Hauterkrankungen
DAUERRÖTE IM GESICHT
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Wenn uns etwas peinlich ist, erröten wir. Dabei schießt uns das Blut ins Gesicht, das heißt, die Blutgefäße unter der Haut weiten sich, wodurch der Blutfluss zunimmt. Das zeigt sich als Hautrötung, die von einem Wärmegefühl, manchmal auch von einem leichten Stechen oder Brennen begleitet werden kann. Für Rosazea-Patienten ist dieser Zustand die Normalität. Ihre Blutgefäße arbeiten nicht richtig, sie weiten sich häufiger und stärker als üblich. Die Folge sind rote Flecken, meist auf Wangen und Nase, seltener auch auf Stirn und Kinn, sowie deutlich sichtbare Äderchen.
Rosazea kann viele Ausprägungen haben, von häufig wiederkehrender Röte über relativ leichte Dauerröte bis hin zu einem Gesicht, das im Dunklen fast zu Leuchten scheint. Neben der Röte kann es in späteren Stadien auch zu Pusteln und Papeln sowie bindegewebigen Wucherungen kommen, die man als Phyme bezeichnet. Vor allem die „Knollennase“ (Rhinophym), die fast nur bei Männern auftritt, belastet die Betroffenen sehr.
Denn dann ähneln die Symptome der Rosazea denen eines fortgeschrittenen Alkoholabusus, sodass sich viele Erkrankte gegen das Vorurteil wehren müssen, sie seien Alkoholiker. Dadurch geraten sie in ständigen Erklärungszwang, sodass die Krankheit, wenn sie auch körperlich nicht wirklich bedrohlich ist, die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken kann. Nicht selten verkriechen sich Erkrankte, kappen Sozialkontakte.
Zusammenspiel von Faktoren Soweit man heute weiß, kommt es bei der Rosazea zu einer chronischen Hautentzündung, deren Ursachen aber noch unklar sind. Diskutiert werden ein gestörtes, überreagierendes Immunsystem, Fehlfunktionen der neuronalen Gefäßsteuerung sowie eine übermäßige Besiedlung der Haut mit Demodex-Milben. Experten glauben, dass all diese Faktoren zusammenspielen und ineinandergreifen. Demodex folliculorum ist eine Milbenart, die auf der Haut fast jedes Erwachsenen zu finden ist. Normalerweise ist sie harmlos, erst eine stärkere Besiedlung kann zu Problemen führen.
Das Immunsystem kann bei entsprechender genetischer Veranlagung überreagieren. Von eingewanderten Abwehrzellen ausgeschüttete Botenstoffe führen dann zu einer Gefäßerweiterung, was die Durchblutung erhöht. Als Folge der Entzündung wuchern schließlich Bindegewebe und Talgdrüsen und es entstehen Phyme. Weitere Faktoren können die Entzündung und die Gefäßerweiterung begünstigen oder zusätzlich verschlimmern. Zu solchen Triggerfaktoren gehören zum Beispiel scharfe Lebensmittel, schnelle Temperaturschwankungen, UV-Strahlung, Stress, Anstrengung oder Alkoholgenuss.
Auf Frühsymptome achten Da man die genaue Ursache der Krankheit bisher nicht kennt, kann man sie nicht ursächlich behandeln. Wichtig ist es daher, die Symptome frühzeitig zu erkennen und therapeutisch gegenzusteuern, ehe sich zum Beispiel Hautveränderungen wie Pusteln oder Verdickungen entwickeln. Ein erster Hinweis auf Rosazea können etwa geweitete Äderchen (Couperose) in der Gesichtsmitte sein, ebenso wie „flushes“, also ein plötzliches Erröten und Warmwerden des Gesichts. Diese einfache Gesichtsröte ist die verbreitetste Form der Rosazea, sie betrifft drei Viertel der Patienten. Da Rosazea meist erst ab dem 40. Lebensjahr auftritt, können diese Symptome bei Frauen aber auch leicht als Wechseljahrsbeschwerden fehlgedeutet werden.
Spätere Stadien Verschwindet die Gesichtsrötung gar nicht mehr, hat man das nächste Stadium der Erkrankung erreicht, die Rosacea erythematosa-teleangiectatica. Die betroffenen Stellen schuppen, brennen und jucken, wobei die Haut spannt und deutlich sichtbare Gefäße zeigt (Schweregrad I). Weiterhin kann es zur Rosacea papulopustulosa kommen. Zusätzlich zur Rötung und den geweiteten Adern treten hierbei Hautknötchen und Pusteln auf, die einer Akne ähnlich sehen und häufig auch mit ihr verwechselt werden.
Die Rosazea-Pickel sind jedoch keine entzündeten Hautfollikel (Schweregrad II). Die schwerste Form schließlich ist die glandulär-hyperplastische Rosazea, bei der aus Bindegewebe und Talgdrüsen Hautwucherungen entstehen. Diese Phyme bilden sich meist an der Nase oder am Kinn, können aber auch Ohr oder Augenlider betreffen. Die Hautveränderungen können sehr entstellend sein. Sie bilden sich nicht mehr zurück und können nur durch eine Operation entfernt werden (Schweregrad III).
Therapie beginnt immer mit Alltäglichem Egal, welche Form der Rosazea vorliegt – alle Betroffenen müssen zunächst ihre persönlichen Triggerfaktoren herausfinden, um eine Verschlimmerung zu verhindern. Außerdem sollte man Stress und UV-Strahlung meiden. Fetthaltige oder stark parfümierte Gesichtspflegeprodukte verschlimmern die Symptome meist ebenfalls. Hilfreich sind hingegen Masken mit Heilerde, da sie antientzündlich wirken. In manchen Fällen hilft auch eine Therapie mit gepulstem Licht oder Lasern, um die Äderchen weniger sichtbar zu machen oder sie ganz zu veröden. Liegt eine starke Rosazea vor, kommt man allerdings um Medikamente nicht herum.
Kortison darf gegen die Entzündung nicht verwendet werden, da die Symptome nach dem Absetzen verstärkt zurückkehren. Stattdessen setzt man auf die entzündungshemmenden Effekte von Metronidazol und Azelainsäure. Gegen einen starken Befall mit Demodex-Milben können Insektizide wie Permethrin oder Ivermectin eingesetzt werden. Seit 2014 ist in Deutschland ein Gel mit dem Wirkstoff Brimonidin auf dem Markt. Der α2-Adrenorezeptor-Agonist kann bei täglicher Anwendung das Empyhsem verringern, indem er eine Vasokonstriktion hervorruft, also die Durchblutung drosselt. Systemische Antibiotika kommen erst bei schweren Formen zum Einsatz, dann sind Tetracycline die Mittel der Wahl.
Rosazea im Auge Gerötete, schmerzende Augen oder häufig wiederkehrende Gerstenkörner? Auch dabei kann es sich um eine Rosazea handeln. Bei der leichteren Form dieser als Ophthalmo-Rosazea bezeichneten Erkrankung kommt es zu Bindehautentzündungen, bei der schwereren entzündet sich auch die Hornhaut und kann vernarben. Letztere führt unbehandelt zu Augentrübungen bis hin zu schweren, bleibenden Sehschäden. Auch bei dieser Sonderform gilt: Sie ist nicht ursächlich heilbar. Wichtig ist, die Augen vor starken Umwelteinflüssen zu schützen, sie sauber und feucht zu halten und verschriebene Medikamente gegen die Symptome regelmäßig anzuwenden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/17 auf Seite 114.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist