PKA-Fortbildung
DAS SCHAUFENSTER ALS EINLADUNG
Seite 1/1 6 Minuten
Für den ersten Eindruck bekommt ein Ladengeschäft selten eine zweite Chance. Da gilt insbesondere für Schaufenster. Diese sind eine wichtige „Visitenkarte“, welche die Attraktivität der Apotheke steigern, sie zum „Kundenmagnet“ machen sollen. Bis heute gehören Schaufenster zu den wichtigsten Werbemitteln und Instrumenten der Verkaufsförderung – trotz Internet und moderner digitaler Präsentationsmöglichkeiten. Sie werben 24 Stunden, also rund um die Uhr. Das allererste Schaufenster gab es in Paris übrigens ungefähr um das Jahr 1780. Größere Verbreitung fand es aber erst, nachdem es in den USA beliebt wurde.
Banale Definition – große Wirkung Als Schaufenster wird eine Fläche eines Ladengeschäftes oder einer Einrichtung bezeichnet, in der hinter einem Fenster Waren von außen sichtbar zur Schau stehen oder auf Dienstleistungen hingewiesen wird. Dabei existieren durchaus unterschiedliche Schaufenstertypen: Das Kastenschaufenster, das mit geschlossenen Seiten- und Rückenwänden wie eine Bühne gestaltet werden kann. Durchsichtfenster bieten Durchblick in die Offizin, die Verkaufsräume.
Nachteil bei diesem Typ ist, dass sich Kunden auch von innen beobachtet fühlen können – bei längerer Verweildauer vor diesem Fenster. Reihenschaufenster eignen sich besonders zur umfangreichen Präsentation einer Warengattung. Ware sowohl von vorne als auch von hinten betrachtet, das geht bei Eckschaufenstern. Und eine Vitrine hat durch den rundum verglasten Schauraum einen sehr hohen Betrachtungsgrad. Außenvitrinen wiederum stehen häufig sogar unabhängig vom Einzelhandelsbetrieb an exponierter Stelle, etwa einer Passage. Nachteil: Die nicht unmittelbare Verbindung zur Verkaufsstelle Apotheke.
Auch nach Dekorationstyp können Schaufenster unterschieden werden: Soll es ein Sach-, Fantasie-, Stapel-, Sensations- oder ein Saisonfenster (Weihnachts-, Frühlings-, Schlussverkaufsfenster) sein? Die Waren beziehungsweise Botschaften sollten möglichst attraktiv dekoriert werden. Denn das Schaufenster
- soll Neukunden neugierig machen und zum Eintritt ins Ladengeschäft und zum Kauf verführen.
- soll Stammkunden immer wieder aufs Neue begeistern.
- soll Neuheiten optimal präsentieren und Interesse daran wecken.
- muss Aufmerksamkeit erzielen und
- ist ein hervorragendes Mittel, um sich von Mitwettbewerbern abzuheben.
Soll das Schaufenster nicht nur „vorverkaufen“ sondern auch selbst „Geld verdienen“, sollten gute Kontakte und sinnvolle Kooperationen mit Lieferanten geknüpft werden, um Werbekostenzuschüsse zu erhalten. Das setzt natürlich voraus, dass die Schaufenster professionell gestaltet werden – und trotzdem nicht nur Fertigdekorationen der Industrie darstellen. Und dass entsprechende Ware mit klarer Werbebotschaft im Mittelpunkt steht, Foto-Dokumentation erfolgt und durch Abverkaufserhebungen direkt nach derartigen Aktionen auch eine Erfolgskontrolle, der finanzielle Nutzen für Apotheke und Industriepartner, ersichtlich wird.
Der Wow-EffektOberste Priorität heutzutage: Es sollte dafür gesorgt werden, dass der Kunde im Vorbei- und dann hoffentlich auch Reingehen – sowie natürlich bei der anschließenden Beratung – einen Wow-Effekt (Emotionalität und Psyche werden angesprochen) erlebt. Arzneimittel sind in jeder Apotheke identisch. Nur in der Dienstleistung unterscheiden sich die einzelnen Apotheken. Individualität wird dabei schon durch ein freundliches Entree, das mit individuell Aufmerksamkeit haschenden benachbarten Schaufenstern Interesse weckt und einen „Point of Surprise“ darstellt, für den Kunden erzeugt. Freundlichkeit, Aufmerksamkeit, Zuwendung des Personals tun dann ihr übriges. Um diesen Wow-Effekt zu erreichen, muss das Schaufenster als Teil der Werbung aber genauso strategisch geplant und ausgeführt werden wie ein Flyer oder die Homepage.
Dekorations-Management gefragt Gerade Haupt-Schaufenster werden deshalb von Apothekern gerne auch externen, speziell ausgebildeten Dekorateuren („Gestalter für visuelles Marketing“) als Auftragsarbeit anvertraut. Allerdings kosten die bei jeder Schaufenstergestaltung eine Stange Geld und sind nicht immer unbedingt „vom Fach“, was die Arzneimittel-Seite angeht. Anregungen von Apotheken-Insidern helfen da. Zudem ist eine gute PKA als Deko-Spezialist, die langfristig plant, aber auch mal kurzfristig agieren kann und ständig vor Ort ist, „Gold“ wert. Hilfreich für das visuelle Marketing ist es als zuständige PKA von einer erfahrenen Dekorateurin zu lernen, worauf zu achten ist. Wichtige Vorarbeiten sind:
- Abmessungen der Schaufenster bestimmen.
- Beleuchtung (bewegliche Strahler?) eruieren oder anbringen lassen.
- Ablageflächen für Dekoelemente überprüfen oder schaffen.
- Vorrichtungen zum Aufhängen von Plakaten anbringen.
- Scheiben von innen reinigen.
- Stromanschluss für zu beleuchtende Exponate überprüfen.
- Schaufenster möglichst unzugänglich für neugierige Kinder gestalten.
Sinnvoll ist eine Themenliste, ein „Dekoplan“, der langfristig die Abfolge der Dekorationen und den zeitlichen Rhythmus in einem Wandkalender festhält. Dabei ergibt sich für die Dekorationen meist schon durch die Jahreszeiten, besondere Ereignisse und Aktionen ein brauchbares Gerüst. Der Kreativität kann viel Freiraum gewährt werden, es empfiehlt sich allerdings im Vorfeld jedes Schaufenster recht genau zu planen, alle Materialien, Requisiten, Attrappen und sonstige Gegenstände herauszusuchen, zu besorgen – und sei es durch Ausleihen von Vereinen, Theatern, Kindergärten Schulen, Fachgeschäften oder themenbezogenen Partnern –, diese bereitzustellen und das Schaufenster auf einem Blatt Papier zu skizzieren.
Die Inszenierung wird immer wichtiger. Unter dem Stichwort „Emotionalisierung“ soll der Kunde eingeladen werden, sich mit einem Thema oder einer Geschichte auseinanderzusetzen, die idealerweise im Schaufenster beginnt und sich in der Offizin fortführt. Jedes Schaufenster muss den Kunden also neugierig machen und den Wunsch nach weiterer Information durch das Apothekenteam wecken. Es muss den vorbeilaufenden Passanten etwas sagen, also eine klare „Botschaft“ vermitteln. Und diese muss vom Betrachter in Sekundenschnelle aufgenommen werden können.
Unser Gehirn ist nämlich nicht in der Lage, alle einstürmenden Reize und Signale zu registrieren und zu verarbeiten. Um den Impuls „stehenbleiben“ auszulösen, hat das Schaufenster maximal vier Sekunden Zeit. Dadurch wird klar, wie wichtig Blickfang und Blickführung bei der Schaufenstergestaltung sind. Der „Linksstart der Augen“ ist dabei ein wichtiges Gesetz. Informationen können schneller von links nach rechts als von rechts nach links erfasst werden. Das Auge bewegt sich außerdem am liebsten auf waagrechten Linien und zieht eine senkrechte Linie einer schrägen Linie vor.
Bei besonders komplexen Auslagen sollten Brücken von einem Auslagepunkt zum anderen geschaffen werden, um damit Hilfe zum Erfassen des Ganzen zu geben. Besonders originelle, provokative und assoziationsstarke Dekorationen wecken Aufmerksamkeit. So konnte eine Apotheke mit verschieden großen Bürsten und Besen von der Rute bis zur Klobürste im Schaufenster und dem provokativen Hinweis „Auch Zahnbürsten unterscheiden sich!“ ihren Zahnpflegeumsatz im Aktionsmonat mehr als verdoppeln. Die wichtigste Erfolgsregel eines gelungenen Apotheken-Schaufensters lautet deshalb: Auffallen um jeden Preis!
Ein Blickfang („Eyecatcher“), im genannten Beispiel die Bürsten, aber auch ein Foto, ein Bild muss so originell und fesselnd sein, dass es Passanten spontan zum Stehenbleiben veranlasst. Die Botschaft – etwa ein Motto, Thema, guter Spruch – leitet zu den vorgestellten Produkten beziehungsweise weiteren Informationen über. Alternativ empfiehlt es sich Bewegung einzubauen, beispielsweise eine nostalgische Heilkräutereisenbahn bei einer Weihnachtsdekoration oder eine Seilbahn mit Sonnenschutzmitteln zur Urlaubszeit. Werden weitere Informationen gegeben, sollten diese präzise, zielgruppenorientierte Aussagen zu Gesundheits- und Arzneimittelfragen enthalten.
Schriften müssen groß genug, gut lesbar und knapp gehalten werden, schließlich widmet der potenzielle Kunde Texten im Vorbeigehen nur wenige Sekunden. Bei der Produktauswahl haben Sonderangebote oder imagepflegende Exklusivware eine zusätzliche Verkaufsförderungswirkung. Farben und Formen der Dekoration und auch der vorgestellten Produkte sollten abwechslungsreich sein („nicht bunt, sondern farbig“) und miteinander harmonieren. Dass eine gelungene Dekoration gut beleuchtet sowie sauber und frei von Staub oder toten Insekten sein muss und auch kein Verstoß gegen Heilmittelwerbegesetz oder Preisangabenverordnung vorliegen darf, versteht sich von selbst. Etwa alle vier bis sechs Wochen gilt es die Schaufensterdekoration zu wechseln.
Multimedial ist erfolgreicher Natürlich gehört die Schaufensterwerbung heutzutage eingebettet in den gesamten Marketingkatalog der Apotheke. Multimedial, digital ist hier das moderne Schlagwort. Wenn mehrere Werbemedien geschickt kombiniert werden, ist die Wirkung viel größer als bei einmaliger Werbung nur im Schaufenster. Nicht auf alles hat natürlich der Einzelapotheker Einfluss. Fernsehwerbung, Plakatwand, Infos in den einschlägigen Apotheken-Kundenzeitschriften, Anzeigen in Zeitschriften – gerade wenn es weniger um Image-, sondern mehr um Produktwerbung geht – macht die Wiederholung das Produkt bekannt und führt zum Erfolg.
Sehen die Werbeadressaten das entsprechende „vorverkaufte“ Produkt im Schaufenster der Apotheke, wird es ihnen wahrscheinlich eher auffallen oder sogar bekannt vorkommen. Ohne die vorherigen Werbekontakte in Zeitschrift, Fernsehen, am Plakat hätten dieselben Personen das Produkt im Schaufenster vielleicht übersehen, obwohl es für sie interessant sein könnte. Produktpräsentation, gleiches Motiv, Wiederholungseffekt – das sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren, um ein bestimmtes Motiv aus einer Vielzahl anderer Werbebotschaften unbewusst herauszufiltern.
Das ist auch der Grund, weshalb die Werbung für Produkte recht häufig von prominenten Personen, zumindest Personen und Motiven mit hohem Wiedererkennungseffekt präsentiert wird. Unserer Psyche, dem Unterbewusstsein, fällt dann die Verknüpfung mit dem Produkt leichter. Und ganz gewiss gilt: Das Schaufenster nicht zu nutzen beziehungsweise lieblos zu dekorieren ist eine vertane Chance!
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/18 auf Seite 93.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin