Tatort Apotheke
HYPERTONIKER – DIE PTA ERMITTELT
Seite 1/1 2 Minuten
Herr Bergmann ist schon seit längerem Bluthochdruckpatient. Nun ist auch noch eine Herzinsuffizienz diagnostiziert worden. Sein Hausarzt möchte ihn daher medikamentös neu einstellen. Er hat ihm ein Rezept über jeweils 100 Tabletten mit 20 Milligramm Enalapril und 100 Milligramm Spironolacton ausgestellt.
Da Herr Bergmann sich im Moment nicht besonders fit fühlt, fragt er auch gleich nach einem Multivitaminpräparat. Er möchte gerne eins, das auch alle wichtigen Mineralstoffe enthält. Schon als die PTA die beiden verordneten Medikamente scannt, meldet sich der Computer zu Wort. Von „mittelschwerer Interaktion“ und „Überwachung bzw. Anpassung nötig“ ist dort die Rede. Die PTA lässt sich dies genauer anzeigen und bespricht sich mit dem Apotheker.
Pharmakologischer Hintergrund Enalapril ist ein ACE-Hemmer . Es hemmt die Umwandlung von Angiotensin I zu Angiotensin II, einer der stärksten blutdrucksteigernden Substanzen. Außerdem kommt es durch die Abnahme der Angiotensin-II-Bildung zu einer verminderten Freisetzung von Aldosteron und damit zu einer schwach diuretischen Wirkung.
ACE-Hemmer werden in der Regel gut vertragen, eine mögliche Nebenwirkung, die bei etwa vier Prozent der Patienten auftritt, ist die Hyperkaliämie. Dies ist auf die reduzierte Bildung von Aldosteron zurückzuführen. Das Mineralokortikoid fördert die Rückresorption von Natrium und Wasser in der Niere und fördert die Ausscheidung von Kalium. Wird nun weniger Aldosteron gebildet, kann das zum Zurückhalten von Kaliumionen führen.
Spironolacton ist ein kaliumsparendes Diuretikum, das ebenfalls auf die Aldosteron-abhängige Retention von Wasser und Natrium sowie auf die Ausscheidung von Kalium hemmend einwirkt. Es kommt unter der Therapie zu einer vermehrten Diurese und damit zur Senkung des Blutdruckes und Ausschwemmung von Ödemen. Allerdings steigt gleichzeitig der Kaliumspiegel an. Darum kombiniert man Spironolacton gerne mit Schleifendiuretika, die vermehrt Kalium ausschwemmen.
Die Kombination mit einem ACE-Hemmer verstärkt das Problem jedoch. Beide Arzneistoffe hemmen die Kaliumausscheidung, es kann zur Hyperkaliämie kommen. Dies äußert sich durch Muskel schwäche, Müdigkeit sowie Nierenfunktionsstörungen und EKGVeränderungen aufgrund von Herzrhythmusstörungen.
Zurück zum Fall Da eine Hyperkaliämie schnell zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann, entschließen sich PTA und Apotheker, mit dem Arzt Rücksprache zu halten. Während der Apotheker mit dem Arzt telefoniert, erklärt die PTA dem Kunden die Situation. Sie sagt ihm auch, dass ein Vitamin- und Mineralstoffpräparat die Situation noch verschärft hätte, denn damit hätte er weiteres Kalium zu sich genommen. Herr Bergmann ist sehr froh, dass seine Apotheke so aufmerksam ist und ihn vor der Arzneimittelwechselwirkung bewahrt hat. Der Arzt zeigt seine Freude weniger offen, er bedankt sich jedoch und bittet den Apotheker, seinen Patienten zurück zu ihm in die Praxis zu schicken, damit er ihm eine andere Medikation verordnen kann.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/11 auf Seite 42.
SB