Drei Pflanzen
DREI SCHARFMACHER
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Alle drei Pflanzen sind bereits seit Jahrhunderten im Gebrauch und in wärmeren Gebieten der Erde heimisch. Sie erfreuen sich aber auch bei uns großer Beliebtheit – vor allem Ingwer ist voll im Trend.
Scharfe Chilis Cayennepfeffer (Capsicum frutescens L. s.l.) ist vor allem wegen seiner scharfen Früchte bekannt, die auch den Namen Chili tragen. Die mehrjährige Pflanze stammt aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) und ist im tropischen Süd- und Mittelamerika heimisch. Inzwischen wird sie weltweit in allen tropischen und subtropischen Gebieten kultiviert. Es existiert eine Vielzahl an Sorten, die im Arzneibuch mit Capsicum frutescens L. s.l. (sensu latiore = im weiteren Sinne) aufgeführt werden. Cayennepfeffer kann bis zu einem Meter hoch werden und verfügt über einen buschigen Wuchs, worauf auch der Artname frutescens Bezug nimmt (lat. frutex = Busch).
Seine ganzrandigen, ovalen bis oval-lanzettlichen Blätter stehen wechselständig an langen Stielen. Die schmutzig bis grünlich-weißen Blüten ordnen sich in Paaren oder Gruppen an und sind fünf- bis siebenzählig. Aus ihnen entwickeln sich bis zu zwei Zentimeter lange, leicht gebogene, spitzkegelige, leuchtend rote Früchte, die an eine Paprika erinnern, aber deutlich kleiner und weniger fleischig sind. Im Unterschied zu anderen Capsicum-Arten stehen sie stets aufrecht. Die Frucht ist eine Beere mit großen, durch falsche Scheidewände geteilten, hohlen Kammern. Damit sieht sie wie eine Kapsel aus, worauf der Gattungsname Capsicum verweist (lat. capsa = Kapsel). Im Inneren der Frucht sitzen an den Scheidewänden zahlreiche weiße runde Samen.
Sowohl in den Samen als auch in den Scheidewänden und der Fruchtwand befinden sich als Scharfstoffe Capsaicinoide mit der Hauptkomponente Capsaicin. Sie verleihen den Früchten den typisch brennenden, scharfen Geschmack, weshalb sie auch als Scharfer Pfeffer bezeichnet werden. Schon Christoph Kolumbus sprach vom indianischen und spanischen Pfeffer, da er annahm, vermeintlich im Pfefferland Indien angekommen zu sein. Mit den Spaniern gelangte das Nachtschattengewächs nach Europa, wo es zunächst als Ersatz für den teuren Pfeffer diente. Später begann man seine Schärfe zu schätzen und noch heute ist er ein beliebter Scharfmacher für vielerlei Speisen. Zudem sind Capsicum-Zubereitungen für die topische Anwendung in Form von Salben und Pflastern zur Linderung von Muskelschmerzen im Einsatz. Dabei macht man sich Capsaicin als Reizstoff zunutze, dessen Wirksamkeit als Neuromodulator inzwischen belegt ist.
Diese drei Scharfmacher bringen nicht nur Pepp in die Küche, sie weisen auch eine pharmazeutische Wirkung auf.
Scharfe Samen Senfsamen (auch Senfkörner genannt) wurden ebenso jahrhundertelang als Pfefferersatz zum Schärfen von Speisen verwendet, sowie als Heilmittel: Die „Würze der Armen“ kommt vor allem äußerlich in Form von Umschlägen als Hautreizmittel zum Einsatz, um die Durchblutung tiefer liegender Gewebe anzuregen. Auf diese Weise lässt sich eine schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung bei rheumatischen und degenerativen Gelenkerkrankungen sowie bei Atembeschwerden erzielen. Zudem sind schon lange seine sekretionsanregenden und keimhemmenden Eigenschaften bei Verdauungsbeschwerden bekannt, weshalb bereits mittelalterliche Kräuterbücher Senf auch für die innerliche Anwendung empfahlen.
Den antibakteriellen Effekt machten sich die Menschen zudem schon im Mittelalter zum Konservieren von Lebensmitteln zunutze. Noch heute werden Senfkörner zum Einlegen von Senfgurken oder für die Wurstherstellung verwendet. Pharmazeutische Bedeutung haben vor allem die Samen des Weißen Senfs (Sinapis alba L.) und des Schwarzen Senfs (Brassica nigra L.) erlangt. Beide Pflanzen sind gelb blühende Kreuzblütler (Brassicaceae), die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und Asien stammen. Heute werden sie weltweit kultiviert. Der weiße Senf ist mit Wuchshöhen von knapp eineinhalb Metern niedriger als der schwarze, der bis zu zwei Meter hoch werden kann.
Die Blüten stehen bei beiden in dichten endständigen Trauben und entwickeln sich zu Schoten. Während die Schoten von Sinapis alba L. borstig behaart sind und einen langen samenlosen Abschnitt besitzen, trägt Brassica nigra L. glatte Schoten, die deutlich mehr Samen beinhalten. Darin befinden sich Senfölglykoside (z. B. Sinalbin und Sinigrin), die an sich nicht scharf sind. Beim Verzehr beziehungsweise bei der Verarbeitung werden durch Flüssigkeitskontakt aus ihnen Enzyme freigesetzt, die die Glykoside zu scharf schmeckenden Senfölen (Isothiocyanaten) umwandeln.
Scharfe Knolle Desgleichen hat Ingwer (Zingiber officinale Roscoe) wegen seiner Schärfe schon lange einen festen Platz unter den Gewürzen und in der Heilkunde. In Indien ist Ingwer im Curry und anderen Gewürzmischungen zu finden, die gleichzeitig als ayurvedisches Heilmittel dienen. Ingwer war auch eines der ersten asiatischen Gewürze, das nach Europa gelangte. Es wurde bereits bei den alten Griechen und Römern zum Schärfen von Gerichten benutzt und war für seine verdauungsfördernde und magenberuhigende Wirkung bekannt. Nach Deutschland kam Ingwer im 9. Jahrhundert, wo er Aufnahme in Arznei- und Kochbücher fand und bald fester Bestandteil des pflanzlichen Arzneischatzes bei Reisekrankheiten, Brechreiz, Katerbeschwerden und Blähungen wurde.
Heute kommt Ingwer vor allem bei Reisekrankheit und dyspeptischen Beschwerden zum Einsatz. Die mehrjährige etwa einen Meter hohe Staude gehört zur Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae). Sie ist im tropischen Südostasien beheimatet und wird heute in vielen Gebieten des Tropengürtels kultiviert. Das schilfartige Gewächs hat lange lanzettliche Blätter und trägt endständig zapfenartige Blütenähren, die mit grünen, gelb berandeten Deckblättern versehen sind. Nur der Wurzelstock hat Eingang ins Arzneibuch gefunden. Die knolligen Rhizome erinnern an ein Geweih, was sich auch in der Namensgebung widerspiegelt. Der lateinische Gattungsname Zingiber (indisch sringavera = geweihförmig) beschreibt die verzweigte Form, auf die auch die deutsche Bezeichnung Ingwer sowie der angelsächsische Name Ginger, die wiederum dem Zingiber entlehnt sind, Bezug nehmen.
Im Rhizom befindet sich sein ätherisches Öl, das mit der Hauptkomponente Zingiberol für den charakteristischen aromatischen Geruch verantwortlich ist. Der brennend scharfe und würzige Geschmack ist auf die nicht wasserdampfflüchtigen Scharfstoffe Gingerole und Shoagole zurückzuführen. Da sich die schärferen Shoagole erst bei Lagerung der Droge durch Wasserabspaltung aus den Gingerolen bilden, schmeckt eine länger gelagerte Knolle deutlich schärfer als frischer Ingwer. Überlagerte Ware besteht aus größeren Mengen Zingiberon, das ebenfalls ein Abbauprodukt der Gingerole darstellt, aber wenig Schärfe aufweist. Als Küchengewürz dient frischer Ingwer, der auch als grüner Ingwer bezeichnet und zu einem früheren Zeitpunkt geerntet wird als die Rhizome, die getrocknet arzneiliche Verwendung finden. Das Gewürz ist weniger aromatisch und milder im Geschmack als die Arzneidroge.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 98.
Gode Chlond, Apothekerin