Repetitorium
HALS-NASEN-OHREN-ERKRANKUNGEN – TEIL 2
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Die Nase ist zentrales Organ des Mittelgesichts und hat für das Aussehen entscheidende Bedeutung. Sie ist Atmungsund als Trägerin des peripheren Riechorgans zugleich Sinnesorgan. Darüber hinaus besitzt sie eine Klimatisierungs-, Transport- und Schutzfunktion und hat Einfluss auf den Stimmklang.
Ein Multitalent Anatomisch lässt sie sich grob in äußere und innere Nase (Nasus internus) einteilen. Dabei besteht die äußere Nase, das Stützgerüst, im Wesentlichen aus der knöchernen Nasenpyramide sowie Knorpel. Äußeres Erscheinungsbild und in gewissem Umfang auch die Funktion der Nase werden von diesen knöchernen und knorpeligen Elementen bestimmt. Der Knorpel dient unter anderem der Beweglichkeit. Über diesem Stützgerüst liegt ein Weichteilmantel aus Subkutangewebe, Gesichtsmuskeln und Haut. Die beiden sichtbaren Nasenlöcher werden von den Nasenflügeln, in der Mitte vom Nasensteg begrenzt und bilden den Zugang zur inneren Nase.
Diese wird von der Scheidewand (Septum), die ebenfalls aus einem knöchernen und einem knorpeligen Teil besteht, in zwei im Idealfall gleich große spiegelsymmetrische Nasenhöhlen geteilt. Vor der eigentlichen Nasenhaupthöhle liegt noch der Nasenvorhof, der von Haut mit Anhangsgebilden, wie Haaren und Talgdrüsen ausgekleidet ist. Die Nasenhöhle selbst ist von respiratorischer Schleimhaut, also Flimmerepithel bedeckt. Den Übergang zwischen Vorraum und Nasenhaupthöhle bildet die Nasenklappe, engste Stelle der inneren Nase. Sie hat großen Einfluss auf die Atmungsfunktion.
Die Nasenhöhle mündet in die Choane, das hintere Nasenloch, mit Zugang zum Nasenrachenraum (Nasopharynx). Innerhalb jeder Nasenhöhle existieren drei Nasenmuscheln (Conchae nasales) sowie die zwischen ihnen befindlichen drei Nasengänge. Im oberen ist noch das Geruchsorgan lokalisiert. Hier liegt auf einer Fläche von zwei bis fünf Quadratzentimetern olfaktorische Schleimhaut (Riechschleimhaut), ein spezialisiertes Sinnesepithel für die Geruchswahrnehmung. Die vier Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales), also Kiefer-, Stirn- und Keilbeinhöhle sowie Siebbeinzellen sind lufthaltige Hohlräume im Gesichtsschädel, die ebenfalls von respiratorischer Schleimhaut ausgekleidet sind. Ihre freie Ventilation und Drainage zur Nase sind wichtigste Voraussetzung für eine normale Schleimhautfunktion.
Neben der Geruchswahrnehmung ist die Regulierung des Atemstroms, die grobe Reinigung und Konditionierung der Atemluft somit Hauptaufgabe der Nase. Die Nasenatmung findet dabei nicht gleichmäßig durch beide Nasenlöcher statt. Dank des Zyklus ist der Luftstrom durch jeweils eines verringert, um eine Regeneration der dortigen Schleimhaut zu ermöglichen. Nach einer gewissen Zeit wechselt der Hauptstrom zum jeweils anderen Nasenloch, was bei einer gesunden Nase unbemerkt vonstattengeht.
»Neben der Geruchswahrnehmung ist die Regulierung des Atemstroms, die grobe Reinigung und Konditionierung der Atemluft Hauptaufgabe der Nase.«
Bei Kälte schwellen die Schleimhäute stärker an, um die Luft anzuwärmen. Unabhängig von der Außentemperatur, das bedeutet gleichermaßen ob am Südpol oder Äquator, wird die eingeatmete Luft auf eine Temperatur von konstant 31 bis 34 °C im Nasenrachen erwärmt. Die relative Luftfeuchtigkeit in der Nase liegt unter physiologischen Bedingungen dabei konstant bei 50 bis 60, im Nasenrachen steigt sie auf etwa 85 Prozent. Allergene, Partikel, Staub und Bakterien werden durch das Flimmerepithel mit seinem Mukoziliarapparat zu einem großen Teil in Richtung Rachen abtransportiert und entsorgt.
Becherzellen und seromuköse Drüsen produzieren einen zweischichtigen Sekretfilm auf der Oberfläche der Schleimhaut. Zilien schlagen in einer dünnflüssigen Solschicht und transportieren den dickflüssigen Gelteppich oberhalb der Zilien mit ihrem Wirkschlag dann vorwärts.
Neben der physikalischen Reinigung durch den Mukoziliarapparat sind für den immunologischen Schutz noch die unspezifische sekretorische Abwehr (etwa Lysozyme, Interferone, sekretorische Proteaseinhibitoren), spezifische humorale Reaktionen (beispielsweise Immunglobuline wie IgA, IgM, IgG) sowie unspezifische zelluläre Abwehrreaktionen durch Makrophagen, spezifische immunologische Reaktionen durch aktivierte T-Lymphozyten, Granulozyten und Mastzellen zu Gange.
Nasenerkrankungen Krankheiten, die sich an der Nase abspielen oder ihre Funktion beeinflussen, etwa Nasenatmungsbehinderungen, Rhinorrhöen (gestörte Nasensekretion) oder Geruchs-, manchmal auch Sprachstörungen, sind vielfältig und können mannigfache auslösende Ursachen bis hin zum Karzinom haben. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Abklärung durch einen HNO- oder bei Kindern einem geschulten Kinderarzt.
Inspektion mit einem Nasenspekulum und Stirnreflektor oder Stirnlicht (Rhinoskopie) beziehungsweise mittels Endoskopie, Palpation (Abtasten), inklusive Druck-Schmerz-Empfindlichkeit, Rhinomanometrie (Ermittlung des Luftströmungsvolumens pro Zeit und der Druckdifferenz zwischen Naseneingang und -rachen beim Ein- und Ausatmen), Olfaktometrie (Riechprüfung), womöglich Allergietests sowie Bildgebende Verfahren (Sonografie wie Ultraschall, Röntgendiagnostik, manchmal auch CT, also Computertomografie, seltener MRT, Magnetresonanztomografie) sind dabei nur die Wichtigsten der anwendbaren Untersuchungsverfahren.
Erkrankungen der äußeren Nase Fehlbildungen können angeboren oder erworben sein. Durch kosmetische Korrekturen können diese Deformierungen heute weitgehend beseitigt werden. Bei einer verletzungsbedingten Nasenbeinfraktur müssen verschobene Knochenbruchstücke chirurgisch reponiert werden. Entzündungen sind im Nasenbereich sehr häufige Erkrankungen.
Nasenfurunkel, eine eitrige, tief einschmelzende Entzündung des Haarbalgs, meist an Nasenspitze oder am Naseneingang vorkommend, mit Rötung, manchmal auch Schwellung des ganzen Gesichts, Schmerzen und Fieber einhergehend, sind recht häufig. Da die Erreger, meist Staphylokokken, über den Blutweg ins Schädelinnere gelangen und dort lebensbedrohende Entzündungen und Gefäßverschlüsse (Sinusvenenthrombose) hervorrufen können, dürfen Nasenfurunkel – wegen der Gefahr der Keimverschleppung – niemals ausgedrückt werden.
Therapie: Bei sehr leichten Formen reichen Antiseptika wie Rivanol, Alkoholumschläge oder antibiotikahaltige Salben (mit Chlortetracyclin, Neomycinsulfat), sonst werden Antibiotika oral oder parenteral notwendig. Um einer Erregerverschleppung vorzubeugen, wird die Oberlippe möglichst ruhig gestellt (Redeverbot, breiige Kost).
Ein Erysipel, also eine ödematöse, aber scharf abgegrenzte Rötung der Haut, ausgelöst durch beta-hämolysierende Streptokokken, die durch Mikroverletzungen der Haut eindringen, können auch zu Fieber und Schüttelfrost führen.
Therapie: Mittel der Wahl ist Penicillin. Leichte Verläufe werden oral, schwere intravenös behandelt. Bei einer Penicillinallergie kommt Erythromycin zum Einsatz. Lokal können feuchte Rivanol- oder Alkoholumschläge sowie antibiotische Salben (mit Erythromycin) angewendet werden.
Bei älteren Menschen, insbesondere Männern, kann es – häufig im Rahmen einer Rosazea – infolge von Talgdrüsenverhalt und -vergrößerung, gestörtem Fettstoffwechsel und klimatischen Reizen zu einem Rhinophym (im Volksmund „Knollennase”) kommen.
Therapie: rein chirurgisch.
Erkrankungen der inneren Nase Häufig wird über eine behinderte Nasenatmung geklagt. Die Ursachen sind mannigfaltiger Natur, angefangen von Verbiegungen, Leisten- und Spornbildungen der Nasenscheidewand, vergrößerten Nasenmuscheln, einer vergrößerten Rachenmandel, einem angeborenen Verschluss der hinteren Nasenöffnung (Choanalatresie), Nasen- und Scheidewandpolypen oder auch gutartigen und bösartigen Geschwülsten (Tumoren). Die Therapie erfolgt im Regelfall ursachenbezogen, meist operativ.
Auch Nasenbluten (Epistaxis) kann auf die unterschiedlichsten Ursachen zurückzuführen sein, kann lebensbedrohlich und kaum zu beherrschen sein, ist in über 80 Prozent der Fälle jedoch auf lokale Gefäßverletzungen der vorderen Nasenscheidewand zurückzuführen. Für diese im Regelfall harmlose Form ist die richtige Therapie aufrechtes Sitzen des Betroffenen, Kopf nach vorn, Mund offen und Eis oder kalte Wickel im Nacken, da der Kältereiz zu einer reflektorischen Engstellung der Blutgefäße führt.
Eine Rhinitis ist eine Entzündung der Nasenschleimhaut, sind die Nebenhöhlen mitbetroffen, wird von einer Rhinosinusitis gesprochen. Eine akute Rhinitis (Schnupfen) wird durch Rhinoviren (über 100 Subtypen) ausgelöst. Das Allgemeinbefinden ist gestört. Frösteln, Abgeschlagenheit und Kopfdruck, bei Kindern auch Fieber, zuerst trockene Schleimhäute in Nase und Rachen, dann wässrig-klares Sekret, das nach drei Tagen in eine schleimig-eitrige Sekretion übergeht, behinderte Nasenatmung und gestörtes Riechvermögen, sind typische Leitsymptome. Im Fall einer bakteriellen Superinfektion kommt es zu einer gelb-grünlichen Sekretion und Andauern der Beschwerden.
Therapie: Da eine kausale Behandlungsmöglichkeit nicht existiert, sind in der Symptombekämpfung Schleimhaut-abschwellende Nasentropfen (Wirkstoffe: Sympathomimetika) wichtig, deren Wirkung auf der Konstriktion der glatten Gefäßmuskulatur im Nasenbereich beruht. Die Anwendung ist auf acht bis zehn Tage zu beschränken, da die Schleimhaut sonst allein durch das Weglassen mit einer reaktiven Schwellung reagiert. Zusätzlich sind iso- und hypertone Salz- und Sole-Nasentropfen beziehungsweise Nasenspülungen hilfreich.
Pflanzliche Sekretolytika (Myrtol, Cineol) haben einen sekretolytischen und antimikrobiellen Effekt. Inhalationen mit ätherischen Ölen (Kamille wirkt austrocknend) oder physikalische Maßnahmen wie Rotlichttherapie sind unterstützend möglich. Antibiotika, etwa Cephalosporine der zweiten und dritten Generation, Makrolide oder Penicillin, sollten nur bei einer bakteriellen Superinfektion und ausbleibender Besserung der Symptome nach mehr als einer Woche verschrieben werden.
Neben der akuten Rhinitis existieren unter anderem noch die chronische Rhinitis mit behinderter Nasenatmung, womöglich zunehmender Atrophie der Nasenschleimhaut, verursacht etwa durch permanente Reizstoffe, Polypen, Tumoren in der Nase und Nebenhöhlen, aber auch Nasentropfenabusus, die allergische Rhinitis (Heuschnupfen) oder die Rhinopathia vasomotorica (vasomotorischer oder nervöser Schnupfen), die dem allergischen Schnupfen ähnelt – ohne möglichen Allergennachweis.
Erkrankungen der Nasennebenhöhlen Bei einer akuten Rhinosinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) klagen Betroffene meist über eine laufende Nase, drückenden Schmerz im Oberkiefer und Stirnbereich. Manchmal kommt schweres Krankheitsgefühl mit Fieber hinzu. Bei dieser meist viralen Infektion (Rhino-, Influenza- und Parainfluenzaviren) schwellen die Schleimhäute an und verschließen die Nebenhöhleneingänge. Das Sekret kann nicht abfließen, was die Beschwerden und die Entzündung verstärkt. Nur selten ist eine Rhinosinusitis direkt bakteriell (etwa durch Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Staphylokokkus aureus, Streptococcus pyogenes oder Moxarella catarrhalis) ausgelöst.
Therapie: Spülungen mit Salzlösung, Schmerzmittel wie Paracetamol oder das zusätzlich entzündungshemmend wirkende Ibuprofen beziehungsweise Acetylsalicylsäure, pflanzliche Präparate mit Myrtol, Cineol (aus Eukalyptus) können den Verlauf einer akuten Nebenhöhlenentzündung positiv beeinflussen. Manchmal werden auch Kombinationen mit Enzian und Sauerampfer oder homöopathische Mittel, etwa Komplex- oder Einzelmittel mit Aconitum oder Belladonna von Betroffenen als hilfreich empfunden.
Schleimhautabschwellende Nasentropfen bieten Erkrankten den subjektiv positiven Effekt leichter durch die Nase atmen zu können, ebenso Inhalationen mit Balsamen oder Kamillenextrakten (Achtung Korbblütlerallergie). Beides beeinflusst den Krankheitsverlauf selbst aber kaum. Nur wenn eine bakterielle (Super)infektion vermutet wird, etwa bei hohem Fieber mit ausgeprägtem Krankheitsgefühl und längerer Dauer sollte vom Arzt ein Antibiotikum (Aminopenicilline mit beta-Lactamase-Hemmern, Cephalosporine der zweiten und dritten Generation, alternativ Makrolide, Fluorchinolone) verordnet werden.
Im letzten Repetitoriumsteil geht es um den Halsbereich, inklusive Mundhöhle, Pharynx (Rachen) und Larynx (Kehlkopf). Schwerpunkt bildet auch hier der in der Apotheke beratungsaktive Erkältungsbereich.
ZUSATZ-INFORMATIONEN
Chronische Rhinosinusitis
Bei einer chronischen Rhinosinusitis klingt die Entzündung in Kiefer- und Stirnhöhle nicht mehr von alleine ab, die Belüftungswege sind enger. Betroffene haben das Gefühl nicht mehr genug Luft zu bekommen, nicht richtig riechen zu können, oft läuft gelblich gefärbtes Nasensekret an der Hinterwand des Rachens hinunter und Kratzen im Hals, dauerndes Räuspern, Schluckbeschwerden können hinzukommen. Da obere und untere Atemwege miteinander verbunden sind, werden häufig sogar die Bronchien in Mitleidenschaft gezogen.
Die genauen Entstehungsmechanismen für eine Chronifizierung einer Rhinosinusitis sind noch nicht bekannt. Allerdings können anatomische Veränderungen in der Nase, etwa eine schiefe Scheidewand, eine vergrößerte Nasenmuschel oder Polypen, das sind gutartige Schleimhautwucherungen, die Belüftungswege verengen und so die Probleme mit hervorrufen. Auch sind Allergiker, Asthmatiker, Menschen mit Schmerzmittelunverträglichkeit oder mit Entzündungen an Zahnwurzel, Zahnfleisch oder Implantaten überproportional betroffen.
Therapie: Kortikoid-haltige Nasensprays (Wirkstoff etwa Mometason) sind Therapie der ersten Wahl. Sie haben sich auch bei der akuten Variante als hilfreich erwiesen, werden bei der chronischen Variante aber von Ärzten auch durchaus längerfristig verordnet. Auch Nasenspülungen oder -sprays mit hypertonen Kochsalz-Lösungen eignen sich vielfach zur Linderung der Symptome, da sie eine Verflüssigung und damit den Abtransport angestauter Nasensekrete bewirken. In schwereren Fällen werden auch innerlich einzunehmende Kortikoide und Antibiotika (insbesondere Amoxicillin, Azithromycin, Cephalosporin, Doxycyclin, Makrolide) eingesetzt. Nur wenn die medikamentösen Maßnahmen die chronischen Beschwerden nicht hinreichend bessern, empfiehlt die Leitlinie der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte eine operative Behandlung.
Teil 1 finden Sie hier, den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/13 ab Seite 86.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin