In der Drogerie und im Supermarkt sind die Regale mittlerweile voll mit freiverkäuflichen Arzneimitteln und Medizinprodukten. © Montypeter / iStock / Getty Images Plus

Gesundheits-Check | Freiverkäufliche Arzneimittel

ERKÄLTUNGSMITTEL: DER PREIS IST NICHT ALLES

Winterzeit ist Erkältungszeit. Für Menschen, die häufiger unter Infekten leiden, kann das mitunter ins Geld gehen. Gesundheit ist zwar das höchste Gut – doch, wenn Aldi oder Rossmann die Produkte billiger anbieten, warum sie dann nicht auch dort kaufen?

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So zumindest die Frage des hr-Preisvergleichs-Check. In einem knapp halbstündigen Beitrag, der am 16. Januar ausgestrahlt wurde, wird der Markt freiverkäuflicher Arzneimittel und Medizinprodukte gegen Erkältung in Deutschland untersucht. Denn immer häufiger finden sich Meerwasser-Nasensprays, Halstabletten mit Isländisch Moos oder Hustensäfte im Sortiment von Discountern oder Drogerien. „Wir reden beim Markt für freiverkäufliche Arzneimittel von circa neun Milliarden Euro, was einfach ein substantieller Markt ist. Und von daher gilt es auch die Produktpalette an dieser Stelle sinnvoll zu ergänzen“, erklärt Dr. Rainer Sibbel, Professor für Gesundheitsmanagement, in der Sendung. Davon wollen Discounter und Co. natürlich auch etwas abbekommen. Und das Spiel kennt der Verbraucher ja schon: Jedes Jahr werden beispielsweise verschiedene Produkte von Stiftung Warentest miteinander verglichen. Zum Beispiel Sonnencremes – und Discounter-Ware schnitt vergangenes Jahr überraschend gut ab im Vergleich zu Marken- oder apothekenexklusiven Produkten. Getreu dem Motto: Was gut ist, muss nicht teuer sein, lohnt sich natürlich auch der Preisvergleich von freiverkäuflichen Medikamenten.

Die Warenkörbe wurden also mit Hustensaft und Co. gefüllt: in einer öffentlichen Apotheke, bei einer Versandapotheke, bei Rossmann und Aldi. In der Apotheke wurden dafür rund 30 Euro gezahlt, beim Online-Anbieter sechs Euro weniger. Mit Abstand musste am wenigsten mit acht Euro bei Aldi und Rossmann gezahlt werden. Eine Preisdifferenz, die natürlich erst einmal stutzig macht. Im Warenkorb landeten Thymian-Hustensaft, Halstabletten, Erkältungsbalsam, Vitaminbrausetabletten und Meerwasser-Nasenspray.

Die Frage ist nur, was miteinander verglichen wird. Der in der Sendung befragte Apotheker erklärt korrekt, dass es sich bei den Apothekenprodukten um zugelassene Arzneimittel oder Medizinprodukte handelt, deren Wirksamkeit mit Studien belegt sein müssen. Woraus sich, seiner Meinung nach auch der Preis rechtferige. Prof. Sibbel ergänzt, dass Discounter und Drogerie zusätzlich höhere Abnahmemengen hätten, beim Händler direkt einkaufen könnten und gegebenenfalls über Eigenmarken Ausgaben reduzieren könnten. In der Apotheke werden hauptsächlich kleinere Mengen von überwiegend Markenprodukten angeboten. Zudem hätte man auch genauer hinschauen können, was sich da gegeneinander behaupten muss. Zum Beispiel: Der aus der Apotheke stammende Hustensaft enthält unter anderem Fraktionen aus einem speziell hergestellten Thymianextrakt. Der Vergleichssaft enthält Thymianextrakt oder Presssaft, der in einem Basis-Sirup verarbeitet wurde. Ist das wirklich vergleichbar?

Dennoch kann man dem Beitrag nicht unterstellen, einseitig zu berichten. Im Gegensatz zu Vertretern von Discounter und Drogerie kam ein Apotheker zu Wort. Passanten auf der Straße wurden angesprochen, die meisten halten im konkreten Fall der Apotheke die Treue: keine Versandkosten, kompetente Beratung, direkt erhältlich. Und ähnlich sieht auch das Fazit der Sendung aus: „Freiverkäufliche Erkältungsmittel sind in Discountern und Drogerien preiswert. Dafür muss man sich dort selber über die Produkte informieren. Und auf eine kompetente persönliche Beratung verzichten“. In dieser würde dann vielleicht auch der Preis erklärt oder preiswertere Alternativen angeboten werden. Und wie der Apotheker am Schluss auch zugibt: „Es ist zwar ein Marktsegment, das zwar attraktiv ist, vom Volumen her, aber ob sich die Leute mal, sag ich jetzt trivial, ein Hustenbonbon bei Lidl oder Aldi kaufen, das ist jetzt nicht das Thema.“ 85 Prozent seines Umsatzes mache der Apotheker sowieso mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Ja, solange es der Hustensaft bleibt…

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: hr-Fernsehen

 

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