© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Schwangerschaftskomplikationen Teil 3

GESTATIONSDIABETES: KEINESWEGS HARMLOS

Ein Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes bedeutet ein Risiko für Mutter und Kind. Eine rechtzeitige Diagnose und anschließende Maßnahmen sind die beste Voraussetzung, negative Folgen zu vermeiden.

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Oraler Glucosetoleranztest Damit ein Gestationsdiabetes rechtzeitig entdeckt wird, ist für jede Schwangere ein Screeningverfahren vorgesehen. Mit dem früher angebotenen Urinzucker-Screening mittels Urinteststreifen blieb der Gestationsdiabetes häufig unerkannt. Heute wird allen Schwangeren ein Blutglucose-Suchtest mit viel höherer Treffsicherheit auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen angeboten. Schwangere mit einem erhöhten Diabetes-Risiko werden bereits in der Frühschwangerschaft, vor der 24. Schwangerschaftswoche (SSW), einer Blutzuckeruntersuchung unterzogen.

Faktoren, die das Risiko einer Schwangeren für einen Gestationsdiabetes erhöhen sind beispielsweise ein Alter über 45 Jahre, ein BMI über 30 Kilogramm Körpergewicht pro Quadratmeter Körpergröße, Eltern oder Geschwister mit Diabetes, ein Gestationsdiabetes in der Vorgeschichte, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder eine Cortison-Einnahme. Alle anderen werden zwischen der 24. und der 28. SSW auf erhöhte Blutglucosewerte getestet. In der Mutterschaftsrichtlinie ist zunächst ein Vortest, der vereinfachte 50-g-Test, vorgesehen. Dafür trinkt die Schwangere ein Glas mit 200 Milliliter (ml) Wasser, in dem 50 Gramm (g) Glucose aufgelöst sind. Für diesen Suchtest muss die Schwangere nicht nüchtern sein.

Der 50-g-Test kann unabhängig von der Tageszeit und der Nahrungsaufnahme durchgeführt werden. Eine Stunde nach Einnahme der Zuckerlösung wird der Blutzuckerwert bestimmt. Bei Messung einer Blutglucose über 135 mg/dl (7,5 mmol/l) wird ein oraler Glucosetoleranztest (oGTT) mit 75 g Glucose in 250 bis 300 ml Wasser nachgeschaltet, der als Goldstandard für die Diagnose gilt. Der 75-g-oGTT erfolgt morgens nüchtern, nachdem die Schwangere mindestens acht Stunden nichts gegessen hat.

Ein erster Wert wird bereits vor Trinken der Zuckerlösung gemessen (Nüchternwert), zwei weitere erfolgen ein und zwei Stunden nach Glukosebelastung (Ein- und Zweistundenwert). Die Grenzwerte liegen bei 92 mg/dl (5,1 mmol/l) nüchtern, 180 mg/dl (10 mmol/l) nach einer Stunde und 153 mg/dl (8,5 mmol/l) nach zwei Stunden. Wird nur ein Grenzwert erreicht oder überschritten, geht man von einem Gestationsdiabetes aus, der eine Therapie erfordert. Reichen Lebensstiländerungen mit einer Ernährungsumstellung und vermehrter körperlicher Aktivität nicht aus, muss mit Insulin behandelt werden. Orale Antidiabetika sind für Schwangere nicht zugelassen.

Weitere Kontrolle wichtig In der Regel normalisieren sich die Blutzuckerwerte der Mutter nach der Geburt wieder. Dennoch sollte die Frau ihren Blutzucker in den folgenden Jahren in regelmäßigen Abständen kontrollieren lassen. Denn ungefähr jede zweite Frau entwickelt in den acht bis zehn Jahren nach der Schwangerschaft einen manifesten Typ-2-Diabetes. Wie Studien zeigen, ist aber eine gewisse Prävention vor allem bei Hochrisikopatientinnen möglich. Dazu zählen vor allem Frauen, die in der Schwangerschaft Insulin spritzen mussten. Sie können durch Stillen (länger als drei Monate), eine adäquate Ernährung und ausreichende körperliche Aktivität eine spätere Diabetes-Entwicklung verhindern oder verzögern.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/18 ab Seite 90.

Gode Chlond, Apothekerin

Der Gestationsdiabetes ist eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen in Deutschland. Jedes Jahr wird die Stoffwechselstörung bei circa vier Prozent aller Schwangeren diagnostiziert.

Veränderter Hormonhaushalt Unter einem Gestationsdiabetes wird eine Glucosetoleranzstörung verstanden, die erstmals in der Schwangerschaft auftritt. Es werden Blutzuckerspiegel gemessen, die zwar nicht die Kriterien eines manifesten Diabetes mellitus erfüllen, jedoch über dem normalen Bereich liegen. Die Ursachen für seine Entstehung sind vielfältig. Vor allem sind Alter, familiäre Vorbelastung, Ernährungsverhalten, Übergewicht sowie mangelnde Bewegung Risikofaktoren für einen Gestationsdiabetes. Hinzu kommt der veränderte Hormonhaushalt während der Schwangerschaft.

Hormone, die vor allem in der zweiten Schwangerschaftshälfte produziert werden, lösen ein geringeres Ansprechen der Zellen auf Insulin (Insulinresistenz) und damit zunächst eine gesteigerte Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse aus. Im weiteren Verlauf nimmt die Insulinresistenz zu und die Bauchspeicheldrüse schafft es schließlich nicht mehr, ausreichende Insulinmengen für die Aufnahme der Glucose in die Zellen zur Verfügung zu stellen, was erhöhte Blutglucosewerte und damit die Entwicklung eines Gestationsdiabetes nach sich zieht. Das Geschehen ähnelt also der Entstehung eines Typ-2-Diabetes.

Gesundheitliche Gefahren In der Regel verläuft die Stoffwechselerkrankung symptomarm, die typischen Anzeichen eines Diabetes wie starker Durst und verstärkter Harndrang fehlen meist. Unbehandelt birgt die Stoffwechselstörung aber große Risiken für die Gesundheit von Mutter und Kind. Der Gestationsdiabetes erhöht bei der Schwangeren das Risiko für einen Schwangerschaftshochdruck, Harnwegsinfekte oder eine Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie). Darüber hinaus kommt es häufiger zu Frühgeburten.

Auch der Stoffwechsel des Ungeborenen leidet. Infolge des hohen Blutzuckerspiegels der Mutter produziert das Kind mehr Insulin, das auch als Wachstumshormon wirkt und ein hohes Geburtsgewicht der Säuglinge bedingt (über 4000 Gramm). Das begünstigt Geburtskomplikationen (z. B. Anomalie des Schulterstandes), weshalb die Babys häufiger per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Nach der Geburt leiden die Neugeborenen vermehrt unter einer Unterzuckerung und sind daher schlapp und trinken zu wenig.

Das Überangebot an Zucker hemmt auch die Ausreifung der Lunge und beeinträchtigt Leber- und Nierenfunktion des Neugeborenen. Langfristig ist für das Kind das Risiko erhöht, übergewichtig und adipös zu werden, eine gestörte Glucosetoleranz oder gar einen manifesten Diabetes zu entwickeln.

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