Steuerrad © ankiro / fotolia.com
© ankiro / fotolia.com

Hormone – Teil 1

KOMMUNIKATION UND STEUERUNG

Ob Verdauung, Wachstum oder Fortpflanzung – eine große Vielzahl von Körperfunktionen unterliegt der Regulation durch diese Botenstoffe. Nicht zuletzt gibt es auch eine Verbindung der Hormone zu den Gefühlen.

Seite 1/1 5 Minuten

Seite 1/1 5 Minuten

Damit die verschiedenen Teile des Organismus sich abstimmen und ihre Leistungen an die jeweiligen äußeren Bedingungen anpassen können, müssen Informationen fließen. Neben dem Nervensystem sind für die Kommunikation zwischen den Zellen die Hormone zuständig. Sie koordinieren die Aktivität der Gewebe und Organe. Zu diesem Zweck sezernieren spezialisierte Zellen Botenstoffe, die Hormone, die dann auf dem Blutweg an ihren Zielort gelangen. Diesen Weg der Sekretion bezeichnet man als endokrin. Gewebshormone wie die Prostaglandine wirken ohne den Umweg über die Zirkulation direkt im Nachbargewebe, diese Form der Abgabe nennt man parakrin. Während Nervensignale sehr rasch weitergeleitet werden, entfalten Hormone ihre Wirkung eher langsam; der Effekt hält oft längere Zeit an.

Die Syntheseorte Außer in Drüsen wie zum Beispiel der Schilddrüse, den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse oder den Geschlechtsdrüsen sind hormonproduzierende Zellen auch in anderen Organen oder Geweben zu finden, sogar im Herzen. Hier synthetisieren bestimmte Muskelzellen als Antwort auf mechanische Reize im Vorhof einen Stoff , der den Salz- und Wasserhaushalt und damit letztlich den Blutdruck reguliert.

Aber auch viele weitere Gewebe sind hormonell aktiv, insbesondere im Magen-Darm-Trakt. So stimulieren zum Beispiel Koffein oder der Dehnungsreiz auf die Magenwand nach einer Mahlzeit die Produktion des Hormons Gastrin in spezialisierten Zellen der Schleimhaut. Dieser Stoff kurbelt die Salzsäureproduktion an und regt zugleich die Motilität des Verdauungstrakts an. Im Fettgewebe werden die Adipokine produziert, die unter anderem den Glukose- und den Lipidstoffwechsel sowie den Appetit regulieren.

In der Haut wird bei Exposition gegenüber UV-Licht das „Sonnenhormon“ Vitamin D3 hergestellt, genau genommen eine Hormonvorstufe, die in den Nieren in Calcitriol, ein für Kalziumhaushalt und Knochenstoffwechsel zentrales Hormon, umgewandelt wird. Das Blut befördert die Hormone in alle Körperregionen, aber nur jeweils spezifische Organe sprechen auf ein bestimmtes Hormon an, weil nur die Zielzellen spezifische Rezeptoren besitzen, an die der passende Informationsträger (nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip) bindet.

Chemie der Botenstoffe Vom Aufbau her lassen sich Hormone mit Protein- oder Peptidstruktur, also wasserlösliche Verbindungen, von der Gruppe der Steroidhormone, die sich vom Cholesterin ableiten und daher fettlöslich sind, unterscheiden. Die Vertreter aus letzterer Gruppe – zu ihnen gehören unter anderem die Geschlechtshormone – vermitteln den Zielzellen ihre Botschaft, nachdem sie zunächst an Rezeptoren im Inneren der Zellen binden. Der Hormon-Rezeptor-Komplex wandert in den Zellkern und schaltet dort die Ablesung von Genen dieser Zelle an oder aus.

»Die Ausschüttung einiger Hormone folgt einem bestimmten zeitlichen Rhythmus.«

Die Hormonwirkung entsteht hier also durch Veränderung der Genaktivität, das heißt, die Wirkung beruht letztlich auf einer Neusynthese von Proteinen, einem eher langsamen Prozess, der bis zu Tagen dauern kann. Im Unterschied dazu wird bei den Hormonen mit Eiweißstruktur nach Bindung an die Zellmembran ein in der Zelle befindliches Protein aktiviert, das dann eine Kaskade von Enzymaktivierungen anstößt, bis am Ende die jeweilige Zellantwort resultiert. Die Wirkungen dieser Hormone setzen im Vergleich schneller ein; ein Beispiel ist das Insulin.

Ausgeklügelte, bedarfsgerechte Regulierung Die Ausschüttung einiger Hormone folgt einem bestimmten zeitlichen Rhythmus. So erreicht das Stresshormon Kortisol, von dem sich die Kortikosteroide ableiten, frühmorgens die höchsten Werte. Bekannt ist auch die zyklische Ausschüttung der Sexualhormone der Frau im Monatsrhythmus. Schon winzige Mengen der Substanzen reichen aus, um die Biochemie von Zellen zu beeinflussen; das heißt auch, dass kleinste Abweichungen bei den Hormonspiegeln weit reichende Folgen haben können.

Damit immer die jeweils erforderliche Konzentration eines bestimmten Hormons verfügbar ist, unterliegt die Freisetzung der Moleküle einer genauen Steuerung. In großen Teilen des Hormonsystems ist diese hierarchisch gegliedert, wobei ein Teil des Zwischenhirns, der Hypothalamus, das wichtigste Kontrollzentrum des vegetativen Nervensystems, eine zentrale Stellung einnimmt.

An dieser Stelle wird unter anderem dafür gesorgt, dass so wichtige Größen wie Temperatur und Blutdruck weitgehend konstant sind, hier werden Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, Schlafbedürfnis und Wachheit reguliert, sowie weitere dem Tag-Nacht-Zyklus gehorchende Prozesse. Zusammen mit der nachgeschalteten Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ist dieser Hirnteil die Schnittstelle zwischen dem Nerven- und dem Hormonsystem.

Hypothalamus und Hypophyse, die selbst wiederum dem Einfluss von anderen Hirnregionen unterliegen, beeinflussen über diverse Steuerhormone die Hormonproduktion in verschiedenen untergeordneten Drüsen. Dies geschieht in Form komplexer Regelkreise, meist nach dem Prinzip der negativen Rückkoppelung: Überschreitet die regulierte Größe, der Hormonspiegel den „Soll- Wert“, wirkt dies hemmend auf das Regelzentrum, die Produktion wird zurückgefahren.

Hierarchie im Hormonsystem Bei den unter dem Einfluss von Hypothalamus und Hypophyse stehenden Hormonen lassen sich, je nach Zielorgan, verschiedene „Kommunikationsstränge“ unterscheiden; man spricht von Achsen, zum Beispiel der thyreotropen Achse, welche die Aktivität der Schilddrüse regelt. In der obersten Kontrollinstanz Hypothalamus wird jeweils ein die Freisetzung stimulierendes (Releasing Hormon) oder ein hemmendes Hormon (Inhibiting Hormon) ausgeschüttet, das in der nächsttieferen Ebene, der Hypophyse, zur Freisetzung – oder Hemmung – bestimmter Hormone führt, die dann wiederum in untergeordneten Drüsen die Ausschüttung sogenannter Effektorhormone induzieren.

Auf diese Weise wird beispielsweise die Produktion der Geschlechtshormone in den Eierstöcken oder im Hoden reguliert (gonadotrope Achse), die der Schilddrüsenhormone, oder, über die adrenotrope Achse, die Abgabe von Kortisol in der Nebennierenrinde. Die Steuerung anderer Hormone, wie beispielsweise die des Insulins, ist unabhängig von dem Regelzentrum im Gehirn: Die Bauchspeicheldrüse stellt in einem eigenen Regelkreis sicher, dass Glukose stets ausreichend verfügbar ist, ohne schädigende Konzentrationen zu erreichen.

Hormone und Psyche Viel Aufmerksamkeit in den Medien erfährt seit einiger Zeit der Einfluss von Hormonen auf die Psyche. Das Thema hat durchaus eine gewisse Faszination. So bewirkt etwa das oft erwähnte Oxytocin neben der Wehenauslösung im Rahmen der Geburt auch angenehme Gefühle bei Mutter und Säugling während des Stillens. Auch außerhalb der Mutter-Kind-Beziehung kurbeln offenbar Berührungen oder auch Massagen die Produktion der Substanz an.

Neurowissenschaftler haben nach verschiedenen Experimenten auf einen Zusammenhang zwischen dem Stoff und dem Entstehen emotionaler Bindung und Vertrautheit geschlossen. Darauf geht die in der Presse oft verwendete Bezeichnung „Kuschelhormon“ zurück. Wie vorschnell solche Zuordnungen sind, bewiesen Tests mit anderen Versuchsanordnungen, in denen die Gabe des Hormons Feindseligkeit und aggressives Verhalten hervorrief. Diese unterschiedlichen Befunde machen deutlich, dass die Gefühlswelt sicher mehr ist, als das Resultat verschiedener Hormonwirkungen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/14 ab Seite 100.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

×