© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Drei Pflanzen

DREI GIFTIGE

Bittersüßer Nachtschatten, Virginischer Tabak und Goldregen – alles attraktive Gewächse, die als Gartenschmuck Gefallen finden. Allerdings sollte jeder Gartenbesitzer um ihre Toxizität wissen.

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Die drei Pflanzen finden sich in zwei Pflanzenfamilien, in denen sehr häufig Giftpflanzen vorkommen. Dies sind die Nachtschattengewächse (Solanaceae) und die Hülsenfrüchtler (Fabaceae).

Bittersüßer Nachtschatten Solanum dulcamara L. ist ein Nachtschattengewächs, das Höhen von bis zu vier Meter erklimmen oder sich als niederliegender Halbstrauch über mehrere Meter ausbreiten kann. Während die Stängel am Grund verholzen, bleibt der obere Teil krautig. Die fingerdicken Sprosse sind meistens unterschiedlich dicht behaart. Ebenso zeigen sich die gestielten Blätter in vielerlei Formen und verschiedenen Größen. Zwischen Juni und August erscheinen violette Blüten in rispenartigen, überhängenden Wickeln. Sie haben eine fünfteilige Krone, deren Zipfel zurückgeschlagen sind, und vorstehende gelbe Staubblätter. Die Staubbeutel sind miteinander zu einer kegelförmigen Röhre verwachsen und umgeben den Griffel des Fruchtblattes.

Ab August reifen eiförmige, vielsamige Beeren, die unreif grün sind und im reifen Zustand scharlachrot glänzen. Sie haben zu Anfang einen bitteren Geschmack, der sich im weiteren Verlauf süßlich verändert, was sowohl im deutschen Namen Bittersüßer Nachtschatten als auch im Artnamen Dulcamara (lat. dulcis = süß und lat. amarus = bitter) zum Ausdruck kommt. Der Verzehr der Früchte ist aber nicht zu empfehlen, da sich in ihnen geringe Mengen an toxischen Steroidalkaloiden befinden. Ihr Gehalt variiert mit dem Reifungsgrad, wobei unreife Früchte größere Alkaloidmengen als reife Beeren aufweisen. Werden nur wenige Früchte gegessen, kommt es zu Übelkeit und Erbrechen.

Bei größeren Mengen treten Vergiftungserscheinungen wie starkes Kratzen im Hals, Schwindel, Sehstörungen sowie Halluzinationen auf, die tödlich enden können. Der Rauschzustand, der dabei empfunden wird, begründet den mittelalterlichen Einsatz der Giftpflanze als Zauberpflanze. Zudem wurde Solanum dulcamara als Narkotikum verwendet, mit dem nächtliche Albträume (althochdeutsch Nachtschaden) vertrieben werden sollten - daher auch die deutsche Bezeichnung Nachtschatten. Ebenso betont der Gattungsname Solanum (lat. solamen = Trost) die einschläfernde, beruhigende Wirkung.

Eine andere Deutung bezieht sich auf lat. solari = lindern und greift damit den früheren Gebrauch als Analgetikum auf. Einsatzgebiete in der Volksheilkunde waren zudem chronische Bronchitis, Rheuma und Hautleiden. Noch heute werden standardisierte Extrakte aus den Stängeln (Solani dulcamarae stipites = Bittersüßstängel) auf- grund ihrer inzwischen nachgewiesenen entzündungshemmenden, juckreizmindernden und immunsuppressiven Wirkung bei Hauterkrankungen äußerlich verwendet.

Virginischer Tabak Nicotiana tabacum, ebenfalls aus der Familie der Solanaceae, hat sich hingegen seit langem als Genusspflanze etabliert. Die einjährige, ursprünglich aus Südamerika stammende Pflanze wird in über 100 Ländern der Erde für die Herstellung von Tabakwaren angebaut. Nach Europa kam sie mit Jean Nicot de Villemain, einem französischen Gesandten am portugiesischen Hof in Lissabon, dem zu Ehren die Pflanze ihren Gattungsnamen Nicotiana erhielt. Er brachte den Virginischen Tabak 1560 für medizinische Zwecke nach Europa, wo man ihn gegen Hautkrankheiten einsetzte und das Rauchen und Schnupfen der Blätter bei Migräne empfahl.

Der Artname tabacum rührt möglicherweise vom indianischen Wort „tabagos“, mit dem die Ureinwohner Südamerikas das aus den zusammengerollten Tabakblättern gebildete Rauchrohr bezeichneten. Ärzte des Mittelalters gebrauchten Tabak gegen diverse Leiden. Besondere Furore machte die Pflanze im 17. Jahrhundert zur Seuchenbekämpfung während der Pest. Ihr Einsatz trug dabei in entscheidendem Maße zur Verbreitung des Tabakrauchens bei. Der Virginische Tabak ist mit seinen bis zu 50 Zentimeter großen Blättern und einer Höhe von bis zu drei Metern eine eindrucksvolle Pflanze.

Die samtig-weichen, eiförmig zugespitzten Blätter umgeben den dicken, wenig verzweigten Stängel und sind wie dieser drüsig behaart. Rispig angeordnete, trichterförmige Blüten erscheinen von Juni bis September. Sie sind rosafarben und haben einen grünen Kelch. Ihre fünf Blütenblätter sind zu einer Röhre zusammengewachsen, nur ihre Blattspitzen stehen zipfelig ab. Es werden Kapselfrüchte gebildet, in denen sich zahlreiche Samen mit netzartig gewellter Oberfläche befinden. Alle Pflanzenteile (außer dem Samen) enthalten das hochtoxische Alkaloid Nikotin, wobei der Nikotin-Gehalt beim Trocknen der Blätter ansteigt.

Die tödliche Dosis liegt bei Erwachsenen schon bei 40 bis 60 Milligramm, was einer oralen Aufnahme von vier bis fünf Zigaretten entspricht. Bei Kleinkindern kann bereits der Verzehr eines ein Zentimeter kurzen Zigarettenteils Vergiftungserscheinungen hervorrufen. In niedrigen Dosen führt Nikotin ähnlich wie Acetylcholin zur Blutdrucksteigerung, verstärkter Magensaftsekretion und Tonuserhöhung im Magen-Darm-Trakt. Nach höheren Dosen sinken Blutdruck und Tonus in Magen und Darm. Zentrale Effekte sind Tremor und Atemstimulation. In toxischen Dosen treten Kreislaufkollaps sowie Krämpfe unter Bewusstseinsverlust und schließlich Herzstillstand und Atemlähmung ein.

Goldgelber Goldregen Auch Laburnum anagyroides MEDIK. zählt zu den stark giftigen Pflanzen, die letal sein können. Allerdings verhindert ein normalerweise schnell einsetzendes Erbrechen meist schwere Vergiftungen. Goldregen ist ein bis zu sieben Meter hoch werdender Strauch oder kleiner Baum mit hellgrauen Ästen und meist überhängenden Zweigen aus der Familie der Fabaceae. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der ursprünglich aus Süd- und Südosteuropa stammende Baum nach Mitteleuropa gebracht und als Zierpflanze kultiviert. Noch heute schmückt er Gärten und Parkanlagen. Besonders auffällig sind die zahlreichen, goldgelben Blüten, die in 20 bis 30 Zentimeter langen hängenden Trauben stehen.

Auf diese reichhaltige Blütenpracht ist der hauptsächlich verwendete Name Goldregen zurückzuführen. Die etwa zwei Zentimeter großen Blüten haben die typische Form einer Schmetterlingsblüte, wobei die Oberlippe etwas kürzer als die Unterlippe ist. Die Blütezeit erstreckt sich von Mai bis Juni. Danach entwickeln sich fünf bis acht Zentimeter lange und etwa einen Zentimeter breite bohnenähnliche Hülsenfrüchte, die mehrere flache, dunkelbraun-glänzende, bohnenförmige Samen enthalten und der Pflanze die Bezeichnung Bohnenbaum einbrachten. Die zunächst grünen Fruchthülsen verfärben sich mit der Reife dunkelbraun und bleiben den ganzen Winter über am Baum hängen.

Der weitere gebräuchliche Name Kleebaum bezieht sich auf die dreizähligen, kleeähnlichen Blätter. Keine der Bezeichnungen verweist auf die Toxizität der Pflanze. Weder der volkstümliche noch der Gattungs- oder Artname spielen auf die giftigen Inhaltsstoffe an. Der Goldregen ist aber die Pflanze, mit der sich Kinder am häufigsten vergiften, da sie die Früchte mit Erbsenschoten verwechseln. Der Genuss der Samen ist besonders gefährlich, da sie den höchsten Alkaloidgehalt aller Pflanzenteile aufweisen, der mit zunehmender Samenreife überdies stetig ansteigt.

Die tödliche Dosis beim Kind beträgt 15 bis 20 Samen, was vier bis fünf Hülsenfrüchten entspricht. Bei Erwachsenen soll der Verzehr von 23 Samen lebensbedrohlich sein. Alle Pflanzenteile enthalten das stark giftige Alkaloid Cytisin, das ähnliche Vergiftungssymptome wie Nikotin auslöst. Die nikotinähnlichen Effekte nutzten Soldaten im zweiten Weltkrieg. Als Zigaretten knapp waren, rauchten sie die Blätter des Goldregens. Heute findet die Pflanze aufgrund ihres giftigen Potenzials weder als Tabakersatz noch als Arzneimittel Verwendung.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 02/2021 ab Seite 86.

Gode Chlond, Apothekerin

Durch ihre Alkaloide gehören die Nachtschattengewächse zu den bedeutenden Heilpflanzen.

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