Mutter und Kind haben von Anfang an eine besondere Verbindung. © vadimguzhva / iStock / Getty Images Plus

Gesundheit | Mutter und Kind

EINE BESONDERE BEZIEHUNG, VON ANFANG AN

Der erste Schrei, das erste Mal das eigene Kind im Arm halten – von Beginn an haben Mütter eine tiefe innige Beziehung zu ihren Neugeborenen. Aber warum ist das eigentlich so? Forscher sind dieser Frage nachgegangen und sind fündig geworden.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Kennen Sie das Hormon Oxytocin? Hierbei handelt es sich um einen Botenstoff, der im Gehirn produziert wird. Dieser löst Wehen aus, stimuliert die Brustdrüsen zur Abgabe von Milch und ist zudem daran beteiligt, dass eine tiefe emotionale Bindung nach der Geburt zwischen Mutter und Kind entsteht. Ein Mangel dieses Mutterhormons wird als Risikofaktor für Wochenbettdepressionen angesehen. Da dem Oxytocin demnach eine besondere Bedeutung zukommt, haben Wissenschaftler schon länger die Vermutung, dass sich das Oxytocin-System im Gehirn von Frauen und Männern stark unterscheidet. „Bisher gab es jedoch keine eindeutigen Belege für diese Annahme“, so Ryoichi Teruyama von der Louisiana State University.

Um hinsichtlich dieser Thematik neue Erkenntnisse gewinnen zu können, haben sich der Forscher und seine Kollegen um Erstautor Kaustubh Sharma im Gehirn von Mäusen näher umgesehen. Das Oxytocin entfaltet seine Wirkung, indem es im Gehirn an spezielle Rezeptoren bindet. Gegenstand der Untersuchung war herauszufinden, ob eben diese Rezeptoren bei weiblichen und männlichen Mäusen unterschiedlich verteilt sind. Mittels Fluoreszenzproteinen konnten die Forscher die genaue Position und Anzahl der Rezeptoren in der Area praeoptica (POA) festlegen. Bei der POA handelt es sich um eine Region im Hypothalamus, die eine Vielzahl wichtiger Körperfunktionen steuert. Die Wissenschaftler kommen zu der Erkenntnis, dass dieser Hirnbereich auch am weiblichen Zyklus und am mütterlichen Verhalten beteiligt ist.

Die Ergebnisse zeigen klar, dass vor allem in der mittleren Area praeoptica die Anzahl der Oxytocin-Rezeptoren bei den weiblichen Mäusen signifikant größer ist als bei den männlichen. Verantwortlich für diese enorme Differenz ist ein eklatanter Unterschied in einem speziellen Gebiet innerhalb dieser Region, dem Nucleus periventricularis anteroventralis, kurz AVPV. Während bei den weiblichen Mäusen eine Vielzahl von Neuronen mit Oxytocin-Rezeptoren im AVPV vorhanden war, kamen eben diese Hirnzellen bei den männlichen Probanden fast gar nicht vor. „Die Präsenz von Oxytocin-Rezeptor-Neuronen im AVPV ist ein fast ausschließlich weibliches Phänomen“, erklärten die Wissenschaftler.

Es wurde deutlich, dass diese Zellen zusätzliche Rezeptoren für das weibliche Geschlechtshormon Estrogen besitzen. Aber welche Rolle spielt Estrogen für das Oxytocin-System? Um diese Frage zu klären, entfernten die Forscher einigen weiblichen Mäusen die Eierstöcke, wo die Estrogene hauptsächlich produziert werden. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass ohne das weibliche Sexualhormon die Neuronen im AVPV auch keine Oxytocin-Rezeptoren bildeten. Wurde bei den Probandinnen allerdings das fehlende Hormon wieder künstlich verabreicht, war die Expression der Oxytocin-Rezeptoren wieder hergestellt.

„Diese Ergebnisse belegen, dass die Expression von Oxytocin-Rezeptoren im AVPV spezifisch weiblich ist und von Estrogen abhängt“, fassen Teruyama und seine Kollegen zusammen. Für die Forscher steht fest, dass die auf Oxytocin reagierenden Neuronen in dieser Region des Hypothalamus eine wichtige Rolle für die weibliche Physiologie sowie das Verhalten spielen, vor allem für den Mutterinstinkt. „Dieser Zusammenhang könnte nicht nur für Mäuse gelten, sondern für alle Säugetiere, die mütterliche Fürsorge zeigen, einschließlich uns Menschen“, erklärt Teruyama. In weiteren Untersuchungen soll nun gezeigt werden, welche konkreten Aufgaben die Oxytocin-Neuronen im AVPV wirklich erfüllen.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de


Originalpublikation: Kaustubh Sharma (Louisiana State University) et al., PLOS One, doi: 10.1371/journal.pone.0219784

×