die Schlummertaste auch in Deutschland durch. Heute ist die Funktion bei den meisten Weckern gar nicht mehr wegzudenken.

Quelle: dpa

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