Repetitorium

HAUTKRANKHEITEN – TEIL 1

Die meisten Hautkrankheiten sind unangenehm, aber nicht lebensbedrohlich. Grundlagen zu häufig auch in der Apotheke nachgefragten Erkrankungen und in der Dermatologie angewandten Wirkstoffen, erhalten Sie mit diesem Repetitorium.

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Fünf Jahre Weiterbildung zusätzlich zum Medizinstudium absolviert ein Facharzt für Dermatologie . Das kann und will dieses Repetitorium nicht ersetzen. Man schätzt, dass es etwa 2000 bis 3000 definierbare Haut-Krankheitsbilder gibt, und dass jede Person mindestens einmal im Leben hautkrank wird. Hautkrankheiten gehören damit zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen, ihre Zahl nimmt permanent zu. Insbesondere gilt dies für Infektionen, Allergien, aber auch Hautkrebs.

Im Gegensatz zu Erkrankungen von anderen Organen wie Herz oder Niere, sind sie meist herdförmig umschrieben und befallen selten das gesamte Hautorgan. Lebensbedrohlich sind lediglich generalisiert-universelle Hauterkrankungen wie Erythrodermien (entzündliche Hautrötung am gesamten Körper mit lebensbedrohlich starkem Wärme-, Flüssigkeits-, Salz- und Eiweißverlust), starke Arzneimittelreaktionen, schwere Verbrennungen oder sehr aggressiver Hautkrebs. Häufig sind Hautkrankheiten chronisch, wodurch sie den Patienten vielfach lebenslang begleiten und belasten. Beispiele hierfür sind: Durch Gendefekte bedingte Hauterkrankungen, Psoriasis (Schuppenflechte), atopisches Ekzem (Neurodermitis), berufsbedingte Ekzeme, Allergien.

Da viele Hauterkrankungen nicht lebensbedrohlich sind, wird die Apotheke auch gerne von Betroffenen als Anlaufstelle und Ratgeber genutzt. Die psychosoziale Dimension von Hauterkrankungen infolge seelischer Belastungen und sozialer Ausgrenzung darf hierbei nicht unterschätzt werden. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen sind Hautkrankheiten auch für Außenstehende meist gut sichtbar.

Symptome und Beschwerden Auch Erkrankungen der Hautanhangsgebilde, also von Haaren, Nägeln, Talg- und Schweißdrüsen, werden zu den Hautkrankheiten gezählt. Trotz erheblichen Wissenszuwachses sind bei vielen Hautkrankheiten die Ursachen und Krankheits- Mechanismen nicht zur Gänze bekannt. Und genauso breit wie das Spektrum der Hautkrankheiten selbst, ist auch das Spektrum der Schweregrade von Hautkrankheiten. Viele Hautkrankheiten machen auf sich aufmerksam, weil die Haut an bestimmten Stellen einfach anders aussieht als gesunde Haut. Man spricht von Hautblüten, also Ausblühungen, „Effloreszenzen“.

Primäreffloreszenzen entstehen direkt auf vorher gesunder Haut, während Sekundäreffloreszenzen auf vorhandene Primäreffloreszenzen folgen.

Primäreffloreszenzen sind insbesondere

  • Flecken (Makula) mit Farbveränderung der Haut,
  • Quaddeln (Urtika), die meist durch eine Flüssigkeits - ansammlung (Ödem) unter der Haut bedingt sind,
  • Bläschen (Vesikula) mit oberflächlicher Flüssigkeitsansammlung,
  • Knötchen (Papel) oder Knoten (Nodus), das sind mehr als erbsengroße Papeln, aber auch
  • Pusteln (Pustula), also eitergefüllte Spaltbildungen.

Typische Sekundäreffloreszenzen sind hingegen

  • Schuppen (Squama), die meist durch krankhafte Vermehrung der Hornschicht entstehen,
  • Nekrosen (Schorf), also absterbendes Gewebe,
  • Erosion und Exkoration, das sind eher oberflächlich gelegene Gewebedefekte,
  • Geschwüre (Ulkus), also auch tiefere Schichten berührende Defekte, aber auch
  • Krusten (Crusta),
  • Rhagaden (Hautrisse),
  • Narben (Cicatrix),
  • Geweberückbildungen (Atrophien) und
  • Lichenifikationen (Lichen, griechisch für „Flechte“) mit flächenhafter Verdickung der Haut und vergrößerter Felderzeichnung.

Manche dieser Effloreszenzen sind ansonsten nicht auffällig, andere verursachen mitunter starkes Missempfinden mit Juckreiz, Brennen oder Schmerzen. Jeder Arzt – nicht nur Dermatologen – sollte die Nomenklatur der Effloreszenzen beherrschen. Mitarbeiter der Apotheke haben sich hingegen darauf zu verlassen, dass Patienten mit einer klar gestellten Diagnose zur Beratung kommen. Ansonsten ist der Verweis zum Arzt obligatorisch, Selbstmedikation nur sehr eingeschränkt möglich. Eine offene und taktvolle Gesprächsführung gegenüber Betroffenen, die Wertschätzung vermittelt, ist wichtig. Hautkrankheiten, bei denen gerne in der Apotheke unterstützend Rat geholt wird, sind:

Akne Die Acne vulgaris, eine der häufigsten Hauterkrankungen, ist eine Entzündung der Talgdrüsenfollikel, die vor allem Jugendliche in der Pubertät betrifft. Meist bildet sie sich bis spätestens zum 25. Lebensjahr wieder zurück, nur in seltenen Fällen bleibt sie bis zum 40. Lebensjahr bestehen. Typische Effloreszenzen sind Komedonen (Mitesser), Papeln, Pusteln und Knoten. Ein Zusammenspiel von erhöhter Talgdrüsenaktivität (Hyperseborrhö), gesteigerter Verhornung (Hyperkeratose), mikrobieller Hyperkolonisation und Entzündungsprozessen lässt eine Akne entstehen.

Junge Männer sind häufiger und stärker betroffen als junge Frauen, da die Talgproduktion durch die männlichen Geschlechtshormone (Androgene) besonders stimuliert wird. Aber auch erbliche Faktoren spielen eine gewisse Rolle. Vorwiegend sind Gesicht, Schultern, Rücken und Brust betroffen. Meist verläuft die Akne harmlos, dennoch können die Effloreszenzen für Jugendliche psychisch sehr belastend sein und Selbstwertstörung, Entstellungsgefühl und sozialen Rückzug zur Folge haben. Daher sollte jeder jugendliche Patient mit Akne ernst genommen werden, auch wenn die Betroffenen die Schwere der Erkrankung meist überbewerten.

Eine Behandlung richtet sich nach dem Grad der Hautveränderungen, wobei Hauttyp, Geschlecht, Alter, Begleiterkrankungen und Compliance eine Rolle spielen. Bei schwerer Akne ist der Hautarzt zu empfehlen, da dieser je nach Ausprägung der Krankheit geeignete Wirkstoffe lokal oder systemisch verordnen kann.

Bei leichterer Akne können in der Apotheke Mittel mit Schwefel, Hefe, sulfonierte Schieferöle, Benzoylperoxid oder leichte Abrasiva empfohlen werden. Generell gilt allerdings: Richtige Reinigung der Haut stellt die Basis der Behandlung dar. Deshalb sollten möglichst pH-neutrale bis leicht saure, parfümfreie synthetische Tenside (Syndets), benzoylperoxidhaltige Waschgele oder ganz milde alkoholische Lösungen empfohlen werden. Benzoylperoxid wirkt antibakteriell und beugt Resistenzbildungen bei einer eventuell notwendigen Antibiotikabehandlung vor.

Daneben gilt es auf die meist fettige, unreine Haut abgestimmte Kosmetikprodukte auszusuchen. Fette und Öle verstopfen die Poren. Feuchtigkeitscremes auf Wasserbasis, selbst fettfreies Makeup und fettfreie Sonnenschutzmittel sind die bessere Wahl. Nicht zu verwechseln ist die Akne vulgaris mit der Mallorca-Akne (Acne aestivalis). Diese gehört nicht in den Formenkreis der Akne, sondern es handelt sich um eine papulöse Form der polymorphen Lichtdermatose.

Atopische Dermatitis (Neurodermitis) Die atopische Dermatitis oder Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, bei der schubweise Ekzeme auftreten. Die Krankheit beginnt meist schon im Säuglingsalter, betrifft vor allem Kinder und geht mit zunehmendem Alter zurück. In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich die Krankheitshäufigkeit um das Vier- bis Sechsfache erhöht. Fast 15 Prozent aller europäischen Kinder leiden zeitweise an atopischer Dermatitis, im Erwachsenenalter sind es nur noch 1,5 bis 3 Prozent.

Die Patienten haben eine trockene Haut, schubweise gerötete, raue, trockene oder nässende, verkrustete und schuppende Hautstellen und werden von einem hartnäckigen Juckreiz geplagt. Im Kindesalter sind häufig die Beugeseiten wie Kniekehlen, Ellenbeugen, Hals und Lider besonders stark betroffen. Die Krankheitsverursacher sind komplex und noch nicht bis ins Detail geklärt. Neben genetischer Veranlagung, einer gestörten Hautbarriere, immunologischen Faktoren und Allergien spielen Umwelteinflüsse oder psychische Faktoren wie Stress, Angst eine Rolle.

Die Auslöser für Schübe sind unterschiedlich und müssen für jede Person individuell bestimmt werden. Neurodermitiker leiden zudem gleichzeitig oder später oft an Asthma und Heuschnupfen, weshalb diese Kombination gerne als atopische Trias bezeichnet wird. Die Erkrankung stellt für das betroffene Kind und die Familie oft eine große Belastung dar und kann zu psychosozialen Komplikationen führen. Zu empfehlen ist eine kühle Umgebung, leichte, locker sitzende, nicht scheuernde Baumwollbekleidung, Erlernen von Entspannungstechniken sowie für die Hautpflege Ölbäder und hydratisierende, hypoallergene Salben, Cremes und Lotionen. Sie sind in der Regel frei von Wirkstoffen, können aber Harnstoff oder Milchsäure enthalten, welche die Hydratisierung fördern.

Auch Salbengrundlage mit Cardiospermum-Urtinktur (asiatischer Mönchspfeffer), bei starkem Juckreiz Antihistaminika äußerlich oder innerlich sowie die Einnahme von Nachtkerzenöl mit viel ungesättigten Fettsäuren wie Linol- und Linolensäure oder Fischöl ist im Selbstmedikationsbereich verbreitet hilfreich. Neben der immer sinnvollen Gabe von Zink, Kalzium, Magnesium wurde vor einiger Zeit auch Vitamin-B12-haltige Salbe als lindernd wirksam diskutiert. Daneben muss die Therapie vom Arzt auf Akutfall, Hautzustand und Alter angepasst werden.

Psoriasis (Schuppenflechte) Etwa 1,6 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Psoriasis (Schuppenflechte). Häufigstes Symptom der nicht ansteckenden Krankheit sind gerötete, oft stark juckende Hautareale, die von krustigen, weiß-silbrigen Hautschuppen bedeckt werden. Oft betrifft es Knie, Ellbogen, Kopf-Haaransatz, Pofalte und Nägel. Dabei handelt es sich um eine entzündliche Systemerkrankung – ähnlich wie bei Morbus Crohn oder rheumatoider Arthritis.

Die Psoriasis kann auch andere Organe erfassen, häufig die Gelenke, zugehörige Bänder und angrenzende Weichteile, Augen und Gefäßsystem. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine frühzeitige Behandlung und engmaschige Kontrolle des Krankheitsverlaufs ist deshalb wichtig. Meist existiert eine familiäre Vorbelastung.

Faktoren, die den Ausbruch einer Psoriasis auslösen oder den Zustand verschlimmern können, sind bekanntermaßen Streptokokkeninfektionen (Mandelentzündung), bestimmte Medikamente wie das Malaria-Mittel Chloroquin, einige Kontrazeptiva, Lithium, Interferon, aber auch Alkohol, Rauchen, Übergewicht und Stress. Viele Betroffene leiden unter einer schweren Beeinträchtigung der Lebensqualität und des Selbstwertgefühls. In der Apotheke können Erkrankten – unterstützend zu den vom Arzt verordneten Therapiemaßnahmen – feuchtigkeitsbindende und leicht schuppenablösende Lotionen, Cremes oder Salben mit Substanzen wie Harnstoff angeboten werden, die helfen die Haut zu glätten.

Rosazea (Kupferrose) ist eine akneähnliche chronischentzündliche Hauterkrankung im zentralen Gesichtsbereich mit fleckförmigen, teils schuppigen Rötungen, Papeln, Pusteln, im Extremfall auch knollenartigen Wucherungen der Nase. Die Erkrankung beginnt meist erst ab dem 30. Lebensjahr, Frauen sind häufiger betroffen. Ebenso trifft es eher hellhäutige, lichtempfindliche Menschen.

Wesentlicher Punkt in der Entstehung scheint eine fehlgeleitete Reaktion des angeborenen Immunsystems auf innerliche und äußer liche Reize zu sein. Guter UV-Schutz, milde Reinigung der Haut sowie spezielle mit antientzündlichen, antioxidativ wirkenden Substanzen angereicherte Kosmetikprodukte können in allen Stadien helfen. Hinzu kommt die vom Arzt Stadienabhängig für notwendig erachtete Therapie.

Die weiteren Repetitoriumsteile beschäftigen sich intensiver mit Therapien und insbesondere den zahlreichen Wirkstoffen, die bei Hauterkrankungen angewandt werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/12 ab Seite 74.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin/Journalistin

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