Viruserkrankungen
NOROVIRUS – EIN KURZER, ABER HEFTIGER SPUK
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Mit einem leichten Unwohlsein fängt es an, darauf folgt ein schnell einsetzendes, heftiges Erbrechen mit Durchfall und nach zwei bis drei Tagen ist der Spuk dann wieder vorbei: Man hat sich das Norovirus eingefangen. Der Name leitet sich von der US-amerikanischen Stadt Norwalk ab, in der es in den 60er Jahren zu einem großen Gastroenteritis-Ausbruch an einer Grundschule kam. Daher wird es manchmal auch als Norwalk-Virus bezeichnet, seit 2002 ist Norovirus aber der offizielle Name. Es handelt sich um unbehüllte RNA-Viren. Viren, die ihre Erbinformation in Form von RNA enthalten, zeichnen sich durch eine hohe Variabilität aus. Das heißt, sie können sich durch eine Vielzahl von Mutationen schnell an ihren Wirt anpassen. Das Fehlen einer Virushülle führt außerdem zu einer höheren Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen, wie zum Beispiel der Temperatur (Schwankungen von −20 bis +60 °C werden toleriert) oder chemischen Desinfektionsverfahren (reagiert nur auf bestimmte Mittel sensibel). Diese Eigenschaften machen es zusammen mit der geringen Infektionsdosis von 10 bis 100 Partikeln zu einem hochansteckenden, Endemien-auslösenden Viruskandidaten. Im Gegensatz zu einer Epidemie ist das Norovirus zwar die ganze Zeit präsent, aber nur bei einer bestimmte Gruppe Menschen, das heißt örtlich begrenzt. Zu diesen Örtlichkeiten zählen zum Beispiel Schule, Kindergarten oder Altersheim.
Wie kann man sich anstecken?
Erkrankte Personen scheiden über die typischen Symptome Erbrechen und Durchfall ständig neue Erreger aus. Daher sind vor allem Schmierinfektionen Grund für die rasche Übertragung von Mensch zu Mensch. Verbleiben Erreger durch mangelndes Händewaschen an den Händen, können Händeschütteln oder Gegenstände wie Türklinken zu beliebten Austauschplätzen für die Viren werden. Auch Tröpfcheninfektionen sind möglich, da sich die Partikel beim Erbrechen leicht in der Luft verteilen. Anfang des Jahres kam es zu einer großen Rückrufaktion kontaminierter gefrorener Himbeeren durch den Lieferanten Bofrost. Dies zeigt, auch roh verzehrte Lebensmittel oder Trinkwasser können, wenn auch selten, Quellen einer Virus-Infektion sein. Wobei sich die Viren nicht auf den Lebensmitteln vermehren können, sie verharren lediglich und warten auf den nächsten Wirt. Grund für eine Kontamination stellt hierbei meist mangelnde Hygiene des Arbeitsplatzes oder der Arbeiter dar.
Die sicherste Methode dem Virus zu entkommen, besteht im Meiden erkrankter Personen während der Infektion, dabei kann man sich noch bis zu zwei Tage nach Abklingen aller Symptome anstecken. Wenn dies nicht möglich ist, aber auch generell, steht an erster Stelle eine geeignete Händehygiene. Die Hände sollten nach jedem Toilettengang, vor jedem Kontakt mit Lebensmitteln und am besten auch zwischendurch gründlich mit warmem Wasser und Seife gewaschen werden, auch zwischen den Fingern und am Nagelgrund. Anschließendes, gründliches Abtrocknen, vorzugsweise mit eigenen Handtüchern oder Papiertüchern und eventuell abschließende Handdesinfektion runden das Programm ab. Nicht jedes Desinfektionsmittel ist dafür geeignet, da das Virus viel aushält. Man sollte darauf achten, dass auf dem Mittel „viruzid wirksam“ deklariert ist, manchmal ist auch „gegen Norovirus wirksam“ auf dem Etikett vermerkt. Wichtig bei einer wirksamen Desinfektion ist auch eine geeignete Einwirkzeit. Dazu sollte das Mittel gut auf den Handflächen, den Fingerzwischenräumen und den Nägeln einmassiert werden, bis die Hände wieder vollkommen trocken sind. Dies kann unter Umständen einige Minuten in Anspruch nehmen. Ähnliches gilt für die Flächendesinfektion. Da das direkte Umfeld des Erkrankten (Toilette, Waschbecken, Türgriffe etc.) regelmäßig gereinigt werden muss, sollten auch hierbei viruzid wirksame Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen – und die Flächen nicht nachgewischt, sondern trocknen gelassen werden. In den meisten Fällen tut es aber auch eine gründliche Reinigung mit Wasser und Putzmitteln. Eine Impfung gibt es bisher nicht. Grund hierfür ist unter anderem die hohe Mutationsrate des Virus – bis man einen geeigneten Impfstoffkandidaten gefunden hätte, hätte sich das Virus schon längst weiterentwickelt und die Antikörper würden es nicht mehr erkennen.
Und wenn man sich doch angesteckt hat?
Was empfehlen Sie Kunden für die Behandlung? Da die Gefahr einer Ansteckung sehr hoch ist, ist es nicht ungewöhnlich, dass schnell die ganze Familie flach liegt. Eine ursächliche Therapie gibt es nicht und in der Regel klingen die meisten Beschwerden nach ein bis zwei Tagen vollständig wieder ab. In dieser Zeit steht das Entgegenwirken eines zu hohen Flüssigkeitsverlustes im Vordergrund, vor allem bei Kindern und Senioren kann dies sonst zu ernsthaften Komplikationen führen. Um den Verlust von Wasser und Salzen auszugleichen, empfiehlt sich die Anwendung der von der WHO standardisierten Elektrolytlösung. Die Beutelchen werden in einer genormten Menge Flüssigkeit (meist 200 ml Wasser) aufgelöst und über den Tag verteilt getrunken. Bei Kindern empfehlen sich drei bis fünf Beutel pro Tag und bei Erwachsenen am besten eine Dosis nach jedem Stuhlgang/Erbrechen. Zusätzlich sollten nur leicht verdauliche und gut verträgliche Nahrungsmittel und Getränke zu sich genommen werden. Auch wenn sich der Mythos von Cola und Salzstängeln weiterhin hält, sollte davon abgeraten werden. Der hohe Zucker und Coffein-Gehalt schaden dem Kreislauf eher und verstärken den Durchfall, Salzstangen können natürlich gegessen werden. Wenn sich die Symptomatik nicht nach zwei bis drei Tagen bessert, Fieber oder starke Schmerzen hinzukommen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Gleiches gilt generell für Senioren, Schwangere und Säuglinge. Der Einsatz von Antibiotika ist, wie bei allen Virusinfektionen, unsinnig. Die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes beinhalten keine generelle Meldepflicht für Privatpersonen, man kann sich auch zu Hause auskurieren. Stellt sich bei einem Arztbesuch allerdings eine Infektion heraus, ist der Arzt oder das Labor verpflichtet, dem Robert-Koch-Institut Meldung zu geben. Diese nehmen die Meldungen in ein entsprechendes Register auf, schon allein aus statistischen Gründen. In jedem Fall sollte aber die Schule, der Kindergarten oder der Arbeitsplatz informiert werden, um eine Endemie zu verhindern. Ebenso sollte man mindestens zwei Tage nach Abklingen der Symptome noch zu Hause bleiben, da man auch in dieser Zeit noch hochansteckend ist.
Farina Haase,
Volontärin, Apothekerin
Quellen:
- http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Noroviren/Noroviren.html
- https://www.mdr.de/wissen/mensch-alltag/faq-norovirus-100.html
- https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/lebensmittel/lebensmittelhygiene/krank
machende_mikroorganismen_und_viren/noroviren/noroviren-108025.html
- https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/noroviren/