Katze © Jevtic / iStock / Getty Images Plus
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Therapietiere

KATZEN IM SENIORENHEIM

Es geht nicht darum, dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben zu geben – dazu können Katzen einen Beitrag leisten. Pflegeeinrichtungen müssen vor der Anschaffung allerdings verschiedene Aspekte beachten.

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Katzen sind Freunde, Gesprächspartner, Therapeuten oder Leidensgenossen: Viele Senioren- und Pflegeheimorganisationen haben bereits erkannt, dass sich die tierischen Mitbewohner positiv auf das Wohlbefinden der Heimbewohner auswirken. Vor allem bei der Betreuung von Demenz-Patienten spielt die Anwesenheit von Tieren, zum Beispiel Katzen, eine bedeutsame Rolle. Sie verbessern die Aufmerksamkeit, die Kommunikation sowie die Empathie der Senioren, außerdem leben die älteren Menschen durch die Samtpfoten im Hier und Jetzt und wünschen sich körperlichen Kontakt, der für beide Seiten angenehm ist. Senioren haben häufiger ein Lächeln auf den Lippen, weniger Depressionen, sind lebhafter in Gestik und Mimik, zeigen mehr Lebensfreude und haben vermehrt Sozialkontakte.

Sterbebegleiter Oscar Vor einigen Jahren wurde von einer Katze aus der amerikanischen Stadt Providence, Rhode Island, berichtet, die das baldige Ableben der Bewohner eines Altersheims gespürt haben soll. Das Kätzchen, geboren 2005, wurde aus einem Tierheim in das Steere House Nursing and Rehabilitation Center, einer Einrichtung für Alzheimer- und Parkinson-​Patienten am Lebensende, gebracht. Kater Oscar sei stets zu den Patienten gekommen, die kurze Zeit später verschieden seien. Er schnüffelte an einigen alten Menschen und legte sich zu ihnen bis sie wenige Stunden später verstarben.

Dr. David Dosa von der Brown University in Providence, Facharzt für Geriatrie, berichtete darüber im „New England Journal of Medicine“ und vermutete, Oscar habe ungeahnte Fähigkeiten und könne den Tod palliativmedizinischer Patienten vorhersagen. Eine Erklärung für seine These fand er allerdings nicht. Aufmerksamkeit erregte besonders ein Fall, bei dem sich Oscar an das Bein einer Patientin legte, welches von einer Thrombose betroffen war, und dort verblieb, bis sie gestorben war. Bei einem weiteren Fall prognostizierte der Arzt den Tod einer Person, doch der Kater kam nicht. Der Mediziner lag mit seiner Vermutung falsch, Oscar suchte den Patienten erst dann auf, als sein Ende nahte.

Die Genauigkeit von Oscars Besuchen führte sogar dazu, dass die Mitarbeiter der geriatrischen Einrichtung Angehörige informierten, sobald die Katze sich zu den Menschen gesellte. Joan Teno, die Professorin an der Warren Alpert Medical School der Brown University war, konnte sich (ebenso wie Dosa) vorstellen, dass der Kater sensibel auf den Geruch des Todes reagierte. Der Tier-Behaviorist Daniel Estep aus Littleton war hingegen der Ansicht, dass Oscar eher auf die Bewegungsarmut Sterbender reagierte. Der Fall „Oscar“ wurde so bekannt, dass er in verschiedenen popkulturellen Zusammenhängen aufgegriffen wurde, zum Beispiel in der Serie „Doctor House“ mit der Folge „Wenn die Katze kommt“. Die Punkband Tacocat widmete Oscar ihren Song „Psychic Death Cat“.

Modelle der Tierhaltung Senioren mit Tieren im Haushalt fällt der Umzug ins Altersheim besonders schwer, weil dieser für sie auch ein Abschied vom geliebten Kameraden bedeuten kann. Heutzutage lassen allerdings immer mehr Heime eine individuelle Tierhaltung zu, Voraussetzung ist ein ausreichendes Platzangebot, das Einverständnis von Mitbewohnern und Personal sowie die Organisation (wie etwa die Unterbringung des Tieres bei Krankheit oder Tod). Vorab mit der Heimleitung zu klärende Fragen sind auch: Wer reinigt die Katzentoilette? Wer kümmert sich um die Tierarztbesuche?

Wer trägt die Kosten? Manchmal schafft das Heim jedoch auch ein oder mehrere Tiere für alle Mitbewohner an. Bevor ein Stubentiger einzieht, muss abgeklärt werden, ob eventuelle Allergien gegen den Vierbeiner vorliegen oder Betroffene gar Angst haben. Hinzu kommt, dass selbstverständlich auch nicht jede Katze für das Leben im Altersheim geeignet ist – auch dies ist im Vorhinein zu prüfen. Junge und verspielte Katzen würden zu viel Unruhe und Trubel in das Leben der alten Menschen bringen und diese unter Umständen verunsichern. Ist die Tierhaltung aufgrund der Organisationsstruktur nicht sinnvoll, sind regelmäßige Besuche von Tierhaltern mit ihren Katzen möglich.

Daher haben einige Seniorenheime tierische Besuchsdienste für die Bewohner eingeführt. Die Tiere kommen mit Frauchen oder Herrchen, machen keinen Mehraufwand und die Besuche sind sogar häufig kostenfrei, wenn sich freiwillige Tierbesitzer finden, die alten Menschen eine Freude machen möchten. Dabei sollten die Katzen selbst bestimmen, wann ein Besuch beendet ist: Sie wenden sich dann in der Regel ab und laufen zur Türe – eine festgelegte Besuchsdauer gibt es dabei nicht.

Hygiene an oberster Stelle Beim Besuch oder bei der Haltung von Katzen in Seniorenheimen sind verschiedene Hygienemaßnahmen zu beachten: Die Bewohner sollten sich nach Berührungen die Hände waschen, keinen direkten Kontakt zu den Exkrementen haben und die Tiere nicht küssen. Die Samtpfoten benötigen die empfohlenen Impfungen, Entwurmungskuren, ein eigenes Schlaflager sowie waschbare Decken, außerdem ist die regelmäßige Reinigung der Näpfe erforderlich. Zu beachten ist auch, dass bei langhaarigen Katzen Fellpflege notwendig ist. Zudem ist es ratsam, die Tiere nicht zu barfen, also mit Rohfleisch zu füttern, um für Senioren gefährliche Infektionen zu vermeiden.

Seniorenkatzen für Senioren Katzen tun auch betagten Personen, die noch im eigenen Haushalt wohnen, gut, allerdings werden älteren Menschen oft keine Tiere mehr vermittelt. Senioren bekommen beim Katzenschutz Bonn Rhein-Sieg e.V. Hilfe: Im Rahmen des Projekts „Senioren für Senioren“ finden ältere Katzen, die selbst bereits etwas gesetzter sind, ein ruhiges Zuhause bei Rentnern. Im Oktober 2016 wurde das Seniorenprojekt mit dem 2. Platz des Deutschen Tierschutzpreises ausgezeichnet.

Tierische Seelentröster Auch in der Psychotherapie kommen Katzen zum Einsatz. Sie wohnen entweder in der Praxis, in der die Sitzungen stattfinden, oder sie begleiten ihren Therapeuten zu Hausbesuchen. Die Stubentiger helfen bereits durch ihre bloße Anwesenheit dabei, seelische Erkrankungen zu lindern, spezielle Aufgaben müssen sie daher nicht erfüllen. Katzen verhalten sich im Rahmen der Therapie wie jeder andere Artgenosse und entscheiden selbst, wozu sie gerade Lust haben.

Oft schleichen sich Therapiekatzen neugierig an unbekannte Personen an und beschnuppern sie vorsichtig. Sie sollten demnach menschenbezogen sein und keine Angst vor Besuch zeigen. Begleitet die Samtpfote ihren Besitzer mit zu Hausbesuchen, ist es wichtig, dass sie gerne Auto fährt und sich an fremden Orten rasch wohl fühlt. Patienten können durch den Tierkontakt oft Ängste gegenüber der Therapiesituation abbauen, was die Zusammenarbeit enorm erleichtert.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 54.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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