Kind wird gefüttert. © ronstik / iStock / Getty Images Plus
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Säuglinge und Kleinkinder

KINDGERECHTE ARZNEIFORMEN

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, schon gar nicht, wenn es um die Applikation von Arzneimitteln geht. Kinder benötigen Darreichungsformen, mit denen der Wirkstoff sicher ans Ziel gelangt.

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Die Kleinen können Tabletten oder gar Kapseln noch nicht schlucken und Tropfen – so weit vorhanden - sind meist so bitter, dass sie von Kindern gleich wieder ausgespuckt und gar nicht erst heruntergeschluckt werden. Gut schmeckende flüssige Oralia, Suppositorien oder Klysmen sind für Säuglinge, Klein- und Vorschulkinder am besten geeignet. Aber auch bei ihrer Applikation gibt es einiges zu beachten. Flüssige Arzneiformen Flüssige Oralie sind klassische Darreichungsformen bei Kindern, denn sie zeichnen sich gleich durch mehrere Vorteile aus. Sie lassen sich nicht nur leicht vom Kind schlucken. Säfte, die speziell für Kinder gedacht sind, schmecken zudem den Kleinen durch Zusätze wie Zucker, Süßstoffe oder Aromen meist auch gut.

Positiv ist auch, dass sie eine variable, individuelle Dosierung (z. B. auf Basis des Körpergewichts) erlauben. So müssen beispielsweise Eltern mehrerer Kinder unterschiedlichen Alters von einem Analgetikum wie Paracetamol nur eine Zubereitung vorrätig halten. Säfte bieten sich vor allem für Kinder bis zu acht Jahren an. Danach werden sie erfahrungsgemäß wegen der notwendig werdenden höheren Dosen und damit größeren Volumina nicht mehr so gut von ihnen akzeptiert. In der Regel dulden Kinder unter fünf Jahren ein Volumen von bis zu fünf Millilitern pro Dosis problemlos. Ältere Kinder schlucken ohne Murren die doppelte Menge.

Danach wird es schwierig, da Volumina über zehn Milliliter zwei oder mehr Dosierungen mit einem Dosierlöffel oder einer Dosierspritze erfordern. Eine Alternative sind dann Tropfen, mit denen sich das Volumen reduzieren lässt. Allerdings zeichnen sich diese häufig durch einen bitteren Geschmack aus, vor allem wenn die Tropfen alkoholhaltig sind. Der Alkoholgehalt schreckt zudem auch viele Eltern grundsätzlich von einer Tropfengabe ab.

Reine Geschmackssache Der Geschmack ist für die Akzeptanz eines Arzneimittels entscheidend. Eine gute Compliance kann bei kleinen Patienten nur erreicht werden, wenn sie das Arzneimittel gerne einnehmen. Süße Säfte werden erfahrungsgemäß am liebsten genommen. Daher setzen die Hersteller den meisten Antibiotika- oder Analgetika-Säften Vanille- oder Fruchtaromen zum Überdecken des wirkstoffspezifischen Eigengeschmacks und -geruchs zu. Da häufig wirkstoffgleiche Präparate mit unterschiedlichen Aromen vertrieben werden, kann bei fehlender Akzeptanz alternativ auf den Saft eines Mitbewerbers zurückgegriffen werden, der dann – hoffentlich - die geschmacklichen Vorlieben des Kindes trifft.

Daher sollte Eltern auch geraten werden, möglichst bei einem bestimmten Präparat zu bleiben. Diese Empfehlung bezieht sich vor allem auf Paracetamol- oder Ibuprofen-haltige Säfte, die in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen angeboten werden. Häufig hört man auch den Ratschlag, Arzneimittel mit Süßspeisen wie Konfitüre, Obst, süßen Joghurt, Pudding oder dem Lieblingsgetränk zu mischen. Dabei gilt es aber zu bedenken, dass möglichst nur geringe Mengen des Trägers zur Geschmacksverbesserung zum Einsatz kommen sollten, um die Einnahme der gesamten Dosis sicherzustellen. Zudem eignen sich nicht alle Lebensmittel. Flaschennahrung kann gerinnen, Honig kann Sporen von Clostridium botulinum enthalten (daher grundsätzlich nicht für Säuglinge geeignet) oder milchhaltige Produkte können die Wirkung bestimmte Antibiotika herabsetzen.

Lieben es Kinder sehr süß, sollten lieber Präparate mit Zucker oder Zuckeraustauschstoffen bevorzugt werden, auch wenn diese mit anderen Nachteilen einhergehen. So ist Zucker nicht nur kariogen. Saccharose ist zudem bei Patienten mit Diabetes und Fructose bei Personen mit einer Fructoseintoleranz kontraindiziert. Bei einem hohen Verzehr von Zuckeraustauschstoffen kann es hingegen zu Bauchschmerzen und Durchfällen kommen.

Feste Arzneiformen

Tabletten sind erst für Grundschulkinder empfehlenswert und Kapseln werden nur von älteren Schulkindern sicher geschluckt. Ausnahme unter den festen Darreichungsformen stellen leicht zerfallende Tabletten wie die zur Fluoridprophylaxe oder zur Vitamin D-Supplementierung dar. Diese können auf einem Löffel in einigen Tropfen Wasser suspendiert werden und lassen sich so bereits Säuglingen applizieren. Auch Schmelztabletten (z. B. mit Iburofen) oder Lutschtabletten (z. B. mit Cetirizin) eignen sich bereits für Kinder.

Erklärungsbedürftige TrockensäfteAntibiotika-haltige Säfte sind zumeist als Trockensäfte im Handel. Um Fehler bei der Herstellung der gebrauchsfertigen Suspension zu vermeiden, kann den Eltern eine Zubereitung in der Apotheke angeboten werden. Alternativ sollte das Vorgehen bei der Eigenherstellung zu Hause genau erklärt werden: Aufschütteln des Pulvers, Auffüllen mit kaltem Leitungswasser bis zur Markierungslinie (diese unbedingt zeigen), eventuelles Nachfüllen mit Wasser. Außerdem ist auf das notwendige Aufschütteln des Saftes vor Gebrauch sowie die korrekte Lagerung und begrenzte Haltbarkeit hinzuweisen. Meist gehören die zubereiteten Säfte in den Kühlschrank. Einige vertragen hingegen keine kühle Aufbewahrung, da sie dann eindicken oder bitter schmecken (z. B. Clarithromycin).

Dosierung und Dosierhilfen erläuternBei der Abgabe sollte zudem immer die Dosierung genau erläutert werden, denn auch diese ist erklärungsbedürftig. Abkürzungen auf Rezepten wie „ML“ für Messlöffel können für die Eltern missverständlich sein und leicht zu Dosierfehlern führen. Natürlich ist es entscheidend, ob dem Kind ein Messlöffel oder eventuell bei falscher Interpretation lediglich ein Milliliter gegeben werden. Ebenso sollte man sich mit den Eltern gemeinsam die beigefügten Dosierhilfen ansehen.

Messbecher sind für Kinder, die noch gestillt werden oder aus der Flasche trinken, unzweckmäßig. Auch Dosierlöffel stellen dann nicht die geeignete Applikationshilfe dar. Diese sind zudem oft ungenau und mit schlecht leserlichen Markierungslinien (erläutern!) versehen, die die korrekte Dosierung erschweren. Die beste Applikationshilfe stellen Dosierspritzen oder Dosierpipetten dar, gute Dienste kann auch eine normale Einmalspritzen (ohne Kanüle) leisten. Mit ihnen sind eine exakte Dosierung und sichere Applikation möglich. Ein langsames Einbringen kleiner Mengen in die Innenseite der Wange verhindert zudem, dass sich die Kinder verschlucken.

Zäpfchen als AlternativeBei kleinen Kindern hat sich die rektale Anwendung von Suppositorien oder Klysmen etabliert. Schluck- und Geschmacksprobleme spielen bei diesen Darreichungsformen keine Rolle. Zudem sind sie auch bei Übelkeit oder Erbrechen die beste Wahl. Allerdings ist eine exakte Dosierung schwieriger und häufig ist darüber hinaus die Resorption langsamer und geringer als bei oraler Gabe (z. B. bei Paracetamol). Auch kann sich die Applikation als schwierig herausstellen. Während Säuglinge Zäpfchen meist akzeptieren, wird die Arzneiform mit zunehmendem Alter immer unpopulärer und damit ihr Einführen in den After schwieriger.

Ein Anfeuchten des Zäpfchens mit etwas Wasser oder ein kurzes Anwärmen in der Hand erleichtert die rektale Gabe. Um ein Herausrutschen des Suppositoriums zu vermeiden, sollten beide Pobacken nach dem Einführen einige Zeit leicht zusammengedrückt werden. Bewährt hat sich auch der Tipp, das Zäpfchen mit dem stumpfen Ende voran in den After zu schieben. Werden Klysmen appliziert, erleichtert ein Einfetten des Applikationsrohres das Einführen, alternativ kann auch dieses leicht in der Hand erwärmt oder mit Wasser befeuchtet werden. Nach Entleerung ist das Klysma beim Herausziehen zusammenzudrücken, um ein Zurücksaugen des Arzneimittels zu verhindern.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/2021 ab Seite 46.

Gode Chlond, Apothekerin

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