Schilddrüsenknoten
DEN GORDISCHEN KNOTEN LÖSEN
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Unsere Schilddrüse ist für viele Körperfunktionen von zentraler Bedeutung. Das schmetterlingsförmige Organ sitzt im Hals unterhalb des Kehlkopfes und schmiegt sich an die Luftröhre an. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Ausschüttung von jodhaltigen Schilddrüsenhormonen und dem Peptidhormon Calcitonin. Calcitonin als Gegenspieler des Parathormons hemmt den Abbau der Knochensubstanz durch Osteoklasten. Die Schilddrüsenhormone beeinflussen unseren Energiestoffwechsel und das Zellwachstum und sind essenziell für die Entwicklung von Neugeborenen. Typische Erkrankungen der Schilddrüse sind Über- oder Unterfunktion oder autoimmune Entzündungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow, auch die Bildung von Knoten ist möglich.
Ein Schilddrüsenknoten ist ein Areal innerhalb des Organs, in dem sich Zellen vermehrt oder vergrößert haben. Ihnen gegenüber steht der Kropf oder Struma, hierbei ist die gesamte Schilddrüse gewachsen. Auch innerhalb der Struma können jedoch Knoten entstehen. Die krankhaften Veränderungen kommen häufig vor: Etwa 30 Prozent der Erwachsenen haben mindestens einen Knoten, unter den über 65-Jährigen sind es sogar mehr als 50 Prozent. Oft bemerkt man sie gar nicht und in den meisten Fällen sind sie harmlos, sie können die Schilddrüsenfunktion aber durcheinanderbringen und in seltenen Fällen bösartig sein.
Vielgestaltige Beschwerden Die Beschwerden durch die Drüsenwucherung kommen in unterschiedlicher Form: Der Knoten selbst kann ein Druck- oder Engegefühl im Hals, Heiserkeit durch die Nähe zum Kehlkopf oder Atembeschwerden verursachen, wenn er gegen die Luftröhre drängt. Je nachdem, ob der Knoten hormonaktiv ist oder nicht, kann er auch die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion hervorrufen. Da die Hormone vielen verschiedenen Körperzellen Energie liefern, äußert sich auch eine Überfunktion mannigfaltig: Innere Unruhe, hoher Blutdruck, Schlafstörungen, Haarverlust und Durchfall sind nur einige Äußerungsformen. Häufigste Ursache des ungewollten Zellwachstums ist Jodmangel. Die Schilddrüse benötigt das Spurenelement, um daraus ihre Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (Tetrajod-L-Thyronin, T4) zu bilden.
Erhält sie nicht genug Jod aus der Nahrung, schüttet sie Wachstumsfaktoren aus und ihre Zellen vermehren sich, um so mehr Aufnahmekapazität für das wenige Jod zu schaffen. Auch die Hirnanhangdrüse leistet ihren Teil dazu: Sie entlässt das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) in den Blutkreislauf, welches die Schilddrüse zusätzlich anregt. Dem wurde in den letzten Jahren durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz entgegengewirkt. Ein anderer Grund für Knoten ist erblich bedingt: Eine genetische Mutation kann den TSH-Rezeptor an den Zellen verändern, der Regelmechanismus ist dann gestört und die Zellen werden dauerhaft stimuliert. In diesem Fall spricht man von einem autonomen Adenom.
Jodreiche Nahrungsmittel:
+ Seefisch
+ Algen und Seetang
+ Hartkäse
+ Erdnüsse
+ Spinat
+ Brokkoli
+ Grünkohl
Heiße Angelegenheit Außer dieser autonomen Form gibt es noch weitere Arten. Man unterscheidet mit Flüssigkeit gefüllte Zysten und die sogenannten „heißen“ und „kalten“ Knoten. Bei der ärztlichen Abklärung führt der Endokrinologe oder Radiologe oft ein Szintigramm durch. Radioaktiv markiertes Jod wird in die Blutbahn gespritzt und erreicht so die Schilddrüse. Bei einer speziellen Form des Ultraschalls sieht der Arzt dann, ob die markierte Substanz in der Schilddrüse verstoffwechselt wird oder nicht. Ein Knoten mit hoher Aktivität zeigt sich rot, daher kommt die Assoziation mit dem Begriff „heiß“. Ein inaktiver Knoten jedoch verbleibt dunkelblau, also „kalt“.
Heiße Knoten sind seltener als ihre kalten Verwandten und in aller Regel gutartig. Beschwerden entstehen, wenn überhaupt, durch die gesteigerte Ausschüttung von T3 und T4. Ob ein Knoten in eine Schilddrüsenüberfunktion übergeht, kontrolliert der Arzt halbjährlich bis jährlich anhand des TSH-Spiegels im Blutbild, denn dieser sinkt, wenn die Hirnanhangdrüse gesteigerte Hormonspiegel verzeichnet. In diesem Fall kommt eine Radiojodtherapie in Frage: Eine Kapsel mit radioaktivem Jod wird verabreicht. Da dieses nur von aktiven Schilddrüsenzellen aufgenommen wird, bleiben andere Organe davon unbehelligt, auch in den gesunden Zellen der Thyreoidea ist die Dosis zu gering, um Schaden anzurichten.
In den hyperaktiven Zellen des Knotens jedoch reichert die Substanz sich an und setzt beta-Strahlen frei, die die Zellen angreifen, den programmierten Zelltod auslösen und so den Knoten von innen heraus zerstören. Ein kalter Knoten wird auf dem Szintigramm ab einer Größe von etwa einem Zentimeter erkannt. Auch hier sind die meisten Fälle unbedenklich, bei etwa fünf Prozent handelt es sich jedoch um einen bösartigen Tumor. Um dies auszuschließen, kann eine Feinnadelpunktion des Areals erforderlich sein.
Hierbei zeigt sich auch, ob es sich um entartete Schilddrüsenzellen handelt, oder ob Tumorzellen aus anderen Organen die Wucherung verursacht haben, ob eine andernorts lokalisierte Krebserkrankung also gestreut hat. Schilddrüsenkrebs wird durch Entfernung des gewucherten Areals oder der ganzen Schilddrüse therapiert, verbunden mit Bestrahlung oder Chemotherapie. Die Heilungsprognose ist gut. Ist der kalte Knoten jedoch gutartig, reicht eine Gabe von Jod und L-Thyroxin aus, um die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren zu unterdrücken und eine Vergrößerung des Knotens aufzuhalten.
Ärztliche Diagnose erforderlich Die Behandlung richtet sich nach der Art der Knoten und der Vorgabe des Radiologen. Für die Beratung in der Apotheke gilt daher, dass Kunden, die an ihrer Schilddrüse Veränderungen festgestellt haben, zur genauen Abklärung unbedingt an den Arzt verwiesen werden müssen. Auch, wenn er die typischen Beschwerden einer Über- oder Unterfunktion schildert, ist eine fachmedizinische Diagnose unerlässlich.
Ist diese Ersteinschätzung erfolgt und dem Kunden wurde die Einnahme von Jod angeraten, können Sie Ernährungstipps geben und ein Jodidpräparat empfehlen. Das Herausschneiden des Knotens ist in den meisten Fällen also nicht nötig. Die Abklärung des genauen Befundes hat oberste Priorität. Hervorragende Therapieerfolge werden durch die Gabe von Jod und L-Thyroxin erzielt, wenn eine Behandlung überhaupt notwendig ist.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/2020 ab Seite 66.
Gesa Van Hecke, PTA/Redaktionsvolontärin