Knochenfunde | Pest
DER SCHWARZE TOD KAM FRÜHER ALS ANGENOMMEN
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Bereits im 14. Jahrhundert ging der „Schwarze Tod“, wie die Pest auch genannt wird, durch die Lande. Er wohnte im Fell von Ratten und Mäusen, die zu dieser Zeit in jedem Haus, ob arm oder reich, anzutreffen waren. Aus Funden in menschlichen Knochen und Zähnen aus der Bronzezeit ging bereits hervor, dass die Entwicklungsgeschichte von Yersinia pestis recht weit zurückreicht. Doch die Forscher um Ben Krause-Kyora sind dem Ursprung des berühmt-berüchtigten Bakteriums nun noch deutlich näher gekommen.
Entdeckt haben sie den frühen Pestis-Stamm in den Knochen eines 20- bis 30-jährigen Mannes, der vor rund 5000 Jahren im heutigen Lettland gelebt hat. Er war mit drei anderen Jägern und Sammlern bestattet worden. Die Wissenschaftler entnahmen DNA-Proben, um die Genome zu sequenzieren. Zusätzlich suchten sie nach genetischen Spuren von potenziellen Krankheitserregern – und wurden fündig. Sie fanden sogar etwas, das sie gar nicht gesucht hatten, nämlich das Pest-Bakterium, das niemand in einer so frühen Menschheitsepoche vermutet hatte.
Vor 7000 Jahren entstanden
Dabei zeigte sich, dass es sich bei dem Bakterium vom Mann mit dem wissenschaftlichen Namen RV2039 um den urtümlichsten aller jemals entdeckten Stämme von Yersinia pestis handelte. Er gehörte zu einer Linie, die schon vor 7000 Jahren entstanden sein muss – vermutlich nur wenige hundert Jahre, nachdem sich der Erreger von seinem Vorgänger Yersinia pseudotuberculosis abgespalten hat. „Es scheint, dass wir dem Ursprung des Bakteriums damit sehr nahe kommen“, sagt Krause-Kyora.
Wie aus den genetischen Analysen hervorgeht, besaß der frühe Stamm zwar bereits den genetischen Satz, der ihn als Vertreter des besiedelten Rattenflohs ausweist – doch fehlten ihm die entscheidenden Merkmale, die mit der Virulenz späterer Versionen verknüpft sind. Vor allem besaß er nicht die genetischen Merkmale, die dem Bakterium ein Überleben in Flöhen ermöglichte. Bis Y. pestis alle Merkmale dafür beisammen hatte, dauerte es von RV2039 an wahrscheinlich noch mehr als 1000 Jahre, mutmaßen die Forscher.
Langsamer Verlauf
Wie hat sich nun der Mann vor 5000 Jahren angesteckt? RV2039 war sehr stark von den Bakterien befallen und ist höchstwahrscheinlich auch an der Infektion gestorben. Möglicherweise hat sich der Mann durch den Biss eines Nagetieres direkt angesteckt. Der starke Befall weist allerdings auf einen langsamen Verlauf der Erkrankung hin und eine vergleichsweise geringe Aggressivität des Erregers. Die Forscher gehen außerdem davon aus, dass es sich auch nicht um die hochansteckende Form der Pest gehandelt hat, die sich über Tröpfcheninfektion ausbreitete. Neben anderen genetischen Hinweisen deutet darauf auch der Umstand hin, dass die drei weiteren Toten des Fundortes eben nicht erkrankt waren.
Die Studie hat somit auch eine Bedeutung für Einschätzungen von bisher unklaren Bevölkerungsentwicklungen in der Menschheitsgeschichte. Die weniger ansteckende und tödliche Natur des frühen Yersinia-Stammes widerspricht nämlich der Vermutung, dass der Erreger zu Bevölkerungsrückgängen in Westeuropa geführt haben könnte, die sich am Ende der Jungsteinzeit abzeichnen – an der Pest lag es jedenfalls nicht.
Quelle: www.wissenschaft.de