Medizinische Fachgebiete
NOTFALL- UND INTENSIVMEDIZIN
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Schlaganfälle, ein Herz-Kreislauf-Stillstand, schwere, akute Verletzungen und vieles mehr verlangen die Betreuung durch notfallmedizinisch ausgebildete Menschen. Insbesondere Personengruppen wie Notärzte und Notfallsanitäter sind auf diesem Gebiet beschäftigt, doch auch Sanitäter, Krankenpfleger oder Ersthelfer leisten im Rahmen der Versorgung einen wichtigen Beitrag. Die Kontrolle der Vitalfunktionen (Wachzustand, Atmung und Kreislauf) ist ein wesentlicher Bestandteil der lebensrettenden Sofortmaßnahmen, denn Störungen haben gravierende Auswirkungen wie beispielsweise die Gefahr des Hirntods durch eine unzureichende Sauerstoffversorgung. Jegliche Erste-Hilfe-Maßnahmen zielen somit darauf ab, die Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.
Notfall versus Katastrophe Die Notfallmedizin beschäftigt sich mit der Erkennung und Behandlung medizinischer Notfälle und dient definitionsgemäß der „Fürsorge für Patienten in akut lebensbedrohlichen Zuständen“ durch Unfall oder Erkrankung. Zur Rettungsmedizin zählen medizinische Behandlungen, die außerhalb von Einrichtungen wie Krankenhäusern stattfinden. Auch die Katastrophenmedizin beinhaltet notfallmedizinische Aspekte, sie ist bei Großschadensfällen relevant und betrachtet eine Vielzahl von Betroffenen, ohne die individualmedizinische Sichtweise einzuschließen.
Rasch handeln Unter dem sogenannten „Diagnostischen Block“ versteht man die Kontrolle der lebenswichtigen Vitalfunktionen (Bewusstsein, Atmung, Kreislauf, kurz: BAK). Durch diese orientierende Untersuchung ist es möglich, den Zustand des Notfallpatienten einzuschätzen und im weiteren Verlauf die passenden Verfahren anzuwenden. Im Anschluss werden beim initialen Traumacheck alle Regionen des Körpers auf außergewöhnliche Einwirkungen untersucht, wobei der Mediziner auf Schmerzreaktionen, abnorme Gelenk- und Knochenstellungen und weitere Auffälligkeiten achtet. Der Neurocheck eignet sich zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Nervensystems, der Arzt testet dafür die Pupillen, die Motorik, die Durchblutung, die Muskelkraft und die Sensibilität.
Je nach Standort verwendet man in der Notfallmedizin Apparaturen wie das EKG-Monitoring, bei dem die Herztätigkeit auf einem Bildschirm dargestellt wird. Das Pulsoximeter misst den Sauerstoffgehalt im Blut und ist ein weiterer Parameter zur Überwachung des Patienten in der Notfallsituation. Mit Hilfe der Kapnometrie bestimmt man den Gehalt an Kohlenstoffdioxid in der Ausatemluft, das Verfahren ist zur Optimierung der Ventilation bei der Beatmung sowie zur Abschätzung des Köpermetabolismus bei der Reanimation nützlich. Blutzuckertests zur Erkennung von Hypo- oder Hyperglykämie kommen bei einem Notfall ebenfalls zum Einsatz. Der Nachweis von Troponin im Blut ist hochsignifikant für kardiale Ereignisse, denn der Proteinkomplex wird beispielsweise bei einem Herzinfarkt aus den Muskelzellen des Herzens ins Blut freigesetzt. Bei einem Verdacht auf Vergiftungen ist die Suche nach toxisch wirksamen Substanzen (wie Drogen oder Schlafmittel) erforderlich.
Letzte Rettung Reagiert eine aufgefundene Person nicht auf Ansprache und hat einen Atemstillstand erlitten, übernimmt der Notarzt die kardiopulmonale Reanimation (Herzdruckmassage und Beatmung). Mittlerweile befindet sich an vielen öffentlichen Plätzen ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED), der den Herzrhythmus selbstständig analysiert und bei Bedarf Stromimpulse abgibt. Zur Sicherstellung der Atmung stehen verschiedene Maßnahmen wie die Intubation, der Luftröhrenschnitt oder die maschinelle Beatmung zur Verfügung. Gelenk- und Knochenverletzungen werden von den behandelnden Ärzten fachgerecht repositioniert und/oder ruhiggestellt, während bei Blutverlusten Druckverbände oder gefäßchirurgische Verfahren notwendig sind. Notfallmediziner sind auch mit speziellen Hilfsmitteln (Schaufeltrage, Rettungskorsett oder Vakuummatratze) sowie mit Notfallamputationen vertraut.
Hohe Überlebenschancen, weniger Langzeitschäden Neben den konventionellen Methoden (Herzdruckmassage, Beatmung und Defibrillation) gibt es eine neue Technologie, die von der Universität Freiburg entwickelt wurde. Das sogenannte CIRD (Kontrolliertes Integriertes Reperfusions-Gerät) hat bereits Leben zu einem fast unmöglichen Zeitpunkt mit geringen Überlebenschancen gerettet. Kehrt nach einer Reanimation der Sauerstoff in das unterversorgte Gewebe zurück, bilden sich toxische Substanzen, die zu schweren Hirnschädigungen oder zum Tod der Patienten führen. Das Kreislauf-Unterstützungssystem CIRD stellt zum einen die Blutzirkulation wieder her, zum anderen ermöglicht es die Regeneration der durch den Herzstillstand geschädigten Organe. Die Apparatur wird im Leistenbereich an die Gefäße angeschlossen und stärkt mittels Pumpen den Kreislauf.
Intensivbetreuung Die Intensivmedizin stellt kein eigenständiges ärztliches Fachgebiet dar, sondern überschneidet sich mit verschiedenen Bereichen wie der Anästhesiologie, der Chirurgie, der Inneren Medizin, der Herzchirurgie, der Neurologie oder der Pädiatrie. Interdisziplinäre Visiten, bei denen sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen austauschen, erleichtern Entscheidungen von großer Tragweite. Intensiv-Ärzte haben eine zweijährige Zusatzausbildung hinter sich, wobei sich Anästhesisten zwölf Monate und weitere Fachärzte (Internisten, Pädiater, Chirurgen, Neurologen und Neurochirurgen) sechs Monate anrechnen lassen können.
In der Intensivmedizin steht die Diagnostik und Therapie akut lebensbedrohlicher Zustände und Krankheiten im Vordergrund. Personen nach schweren Operationen oder Menschen, die beispielsweise nach einem Unfall in Lebensgefahr schweben, werden auf der Intensivstation rund um die Uhr überwacht. Mehrmals täglich finden Untersuchungen statt, um therapeutisch eingreifen zu können, falls sich Atmung oder Kreislauf verschlechtern. Da die Patienten sehr geschwächt sind, gelten aufgrund der hohen Infektionsgefahr strenge Hygienevorschriften.
Sicherung der Vitalfunktionen Die Intensivmedizin setzt sich aus den drei Hauptkomponenten des Monitorings, der Beatmung und der invasiven Verfahren zusammen. Beim Monitoring werden die Herztätigkeit, die Sauerstoffsättigung sowie der Blut-, Hirn-, Zentralvenen- und Pulmonalarteriendruck erfasst. Betroffene mit einer respiratorischen Insuffizienz werden beatmet, während invasive Verfahren Zugänge zu Gefäßen oder Körperhöhlen schaffen, um beispielsweise eine Dialyse durchzuführen. Intensivärzte müssen daher mit Sedierungsmöglichkeiten, Beatmungstechniken, Methoden der Rhythmusregulation sowie extrakorporalen Ersatzverfahren vertraut sein. Neben der medizinischen Betreuung stehen sie mit Angehörigen in engem Kontakt, was zum Teil sehr belastend sein kann.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/19 ab Seite 114.
Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin