Botanicals
DAS GOLD NAMIBIAS
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Die Teufelskralle (Harpagophytum procumbens DC.) ist eine im Wüstensand der Kalahari beheimate krautige, mehrjährige Pflanze aus der Familie der Sesamgewächse (Pedaliaceae). Während der Regenzeit entwickeln sich aus weit verzweigten, knolligen Wurzeln Triebe, die eine Länge von bis zu 1,5 Meter erreichen können. Diese kriechen, wie auch sonst bei vielen anderen Savannengewächsen üblich, flach am Boden entlang, worauf der Artname (von griech. procumbens = niederliegend) aufmerksam macht. Der Gattungsname leitet sich von griech. harpagos = Enterhaken ab und nimmt auf die bis zu 15 Zentimeter großen holzigen Früchte Bezug, die sich aus den auffallend großen hellrosa bis purpurroten Blüten entwickeln.
Aus eiförmigen Samenkapseln bilden sich korallenähnliche Gebilde mit armartigen Aus- wüchsen, die mit langen Widerhaken versehen sind. Diese verhaken sich im Fell oder in den Hufen vorbeiziehender Tiere, wodurch sich die Steppenpflanze verbreitet. Da sie gleichzeitig zu gefährlichen Verletzungen führt, trägt Harpagophytum procumbens DC. im Deutschen den Namen Teufelskralle. Bekannte Synonyme sind zudem Trampelklette oder Devil’s Claw.
Kontrollierter Anbau Arzneilich sind nur die Knollen der Seitenwurzeln (sekundäre Speicherwurzeln) von Interesse. Früher stammte die Droge vorwiegend aus Wildsammlungen. Nachdem aber die Heilkraft der Teufelskralle auch bei uns im letzten Jahrhundert bekannt und ihr Einsatz zunehmend beliebter wurde, begann eine Übernutzung der Wildvorkommen und man fürchtete um ihren Bestand. Da die Sammler die gesamte Wurzel entnahmen, gefährdeten sie das Überleben der Pflanze. Um die völlige Ausrottung zu vermeiden, wird die Pflanze inzwischen kultiviert und nachhaltig geerntet. Dabei werden nur die sekundären Speicherwurzeln ausgegraben. Die Primärwurzel verbleibt in der Erde und garantiert den Fortbestand der Pflanze und sichert damit die Teufelskrallen-Population.
Wirksame Wurzeln Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix) wird schon seit langem für medizinische Zwecke traditionell genutzt. Sie genießt bei der einheimischen Bevölkerung Südafrikas und Namibias einen hohen Stellenwert. Die Wurzeln werden daher von ihnen nicht allein wegen ihrer goldbraunen Farbe als Gold Namibias bezeichnet. Die Ethnomedizin setzte sie vor allem bei Schmerzen und Fieber, aber auch zur Linderung von Verdauungsbeschwerden und zur Behandlung offener Wunden ein. Nach Europa gelangte die Heilpflanze erst Anfang des letzten Jahrhunderts. Der ehemalige deutsche Kolonialsoldat G. H. Mehnert gilt als Entdecker der Pflanze.
Er wurde in Afrika Augenzeuge von den Heilerfolgen, die mit der Teufelskralle erzielt wurden, und schickte sie zur weiteren Erforschung nach Deutschland. Die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden mit der Pflanze in den 50er Jahren durchgeführt. Dabei konnten die volksmedizinischen Verwendungen größtenteils bestätigt und wissenschaftlich untermauert werden. Vor allem wurden damals bereits antiphlogistische und analgetische Effekte dokumentiert, auf denen ihr heutiger Einsatz zur unterstützenden Therapie bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates beruht.
Es ist noch immer nicht geklärt, welcher Inhaltsstoff in erster Linie für die Wirkung der Teufelskrallenwurzel verantwortlich ist. Maßgeblich beteiligt sind Bitterstoffe vom Iridoidtyp, vor allem Harpagosid und Procumbid, sowie Phenylethylderivate, ferner freie Zimtsäure und Flavonoide. Letztendlich ist die Wirkung auf ein Zusammenspiel aller Inhaltsstoffe, also auf den Gesamtextrakt, zurückzuführen, wobei dosisabhängige Effekte zu beobachten sind.
Bei der Extraktherstellung wird auf Harpagosid als wichtige wirksamkeitsmitbestimmende Leitsubstanz standardisiert. Der Wirkmechanismus wird über eine Hemmung entzündungsfördernder Prostaglandine erklärt. Dabei spielen eine Blockade der Cyclooxygenase und der 5-Lipoxygenase und damit eine Hemmung der Leukotrienbiosynthese eine Rolle. Darüber hinaus wurden eine Aktivitätshemmung der Kollagenase (kollagenzerstörendes Enzym) im Gelenkknorpel sowie eine Reduktion der Matrix-Metalloproteasen (gewebezerstörende Enzyme) nachgewiesen.
Auf die Dosierung achten Hauptsächliches Einsatzgebiet der Teufelskralle sind entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Arthrose sowie Rückenschmerzen. Da die Wirkung erst nach einer etwa zweiwöchigen Einnahme einsetzt, eignet sich das Phytotherapeutikum insbesondere zur unterstützenden Behandlung chronischer Verlaufsformen und nicht für die Akuttherapie. Es werden Präparate mit unterschiedlichem Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) und Extraktionsmittel angeboten (Ethanol 30 Prozent, Ethanol 60 Prozent, Wasser). Bei Verdauungsbeschwerden und zur Appetitanregung gelten Präparate, deren Tagesdosis 1,5 Gramm (g) enthält, als wirksam.
Als Adjuvans bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates muss die Tagesdosis deutlich höher liegen. Hierbei wird eine Tagesdosis von 4,5 g Droge gefordert. Das entspricht – je nach Art der Herstellung – bei den alkoholischen Extrakten 950 bis 1500 Milligramm (mg) Extrakt, bei den wässrigen Extrakten 2200 mg. Die meisten als Arzneimittel zugelassenen Präparate sind mit Ethanol 60 Prozent hergestellt und weisen ein DEV von 4,4-5,0:1 auf. Bei diesen Präparaten reichen zwei Tabletten am Tag aus. Präparate mit dem Auszugsmittel Ethanol 30 Prozent oder Wasser sind durch ein geringeres DEV gekennzeichnet (z. B. DEV 2,6-3,1:1 oder 1,5-2,5:1) und erfordern eine drei- bis viermal tägliche Einnahme von bis zu zwei Tabletten, um die notwendige Tagesdosis zu erzielen. Bei Nahrungsergänzungsmitteln kann es schwierig sein, die erforderliche Dosierung zu erfassen, da notwendige Angaben dazu häufig fehlen. Oder es werden Verzehrempfehlungen gegeben, die weit unter der therapeutischen Dosis liegen.
Anwendungshinweise Für die antirheumatische Therapie sind Fertigarzneimittel mit festen Darreichungsformen und deklariertem Gehalt empfehlenswert. Nur diese haben bislang in Studien ihre Wirkung belegt. Flüssige Zubereitungen eignen sich aufgrund ihres bitteren Geschmacks bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden. Soll die Droge als Teeaufguss zubereitet werden, wird die geschnittene Droge mit 300 Milliliter heißem Wasser aufgegossen, acht (!) Stunden bei Raumtemperatur stehen gelassen, abgeseiht und in drei Portionen verteilt über den Tag getrunken.
Die Monographie der ESCOP empfiehlt, eine Behandlung mindestens drei Monate durchzuführen. Auch wenn es bisher nicht zu schwerwiegenden Nebenwirkungen unter einer Behandlung mit Teufelskrallenwurzel-Extrakt gekommen ist, können aber gastrointestinale Nebenwirkungen bei empfindlichen Patienten aufgrund des Bitterstoffgehalts vor allem bei Einnahme höherer Dosen auftreten. Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren darf Teufelskralle nicht eingenommen werden, da die Bitterstoffdroge die Säuresekretion im Magen stimuliert. Bei Gallensteinleiden muss Rücksprache mit dem Arzt genommen werden, eben- so in der Schwangerschaft und der Stillzeit.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2020 ab Seite 30.
Gode Chlond, Apothekerin